Investmentwissen - Was bedeutet und ist Risk-Parity?

Investmentwissen - Was ist Risk-Parity
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Markus G

Zuletzt aktualisiert am: 13. Juli 2023

Inhaltsverzeichnis

Wer sich für Geldanlage und Investmentinteressiert, sieht sich häufig mit Fachbegriffen konfrontiert, die im ersten Moment erstmal die Frage nach dem „Was ist das?“ zu Tage fördern. Doch wer sich sicher in diesem Segment bewegen möchte und nicht aufgrund von Unkenntnis falsche Entscheidungen treffen möchte, sollte sich der Bedeutung jener Fachbegriffe im Klaren sein.

Einer dieser Fachbegriffe immer wieder auftaucht, ist der Begriff der „Risk-Parity“ beziehungsweise Risk-Parity Strategie. Doch was hat es damit auf sich? Was ist Risk-Parity beziehungsweise die Investmentstrategie? Wie funktioniert sie? Welche Ziele werden mit einer Risk-Parity Investmentstrategie verfolgt? Der folgende Artikel soll helfen, diese Fragen im Detail zu beantworten.

Ursprung der Risk-Parity Investment Strategie

Seinen Ursprung findet der Risk-Parity Ansatz bereits in der Modernen Portfoliotheorie (MPT) des Ökonom und Nobelpreisträger Harry Markowitz. Denn er führte im Jahr 1952 das Konzept der Effizienzgrenze in die moderne Portfoliotheorie ein.

1958 kam dann der Nobelpreisträger James Tobin zu dem Schluss, dass das “Modell der Effizienzgrenze” durch Hinzufügen risikofreier Anlagen verbessert werden könnte. Er sprach sich für die Nutzung eines diversifizierten Portfolios zur Verbesserung seines Risiko-Ertrags-Verhältnisses aus.

Die theoretische Analyse der Kombination von Hebelwirkung und Risiko-Minimierung bei mehreren Vermögenswerten in einem Portfolio wurde auch von Jack Treynor 1961, William F. Sharpe 1964, John Lintner 1965 und Jan Mossin 1966 untersucht. Das Konzept wurde jedoch aufgrund der Schwierigkeiten bei der Implementierung von Leverage im Portfolio einer großen Institution nicht in die Praxis umgesetzt.

Die praktische Umsetzung des Risk-Parity Ansatzes geht jedoch laut Joe Flaherty, Senior Vice President bei MFS Investment Management, “bis in die 1990er Jahre zurück”. Denn 1996 rief Bridgewater Associates einen Risikoparitätsfonds namens „All Weather Asset Allocation Strategy“ ins Leben.

Das Kuriose an der Sache ist hierbei, dass Bridgewater Associates zwar als erstes Unternehmen ein Investment-Produkt mit Risikoparität auf den Markt brachte, den Begriff des „Risk-Parity“ damit jedoch nicht prägten. Dies erfolgte knapp 10 Jahre später, als Edward Qian von PanAgora Asset Management den Begriff erstmalig 2005 in einem Weißbuch erwähnte.

Im Jahr 2008 wurde dieser Portfolio-Investitionskategorie dann von Andrew Zaytsev bei der Investment-Beratungsfirma Alan Biller and Associates der Name „Risk Parity (kurz für Risk Premia Parity)“ gegeben. Bald daraufhin wurde der Begriff dann von der gesamten Investment- und Vermögensverwalterbranche übernommen.

Risk-Parity per Definition

Die Investment-Strategie der „Risikoparität (Risk-Parity)“ bezeichnet eine Portfolio-Allokationsstrategie, bei der das Risiko zur Bestimmung der Allokation auf verschiedene Komponenten eines Anlageportfolios verwendet wird.

Die Risk-Parity Strategie folgt dabei dem Ansatz der modernen Portfoliotheorie (MPT). Das heißt, dass unter Berücksichtigung der Modernen Portfolio-Theorie versucht wird, ein Investment-Portfolio unter bestimmten Vermögenswerten bestmöglich zu diversifizieren.

Ziel dieser Diversifizierung ist es, die Erträge des Investments zu optimieren. Dabei aber gleichzeitig die Marktrisiko-Parameter einzuhalten, indem das Risiko und die Erträge für das gesamte Portfolio betrachtet werden. Das Konzept der grafischen Darstellung einer Wertpapiermarktlinie (SML) ist hierbei ein Teil dieses Ansatzes.

