
2017 ist der deutsche Markt für Robo-Advisor deutlich gewachsen – auch auf Anbieterseite. Zahlreiche Finanzinstitute haben den Markteintritt mit eigenen Robo-Advisor Angeboten gewagt – unter anderem auch die niederländische ABN-Amro mit der Online-Vermögensberatung Prospery. Ein Angebot zur digitalen Geldanlage, welches sich zum Einen unter dem Aspekt der Kosten als auch in Form der zur Verfügung stehenden Beratungs- und Leistungsangebotes deutlich von den Geschäftsmodellen seiner Mitbewerber unterscheidet. Was auf unserer Seite, nach Betrachtung des Kapitalanlage-Angebotes, auch zu einigen kritischen Fragen geführt hat.
Fragen, die am Besten von Prospery selbst beantwortet werden können. Warum also niemand anderes als den CEO von Prospery, Herrn Dirk-Jan Schuiten, um ein solches Interview bitten? Eine Anfrage, die gern angenommen wurde und so freuen wir uns, nun dieses Interview mit Prospery veröffentlichen zu können.
Das Interview mit Herrn Dirk-Jan Schuiten, CEO Prospery
Prospery tritt seit gut drei Monaten als Robo-Advisor am deutschen Markt auf. Wie sind Ihre ersten Erfahrungen mit Kunden? Gibt es bereits einen größeren Zuspruch und für welche der drei Komponenten (Prospery View, Prospery Coach und Prospery Invest) entscheiden sich bisher die meisten Anleger?
Wir haben bereits viel positive Resonanz bekommen, seitdem Prospery vor rund drei Monaten in Deutschland gestartet ist. Auf Interesse stößt dabei insbesondere unser Service Prospery View. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass es Anlegern oft nicht leichtfällt, sich einen Gesamtüberblick über ihre unterschiedlichen Vermögenswerte zu verschaffen. Aber genau das ist wichtig für den Erfolg der Geldanlage. Denn dafür ist zu 80 Prozent die richtige Vermögensallokation entscheidend, während es nur zu 20 Prozent auf die Anlageentscheidungen innerhalb der Vermögensklassen ankommt. Prospery View macht es Anlegern leicht, sich einen vollständigen Blick über das gesamte Vermögen zu verschaffen – und zwar über unterschiedliche Bankkonten und Depots hinweg.
In einem Dashboard fasst eine Graphik alle Vermögenswerte zusammen und zeigt dem Anleger anhand professioneller Prognosen eine mögliche Wertentwicklung seines Vermögens. Er kann so auf einen Blick sehen, ob er mit seiner aktuellen Vermögensallokation seine finanziellen Ziele erreichen kann. Durch diesen strategischen Ansatz unterscheidet sich Prospery von dem rein auf Investments fokussierten Modell von Robo Advisors.
Ein Alleinstellungsmerkmal besteht bei Prospery darin, dass eine pauschale Gebühr berechnet wird, die unabhängig von Anlagesummen ist. Die Gebühr beträgt für Kunden, die zum Beispiel Prospery Coach & Invest nutzen möchten, monatlich 239 Euro. Somit entstehen jährliche Gesamtkosten von über 2.800 Euro. Wenn man sich im Vergleich anschaut, dass viele Robo-Advisor eine Servicegebühr von 0,9 Prozent p.a. nebst Fondskosten von durchschnittlich 0,25 Prozent pro Jahr berechnen, liegen die Kosten bis zu einer bestimmten Anlagesumme zum Teil deutlich niedriger. Wer also bei einem Robo-Advisor zum Beispiel 50.000 Euro investiert, würde mit jährlich rund 600 Euro Kosten belastet, während der gleiche Kunde bei Ihnen bis zu rund 2.800 Euro im Jahr zahlen müsste. Wie erklären Sie diese – im Beispiel – erheblich höheren Kosten bei Prospery?
Prospery bietet mit seinen Services eine digitale Vermögensverwaltung an, wie sie in analoger, also standortgebundener Form ansonsten von herkömmlichen Privatbanken und Wealth-Management-Häusern angeboten wird. Durch Prospery Coach & Invest erhält der Anleger ein perfekt auf seine Risikofreudigkeit abgestimmtes Portfolio und die laufende Betreuung durch einen unabhängigen Coach, der ihn persönlich bei der Erreichung seiner finanziellen Ziele unterstützt. Klassischerweise ist eine Vermögensverwaltung allerdings erst ab Anlagesummen von 100.000 € sinnvoll. Für diese Kundengruppe ist es aus unserer Sicht fairer, nur für den Service zu bezahlen, den sie von Prospery bekommen.
