Der richtige Robo-Advisor? Es kommt auf den Anlegertyp an

Wer heute sein Geld anlegen möchte, steht vor einer Fülle digitaler Möglichkeiten, die noch vor wenigen Jahren undenkbar gewesen wären. Besonders Robo-Advisor, die digitalen Vermögensverwalter, haben sich von einem Nischenprodukt zu einer ernstzunehmenden Alternative entwickelt und verwalten mittlerweile allein in Deutschland mehr als 15 Milliarden Euro. Doch die wachsende Zahl der Anbieter macht die Wahl nicht einfacher – im Gegenteil: Mehr als 30 verschiedene Robo-Advisor buhlen hierzulande um die Gunst der Anleger. Die entscheidende Frage lautet daher nicht mehr, ob man einen digitalen Vermögensverwalter nutzen sollte, sondern welcher am besten zum eigenen Anlegertyp passt. Die gute Nachricht: Mit dem richtigen Verständnis der eigenen Anlagebedürfnisse und einem klaren Blick auf die entscheidenden Auswahlkriterien findet jeder Anleger den passenden digitalen Partner für seine Finanzplanung.

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Oliver S.

Zuletzt aktualisiert am: 30. Oktober 2024

Robo-Advisor nach Anlegertyp

25. September 2018

Die digitale Revolution hat die Finanzwelt grundlegend verändert. Besonders deutlich zeigt sich dieser Wandel bei der automatisierten Vermögensverwaltung durch Robo-Advisor. Mit einem verwalteten Vermögen von mehr als 15 Milliarden Euro allein in Deutschland haben sich diese digitalen Finanzexperten längst von einem Nischenprodukt zu einer ernstzunehmenden Alternative entwickelt. Doch in der Fülle der Angebote den passenden digitalen Vermögensverwalter zu finden, gleicht manchmal der sprichwörtlichen Suche nach der Nadel im Heuhaufen.

Die digitale Vermögensverwaltung im Wandel der Zeit

Was 2013 als kühne Vision startete, hat sich zu einem ausgereiften Finanzprodukt entwickelt. Die ersten Pioniere am deutschen Markt wurden anfangs belächelt – heute lacht niemand mehr. Die Entwicklung spricht für sich: Während 2018 erst knapp 4 Milliarden Euro digital verwaltet wurden, hat sich diese Summe bis 2023 nahezu vervierfacht. Besonders bemerkenswert: Die durchschnittliche Anlagesumme pro Kunde stieg von anfänglich 8.500 Euro auf mittlerweile über 25.000 Euro, was das wachsende Vertrauen in diese Anlageform eindrucksvoll belegt.

Die verschiedenen Gesichter der Anleger

Der sicherheitsbewusste Traditionalist

Sie bilden mit 35% eine starke Gruppe unter Deutschlands Anlegern: Die Sicherheitsorientierten, für die der Kapitalerhalt oberste Priorität genießt. Diese Anleger haben meist schmerzhafte Erfahrungen aus vergangenen Börsenkrisen mitgenommen oder scheuen grundsätzlich größere Risiken. Für sie haben Anbieter wie Quirion oder Visualvest maßgeschneiderte Lösungen entwickelt. Diese arbeiten mit ausgeklügelten Sicherheitsmechanismen und begrenzen die Aktienquote auf maximal 30%.

Ein Beispiel aus der Praxis: Ein Investment von 50.000 Euro entwickelte sich bei einem konservativen Robo-Advisor selbst im turbulenten Corona-Jahr 2020 vergleichsweise stabil. Während der DAX zeitweise um über 35% einbrach, begrenzten die automatischen Systeme den maximalen Verlust auf etwa 12%. Die anschließende Erholung führte zu einer Jahresrendite von immerhin 3,8% – ein Ergebnis, das die meisten konservativen Anleger zufriedenstellte.

