Anleger legen bei der Auswahl geeigneter Anlageinstrumente oder Kapitalanlage-Angebote meist den Fokus auf die zu erzielenden Renditen. Ebenso wichtig ist jedoch die genaue Betrachtung des Gebührenmodells. Denn eine hohe Rendite verliert ihren Reiz, wenn sie durch übermäßige Kosten aufgezehrt wird. Besonders bei einem Robo-Advisor ist es daher unerlässlich, die aktuellen Kostenstrukturen sorgfältig zu prüfen.
Oliver S.
Zuletzt aktualisiert am: 11. Oktober 2024
26. März 2018
Die Attraktivität dieser digitalen Plattformen liegt in ihrem Versprechen, die Vermögensverwaltung zu demokratisieren. Sie machen professionelle Anlagestrategien, die einst nur wohlhabenden Investoren vorbehalten waren, nun auch für Kleinanleger zugänglich. Doch bei all dem Enthusiasmus für diese innovative Technologie stellt sich für viele potenzielle Nutzer eine entscheidende Frage: Wie sieht es mit den Kosten aus?
Die Kostenstruktur von Robo-Advisors ist vielschichtig und kann auf den ersten Blick verwirrend erscheinen. Der Hauptkostenfaktor ist in der Regel die jährliche Verwaltungsgebühr, die sich typischerweise zwischen 0,2% und 1,3% des verwalteten Vermögens bewegt. Bei einem Anlagevolumen von 10.000 Euro und einer Gebühr von 0,8% würden somit jährlich 80 Euro anfallen. Diese Gebühr deckt meist die Portfoliozusammenstellung, das Rebalancing und oft auch die Depotbankgebühren ab.
Doch die Verwaltungsgebühr ist nicht der einzige Kostenfaktor. Hinzu kommen die Fondskosten, die durch die in den Portfolios enthaltenen ETFs entstehen. Diese liegen typischerweise zwischen 0,20% und 0,35% pro Jahr. Ein global diversifizierter ETF wie der iShares MSCI World hat beispielsweise eine jährliche Gesamtkostenquote (TER) von 0,20%. Depotbankgebühren für die Verwahrung der Wertpapiere sind oft in der Verwaltungsgebühr enthalten, können aber auch separat berechnet werden und belaufen sich durchschnittlich auf etwa 0,1% bis 0,2% pro Jahr.
Nicht zu vergessen sind die Transaktionskosten für den Kauf und Verkauf von Wertpapieren. Auch diese sind häufig in der Verwaltungsgebühr inbegriffen, können aber bei separater Berechnung mit ca. 1 bis 5 Euro pro Trade zu Buche schlagen. Ein selteneres, aber durchaus interessantes Modell ist die Erfolgsbeteiligung, bei der der Anbieter an der erzielten Rendite partizipiert. Hier werden meist 10% bis 20% der Überrendite gegenüber einer Benchmark berechnet.
Die Vielfalt der Gebührenmodelle auf dem Markt ist beeindruckend und kann für Anleger eine Herausforderung darstellen. Einige Anbieter setzen auf eine All-In-Gebühr, die alle Kosten in einer einzigen, transparenten Gebühr bündelt. Scalable Capital beispielsweise verlangt 0,75% p.a. als All-In-Gebühr, die Verwaltung, Depotführung und Transaktionen einschließt. Andere Anbieter, wie growney, bevorzugen ein gestaffeltes Modell, bei dem die prozentuale Gebühr mit steigendem Anlagevolumen sinkt. So zahlen Kunden bei growney bis 50.000 Euro 0,68% p.a., zwischen 50.000 und 100.000 Euro 0,58% p.a. und über 100.000 Euro nur noch 0,38% p.a.
Fixe prozentuale Verwaltungsgebühren, unabhängig vom Anlagevolumen, sind ebenfalls weit verbreitet. VisualVest beispielsweise berechnet 0,6% p.a. plus ETF-Kosten. Einige innovative Anbieter experimentieren mit Mischmodellen, die eine Kombination aus Verwaltungsgebühr und Erfolgsbeteiligung darstellen. Solidvest etwa verlangt eine Basisgebühr von 0,625% p.a. und zusätzlich 10% der Überrendite gegenüber einer individuellen Benchmark.
Die Wahl des optimalen Gebührenmodells hängt stark von den individuellen Umständen des Anlegers ab. Kleinanleger mit einem Anlagevolumen bis 10.000 Euro fahren oft mit fixen prozentualen Gebühren oder All-In-Modellen am besten, da diese häufig niedrigere Einstiegshürden haben. Bei mittleren Anlagesummen zwischen 10.000 und 100.000 Euro werden gestaffelte Modelle attraktiv, da die Gebühren mit steigendem Volumen sinken. Anleger mit größeren Vermögen über 100.000 Euro sollten sowohl stark gestaffelte Modelle als auch Mischmodelle mit Erfolgsbeteiligung in Betracht ziehen, da diese potenziell niedrigere Basisgebühren bieten.