Warum sollten wir höhere Gebühren für höhere Investments verlangen? Unser Arbeitsaufwand bleibt gleich – egal, wie viel der Anleger investiert. Deshalb berechnen wir einen festen Preis für unsere Services. Das unterscheidet uns von vielen anderen Anbietern. Gerade bei größeren Anlagesummen im mittleren sechsstelligen Bereich fällt der Kostenvergleich deutlich zu Gunsten von Prospery aus. Anleger, die uns noch nicht kennen, laden wir ein, die Services von Prospery zu testen. Für Anlagesummen unter 20.000 € ist Prospery Invest bis Ende 2018 kostenlos. Und darüber hinaus zahlen Anleger in den ersten drei Monaten nur eine reduzierte Gebühr von 89,50 Euro pro Service beziehungsweise 119,50 Euro für Prospery Coach & Invest.
Prospery tritt explizit als Vermögensmanager bzw. digitaler Vermögensberater und nicht als Vermögensverwalter auf. Zählen Sie sich trotzdem zu den in aller Munde befindlichen Robo-Advisor Anbietern? Falls nicht, worin sehen Sie die größten Unterschiede zwischen Ihrem Angebot und dem der meisten Online-Vermögensverwaltern, die bekanntlich auch als Robo-Advisor bezeichnet werden?
In der Tat unterscheiden wir uns von anderen Robo-Advisorn – und zwar durch den Faktor Mensch. Wir bieten eine einzigartige Kombination aus einer digitalen Vermögensplattform und menschlicher Expertise. Diese kommt an verschiedenen Stellen zum Tragen. Zusammen mit den Anlegern strukturieren unsere unabhängigen Coaches deren Finanzen, sie entwickeln eine Strategie, mit denen die Anleger ihre finanziellen Ziele erreichen können – und sie stehen laufend per Video-Call oder Chat zur Verfügung, wenn der Anleger eine Frage hat oder eine umfassendes Gespräch braucht, weil sich zum Beispiel seine persönliche Situation geändert hat.
Vom Faktor Mensch profitiert der Anleger auch bei den Investments. Bei Prospery werden die Portfolios von aktiven Fondsmanagern mit einer überzeugenden Erfolgsbilanz gemanagt – darunter auch Experten, die sonst nur für institutionelle Anleger verfügbar sind. Einen solchen Service bekommt der Anleger bei keinem Robo-Advisor.
Der passive Anlageansatz wird aktuell von zahlreichen Online-Vermögensverwaltern genutzt, insbesondere aufgrund der geringen Kosten, die ETFs beinhalten. Warum hat sich Prospery bewusst für einen aktiven Anlageansatz entschieden?
Wir haben uns bewusst entschieden, unsere Portfolios von erfahrenen Fondsmanagern aus der ganzen Welt managen zu lassen. Das hat einen einfachen Grund: Da ETFs einen Index nahezu 1:1 abbilden, bewegen sie sich im Einklang mit den Märkten – das bedeutet, dass das Vermögen der Anleger bei Talfahrten an den Börsen ungebremst nach unten rauscht. Aktive Fondsmanager hingegen können rechtzeitig gegensteuern und Verluste vermeiden oder zumindest begrenzen. Zudem sind Fondsmanager in der Lage, Chancen in nicht effizienten Märkten zu nutzen und auch in schwierigen Situationen erfolgversprechende Titel zu finden. Passive Fonds hingegen können das nicht.
Insbesondere mit Ihrem Angebot Prospery Coach besitzen Sie am Markt ein Alleinstellungsmerkmal, da es einen derartigen Online-Coach, der per Video oder Audio erreichbar ist, in der Form bisher noch nicht gab. Worin sehen Sie die Vorteile von Prospery Coach, wenn man das Angebot einer klassischen Vermögensverwaltung bzw. Vermögensberatung der Banken vergleicht, bei der es für den Kunden ebenfalls die Möglichkeit gibt, persönlichen Kontakt mit dem jeweiligen Berater aufzunehmen und sich beraten zu lassen?