Grundlagen der traditionellen Portfolio-Verteilung

Vereinfachte Allokationsstrategien wie 60/40 nutzen auch die moderne Portfoliotheorie bei der Vermögensallokation. Dieser Ansatz hält an der Beibehaltung eines Prozentsatzes bestimmter Vermögensklassen fest, wie z.B. 60% Aktien- und 40% Anleihen-Allokation. Die Methode zielt auf eine standardmäßige Diversifizierung und Exponierung innerhalb des eigenen Anlageportfolios ab.

Bei vereinfachten Allokationsstrategien, bei denen nur Aktien und Anleihen verwendet werden, werden die Allokationen für Anleger, die bereit sind, mehr Risiko einzugehen, in der Regel stärker auf Aktien ausgerichtet. Risikoscheue Anleger haben zur Kapitalerhaltung in der Regel ein höheres Gewicht in Anleihen.

Risk-Parity >> Zwischenzeitliche Zusammenfassung

• Bei der Risikoparität (Risk-Parity) handelt es sich um eine Portfolio-Allokationsstrategie, bei der das Risiko verwendet wird, um die Allokationen auf verschiedene Komponenten eines Investitionsportfolios zu bestimmen.

• Der Risikoparität-Ansatz beim Portfolio-Management basiert auf einem Ansatz der modernen Portfoliotheorie (MPT).

• MPT versucht, Investitionen optimal zu diversifizieren, indem Risiko und Ertrag des gesamten Portfolios als eine Einheit betrachtet werden.

• Die Risikoparität erfordert in der Regel eine quantitative Methodik, die ihre Allokationen fortschrittlicher macht als vereinfachte Allokations-Strategien.

Grundlagen der Risikoparität (Risk-Parity)

Die Risikoparität ist eine fortschrittliche Portfoliotechnik, die häufig von Hedge-Fonds eingesetzt wird. Sie erfordert in der Regel eine quantitative Methodik, die ihre Allokationen fortschrittlicher macht als vereinfachte Allokationsstrategien. Das Ziel von Investitionen mit Risikoparität besteht darin, die optimale Rendite auf dem angestrebten Risikoniveau zu erzielen.

Mit einer Strategie der Risikoparität kann ein Anlageportfolio Aktien und Anleihen umfassen. Anstatt jedoch einen vorher festgelegten Anteil der Vermögensstreuung wie 60/40 zu verwenden, werden die Anteile der Anlageklassen durch ein angestrebtes Risiko- und Ertragsniveau bestimmt.

Risikoparitätsstrategien haben sich im Allgemeinen aus MPT-Investitionen entwickelt und weiterentwickelt. Sie ermöglichen es den Anlegern, bestimmte Risiko-Niveaus anzustreben und das Risiko über das gesamte Investitionsportfolio zu verteilen, um eine optimierte Diversifikation des Investment-Portfolios zu erlangen. Dieser Agenda folgend können Portfoliomanager jede beliebige Mischung von Vermögenswerten verwenden, die sie wählen.

Anstatt jedoch Allokationen auf verschiedene Anlageklassen zu generieren, um ein optimales Risikoziel zu erreichen, verwenden Risk-Parity-Strategien das optimale Risikozielniveau als Grundlage für Investitionen.

Dieses Ziel wird oft dadurch erreicht, dass die Hebelwirkung genutzt wird, um das Risiko unter Verwendung des optimalen Risikozielniveaus zwischen verschiedenen Anlageklassen gleich zu gewichten. Mit Strategien der Risikoparität können Portfolio-Manager exakte Kapitaleinlageanteile der Anlageklassen in einem Portfolio ableiten, um eine optimierte Diversifizierung für eine Reihe von Zielen und Anlegerpräferenzen zu erreichen.

Beispiel eines Risk Parity Portfolios

Die Mechanik der Risikoparität als Methode der Vermögensallokation lässt sich am besten anhand eines Beispiels veranschaulichen. Angenommen, es besteht Zugang zu zwei risikoreichen Anlageklassen, einem global diversifizierten Portfolio aus Aktien (“Aktien”) und einem global diversifizierten Portfolio aus Anleihen (“Anleihen”).

Die erwarteten Renditen (wie aus dem Capital Asset Pricing Model abgeleitet) und Risiken der Anlageklassen sind in der nachstehenden Tabelle aufgeführt. Ausgehend davon aus, dass die Korrelation zwischen dem Aktien- und dem Anleihen-Portfolio 0,20 beträgt.