Eine Frage, die sich viele Anleger stellen, ist, ob ein selbst zusammengestelltes ETF-Portfolio nicht günstiger wäre als die Nutzung eines Robo-Advisors. Auf den ersten Blick scheint dies der Fall zu sein: Ein selbstverwaltetes Portfolio kommt oft mit Gesamtkosten von etwa 0,3% bis 0,4% p.a. aus, während Robo-Advisor durchschnittliche Gesamtkosten von 0,8% bis 1,2% p.a. aufweisen. Doch diese reine Kostenbetrachtung greift zu kurz.
Robo-Advisor bieten einen erheblichen Mehrwert, der über die reine Kostenersparnis hinausgeht. Sie übernehmen die zeitintensive Portfolioverwaltung und das Rebalancing, treffen Entscheidungen ohne emotionale Beeinflussung und bieten oft automatische Steueroptimierungen. Zudem ermöglichen sie Zugang zu breit gestreuten, professionell zusammengestellten Portfolios. Diese Aspekte können für viele Anleger den Mehrpreis rechtfertigen, insbesondere wenn man den Zeitaufwand und die potenzielle Rendite berücksichtigt.
Ein entscheidender Faktor bei der Wahl eines Robo-Advisors ist die Transparenz der Kostenstruktur. Nur wenn alle Gebühren klar kommuniziert werden, können Anleger fundierte Entscheidungen treffen. Hier zeigen sich deutliche Unterschiede zwischen den Anbietern. Während einige, wie Quirion oder Whitebox, mit vorbildlicher Transparenz glänzen und detaillierte Kostenaufstellungen inklusive Beispielrechnungen für verschiedene Anlagesummen zur Verfügung stellen, verstecken andere zusätzliche Kosten im Kleingedruckten oder machen sie schwer auffindbar auf ihren Websites.
Der Robo-Advisor-Markt befindet sich in ständiger Entwicklung, und aktuelle Trends zeigen interessante Entwicklungen. Viele Anbieter integrieren mittlerweile ESG-Kriterien in ihre Portfolios, oft ohne Aufpreis, um dem wachsenden Interesse an nachhaltigen Investments gerecht zu werden. Hybridmodelle, die automatisierte Verwaltung mit persönlicher Beratung kombinieren, gewinnen an Popularität, wenn auch zu leicht höheren Kosten. Einige Robo-Advisor bieten spezialisierte Portfolios an, etwa für Technologie oder Healthcare, um Anlegern die Möglichkeit zu geben, auf bestimmte Sektoren zu setzen. Gleichzeitig ermöglichen neue Anbieter Mikroinvestments ab sehr kleinen Beträgen, oft mit pauschalen Gebührenmodellen, um auch Kleinst-Anlegern den Einstieg zu ermöglichen.
Experten erwarten eine weitere Konsolidierung des Marktes und sinkende Gebühren durch zunehmenden Wettbewerb. Dies könnte Robo-Advisor in Zukunft noch attraktiver machen, insbesondere für preisbewusste Anleger.
Bei der Wahl eines Robo-Advisors sollten die Kosten zwar ein wichtiger Faktor sein, aber nicht der einzige. Die erzielte Rendite nach Abzug aller Kosten ist letztendlich entscheidend. Ein Anbieter mit höheren Gebühren kann durch eine bessere Performance durchaus attraktiver sein als ein günstigerer Konkurrent mit schwächerer Rendite. Ein einfaches Beispiel verdeutlicht dies: Wenn Robo-Advisor A eine Gebühr von 1% erhebt und eine Bruttorendite von 7% erzielt, resultiert dies in einer Nettorendite von 6%. Robo-Advisor B hingegen verlangt nur 0,6% Gebühr, erzielt aber auch nur 6% Bruttorendite, was zu einer Nettorendite von 5,4% führt. In diesem Fall wäre Robo-Advisor A trotz höherer Gebühren die bessere Wahl.
Die digitale Vermögensverwaltung revolutioniert den Finanzsektor und macht professionelles Investieren für eine breite Masse zugänglich. Mit dem richtigen Verständnis der Kostenstrukturen und einer sorgfältigen Auswahl des passenden Anbieters können Anleger von dieser Innovation profitieren und ihre finanziellen Ziele effizient verfolgen. Dabei ist es wichtig, nicht nur auf die Kosten zu schauen, sondern auch die Gesamtleistung, die Transparenz und die individuelle Passung zu berücksichtigen. In einer Welt, in der finanzielle Bildung und Vorsorge immer wichtiger werden, bieten Robo-Advisor eine vielversprechende Lösung für viele Anleger – vorausgesetzt, man wählt den richtigen Anbieter mit dem passenden Gebührenmodell.
Oliver S.
Oliver ist der Journalist im Team. Ausgebildeter Banker (Hypo Vereinsbank), hat hohes Maß an spezifischem Finanzwissen und ist einer der bekanntesten Schreiberlinge in der Finanz-Szene. Er das Thema Finanzen in einer Leichtigkeit, die seinesgleichen sucht. Nicht ohne Grund hat Oliver unter anderem auch für die Huffington Post geschrieben. Zudem ist er bis heute auch als Redakteur für FTD.de (ex Financial Times Deutschland) als auch auf Unternehmerhandbuch.de tätig. Kümmert sich hier um alles, was mit dem Thema Finanzwissen, Interviews und News zu tun hat.
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