Prospery Coach bietet drei entscheidende Vorteile, die Anleger bei klassischen Vermögensverwaltern und Vermögensberatern von Banken in dieser Form meist nicht finden. Der Anleger kann seinen persönlichen Coach per Video-Call oder Chat von jedem Ort der Welt erreichen, ohne in eine Bankfiliale oder das Büro eines Vermögensverwalters gehen zu müssen – und auch abseits der sonst üblichen Banköffnungszeiten. Zudem unterstützt der Prospery Coach den Anleger vollkommen unabhängig.
Für ihn stehen allein die Ziele des Kunden im Mittelpunkt seines Ansatzes und nicht der Verkauf von Produkten. Und weil Prospery eine digitale Vermögensverwaltung anbietet, kann der Anleger alle Entscheidungsunterlagen jederzeit in seinem Dashboard abrufen – wann immer er sie benötigt und seine Investmententscheidungen zum Beispiel noch einmal Revue passieren lassen möchte.
Werden Sie den Schwerpunkt Ihres Angebotes auch zukünftig auf das digitale Vermögensmanagement und das Vermögenscoaching legen oder ist eventuell geplant, auch in den Bereich der digitalen und vollständigen Vermögensverwaltung einzusteigen?
Wir sind überzeugt davon, dass die einzigartige Kombination aus digitalen Vermögensverwaltungsservices und menschlicher Expertise den Anlegern dabei hilft, ihr Vermögen zu strukturieren, eine Investmentstrategie zu entwickeln und so ihre finanziellen Ziele zu erreichen. Wir werden deshalb an unserem Ansatz einer digitalen Vermögensverwaltung mit individuellem Coaching festhalten.
Noch einmal zurück zu den Kosten in Form der pauschalen Gebühr: Kunden, die zum Beispiel 10.000 Euro investieren möchten und daher noch zu den Kleinanlegern zählen, müssten bei Ihnen jährlich bei Prospery Invest über 2.800 Euro an Gebühren zahlen. Auf die Anlagesumme gerechnet wäre dies eine Gebühr von über 28%. Wie erklären Sie solchen Anlegern mit einem vergleichbar geringen Investitionsvolumen diese Kosten? Oder richten Sie sich als digitaler Vermögensmanager ausschließlich an Kunden mit einem mindestens sechsstelligen Vermögen, bei denen die Gebühren in Prozent umgerechnet dann nur noch bei unter drei Prozent im Jahr liegen würden?
Aktuell und bis zum Jahresende würde ein solcher Musterkunde für unsere Dienstleistung gar nichts zahlen. Tatsächlich haben Sie aber Recht: Wir richten uns vor allem an vermögende Kunden, für die unser Preismodell einen echten, auch finanziellen Vorteil darstellt. Mit unserer aktuellen Aktion möchten wir gerade auch Anleger aus dieser Gruppe einladen, die Services von Prospery mit einem Teil ihres Anlagevermögens zu testen, bevor sie sich entscheiden, komplett zu uns zu wechseln.
Eine abschließende Frage: In welchem Marktsegment sehen Sie Ihre größten Mitbewerber? Sind es die klassischen Vermögensberatungen, die auf räumliche Kundennähe und persönliche Beratung des Anlegers vor Ort setzen? Oder sind es eher die Robo-Advisor, die eine Online-Vermögensverwaltung zur Verfügung stellen, allerdings bisher keinerlei persönliche Beratung (Video, Audio, vor Ort) anbieten?
Wir konkurrieren sicherlich mit beiden Segmenten gleichermaßen – und im Vergleich zu beiden haben wir sehr gute Argumente, warum Anleger sich für Prospery entscheiden sollten. Gegenüber klassischen, ortsgebundenen Vermögensverwaltern bieten wir ein großes Plus an Convenience sowie hervorragende, selbst nutzbare Tools – und unabhängige Coaches, an die sich der Anleger auch abseits der üblichen Banköffnungszeiten von jedem Ort aus wenden kann.
Gegenüber Robo Advisors bieten wir den Vorteil eines holistischen Ansatzes mit einer strategischen Ausrichtung des Vermögens, des persönlichen Coachings und einem auf das Risikoprofil des Anlegers abgestimmten Investmentportfolio, bei dem erfahrene Fondsmanagern die Chance auf Outperformance nutzen und Risiken reduzieren können.
Zu guter Letzt
Herr Schuiten, wir danken Ihnen vielmals für dieses sehr aufschlussreiche Interview!