Die Tabelle gibt zusätzlich die Sharpe-Ratio jeder Anlageklasse an, die die Prämie der erwarteten Rendite gegenüber dem risikofreien Zinssatz (angenommen 1,75%), geteilt durch ihre Volatilität, misst.

Risk-Parity - Anwendungsbeispiel 1

Angenommen, ein Anleger hat eine moderate Risiko-Toleranz und ist daran interessiert, das Vermögen in ein Portfolio mit einer erwarteten Volatilität von 11,00% zu investieren, was unter der erwarteten Volatilität von 17,5% eines reinen Aktien-Portfolios liegt.

Auf der Grundlage der Optimierung der mittleren Varianz würde die Rendite des Anlegers maximiert, indem er 60% in Aktien und 40% in Anleihen investiert. Da das Portfolio jedoch zu Aktien tendiert und Aktien wesentlich risikoreicher als Anleihen sind, kann der Großteil des Risikos dieses diversifizierten Portfolios auf die Aktien-Allokation zurückgeführt werden.

Insbesondere wenn das Gesamtrisiko des Portfolios in Beiträge aus jeder Anlageklasse zerlegt wird, kann festgestellt werden, dass über 90% des Risikos innerhalb des Portfolios auf Aktien zurückzuführen ist.

Risk-Parity - Anwendungsbeispiel 2
Betrachten wir nun ein Risikoparitäts-Portfolio, das so konstruiert ist, dass es dieselbe Volatilität aufweist wie das MPT-basierte 60/40-Aktien/Anleihen-Portfolio. Dieses Portfolio kann konstruiert werden, indem zunächst die Risiko-Beiträge der beiden Anlageklassen ausgeglichen werden und dann eine Hebelwirkung angewendet wird, um eine Ziel-Volatilität von 11,0% zu erreichen.

Es stellt sich heraus, dass das Portfolio, um die Risiko-Beiträge auszugleichen, 20,5% auf Aktien und 79,5% auf Anleihen verteilt werden müsste. Aufgrund seiner hohen Anleihen-Allokation beträgt die Gesamt-Volatilität dieses Portfolios jedoch nur 5,5%, was der Hälfte der Ziel-Volatilität von 11% entspricht.

Risk-Parity - Anwendungsbeispiel 3

Um eine Ziel-Volatilität von 11,0% zu erreichen, müsste dieses Portfolio um den Faktor 2 (11,0% / 5,5%) fremdfinanziert werden. Für die Zwecke dieser Veranschaulichung nehmen wir an, dass es 3,05% pro Jahr kosten würde, das Geld zu leihen.

Vergleichen wir nun die Renditen der beiden äquivalenten Risiko-Portfolios: die 60/40-Allokation von Aktien/Anleihen und das Risk-Parity-Portfolio. Erinnern wir uns, dass die erwartete Rendite des Portfolios der gewichtete Durchschnitt der erwarteten Renditen der zugrunde liegenden Investitionen ist, multipliziert mit der auf das Portfolio angewandten Hebelwirkung abzüglich der Kosten für die Kreditaufnahme.

Die erwartete Rendite der 60/40-Aktien/Anleihen-Allokation beträgt 5,35% (60% * 6,25% + 40% * 4,00%). Die erwartete Rendite für das Portfolio mit ungehebelter Risikoparität beträgt 4,46% (20,5% * 6,25% + 79,5% * 4,00%).

Nach Anwendung von 2x Leverage steigt die erwartete Bruttorendite auf 8,92% (4,46% * 2), aber der Investor muss 3,05% an Netto-Finanzierungskosten zahlen, was zu einer erwarteten Nettorendite von 5,87% (8,92% – 3,05%) führt. Somit ist die erwartete Gesamtrendite der Risk-Parity Strategie etwa 50 Basispunkte höher als die Rendite des 60/40-Portfolios (5,87% – 5,35%), das genau die gleiche erwartete Volatilität aufweist.

Diese höhere erwartete Rendite bei gleichem Risiko ist der Grund dafür, dass die Risikoparität bei den Institutionen so beliebt ist. In der Praxis kann es für Kleinanleger schwierig sein, selbst eine Risikoparitäts-Strategie umzusetzen, da sie möglicherweise keine Hebelwirkung erzielen können und/oder die Kosten der Hebelwirkung ausreichend hoch sind, um den gesamten Nutzen der Strategie zu eliminieren.

Schließlich muss die Zusammensetzung einer solchen Investment-Strategie als Reaktion auf Veränderungen in der erwarteten Volatilität der zugrunde liegenden Anlageklassen regelmäßig neu austariert werden. Diese Änderungen verschieben die Zusammensetzung des Portfolios, die die Risiko-Beiträge der Anlageklasse ausgleicht, sowie die Menge der Hebelwirkung, die auf das Portfolio angewendet werden muss, um ein festes Volatilitäts-Niveau zu erreichen.

Insbesondere wenn die Volatilität des ungehebelten Portfolios abnimmt, steigt die Menge der angewandten Hebelwirkung (und umgekehrt, wenn die Volatilitäten zunehmen).

Risk-Parity und der Unterschied zur Equal Risk Contribution Methode

Leider werden diese beiden Konzepte / Methoden oft miteinander gleichgesetzt, was jedoch falsch ist. Denn obwohl beide Ansätze das Ziel haben, das Risiko im Portfolio gleichmäßig zu verteilen, unterscheiden sie sich in ihrer Herangehensweise und Schwerpunktsetzung. Wie nun in diesem Artikel ausführlich erläutert fokussiert sich der Risk Parity Ansatz auf die gleichmäßige Verteilung des Risikos auf verschiedene Anlageklassen

Die Equal Risk Contribution Methode legt den Fokus jedoch auf die gleichmäßige Verteilung des Risikos auf einzelne Positionen innerhalb des Portfolios. Di Gemeinsamkeit besteht also lediglich in dem Ziel einer “optimalen” Risikoverteilung.

Insgesamt betrachtet sind der Risk Parity Ansatz und die Equal Risk Contribution Methode durchaus verwandte Konzepte, die jedoch unterschiedliche Aspekte der Risikoverteilung im Portfolio adressieren. Es ist wichtig, die spezifischen Ziele und Prinzipien jedes Ansatzes zu verstehen, um eine fundierte Entscheidung bei der Portfolioallokation zu treffen.

Risk-Parity und RoboAdvisor

Wer sich nun die Frage stellt, ob und welche RoboAdvisor dem Investmentstil des Risk-Parity folgen, so sind dies in Deutschland die beiden RoboAdvisor Anbieter

 

Bei VisualVest stellt das Prinzip der Risikopariät eine der tragenden Säulen der gesamten Anlagestrategie dar, wo hingegen bei Kapilendo das sogenannte “Allwetter-Portfolio” dem Ansatz folgt. Insbesondere Kapilendo hat während der Corona Krise an den Börsen gezeigt, dass jenes Allwetter-Portfolio besonders gut performt – und zwar in deutlichem Maße. Vorbild für dieses Portfolio ist übrigens jenes des Ray Dalio, der für das bereits erwähnte “Allweather” Portfolio von Bridgewater verantwortlich ist.

Fazit zum Risk-Parity Ansatz

Jeder Investment-Strategie hat das Element des Anlage-Risikos. Und somit gilt auch für den Risk-Parity Ansatz, dass dieser NICHT ohne Risiko ist. Den der Umstand, dass man Risiken gleichgewichtet, heißt noch lange nicht, dass diese verschwinden. Und doch kann ein solcher Ansatz auf lange Sicht – sprich Anlagehorizont – durchaus stattliche Renditen erzielen.

Bestes Beispiel ist hier der eingangs genannte Risk-Parity Fonds namens „All Weather Asset Allocation Strategy” von Bridgewater. Denn dieser Fonds, der im Jahre 1996 aufgelegt wurde, weist eine annualisierte Rendite von 8,9 Prozent aus. Noch Fragen?

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Markus G

Markus ist der “Kopf” des Teams. Ideengeber, Vermarkter, Redakteur und irgendwie an allem auf diesem Portal beteiligt. Ohne ihn würde es dieses Portal so nicht geben. Eine Idee – entstanden aus dem persönlichen Interesse an FinTech und nun langjähriger Erfahrungen in der Finanz-Szene. Zudem ist Markus Kolumnist auf zahlreichen Online-Plattformen – vor allem im englischsprachigen Raum (The Verge, Talkmarkets, Stockopedia, aber u.a. auch auf Focus.de
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