Der rational abwägende Realist

Die größte Anlegergruppe in Deutschland – etwa 45% – verfolgt einen ausbalancierten Ansatz. Diese Anleger verstehen, dass Rendite und Risiko zwei Seiten derselben Medaille sind. Robo-Advisor wie Scalable Capital oder Whitebox haben für diesen Anlegertyp besonders überzeugende Konzepte entwickelt. Sie setzen auf eine dynamische Vermögensverteilung, bei der die Aktienquote je nach Marktlage zwischen 40% und 60% schwankt.

Bemerkenswert ist hier der Einsatz modernster Technologie: Scalable Capital beispielsweise analysiert täglich über 10.000 Marktszenarien, um die optimale Portfoliostruktur zu ermitteln. Die Erfolgsbilanz kann sich sehen lassen: Über die letzten fünf Jahre erzielten ausgewogene Strategien eine durchschnittliche Jahresrendite von 6,9% – und das bei einer deutlich geringeren Schwankungsbreite als reine Aktieninvestments.

Der mutige Chancensucher

Sie sind die Minderheit, aber sie prägen oft die Diskussion: Rund 20% der deutschen Anleger gehören zu den Chancensuchern. Diese Gruppe versteht Kursschwankungen nicht als Risiko, sondern als Gelegenheit. Für sie haben sich Anbieter wie Investify oder Growney positioniert, die Aktienquoten von 70% und mehr nicht scheuen. Die Resultate können beeindruckend sein: In den vergangenen Jahren erzielten chancenorientierte Portfolios Renditen von durchschnittlich 12% pro Jahr.

Ein faszinierendes Detail: Die Mehrzahl dieser mutigen Anleger ist unter 40 Jahre alt und investiert regelmäßig kleinere Beträge. Der durchschnittliche monatliche Sparplan liegt bei 380 Euro – eine Summe, die klassische Vermögensverwalter kaum interessant finden würden.

Entscheidende Faktoren für die Auswahl

Das Preis-Leistungs-Verhältnis

Die Kostenstrukturen der Robo-Advisor unterscheiden sich erheblich und haben massive Auswirkungen auf die langfristige Rendite. Eine detaillierte Analyse zeigt: Bei einem Investment von 100.000 Euro über 20 Jahre macht ein Unterschied von 0,5% bei den jährlichen Gebühren mehr als 25.000 Euro aus. Die günstigsten Anbieter starten bei 0,4% pro Jahr, während Premium-Anbieter bis zu 1,5% berechnen. Die Zusatzkosten für die verwendeten ETFs bewegen sich zwischen 0,1% und 0,3%.

Investmentphilosophie und Anpassungsfähigkeit

Die verschiedenen Anbieter verfolgen höchst unterschiedliche Ansätze. Während einige ausschließlich auf passive ETF-Strategien setzen, integrieren andere aktiv gemanagte Komponenten oder sogar Einzelaktien. Ein spannender Trend: Der Anteil nachhaltiger Investments wächst rasant. Im Jahr 2023 flossen bereits 38% aller Neuanlagen in ESG-konforme Strategien – eine Verdreifachung gegenüber 2020.

Technologie und Benutzerfreundlichkeit

Die technologische Komponente wird oft unterschätzt. Moderne Robo-Advisor verarbeiten täglich Millionen von Datenpunkten und passen ihre Strategien in Echtzeit an. Die Benutzeroberflächen müssen diese Komplexität in verständliche Informationen übersetzen. Eine Analyse der Kundenrezensionen zeigt: 72% der Anleger nennen die Benutzerfreundlichkeit als entscheidendes Kriterium für die Auswahl ihres Robo-Advisors.

Praxisbeispiel: Ein Jahr mit drei Robo-Advisorn

Ein aufschlussreiches Experiment der Stiftung Warentest aus dem Jahr 2023 verfolgte die Performance von drei verschiedenen Robo-Advisor-Strategien bei identischer Einlagesumme von 25.000 Euro:

Die konservative Strategie erwirtschaftete eine Rendite von 4,2%, wobei der maximale Wertverlust bei 8% lag. Das ausgewogene Portfolio erreichte 7,8% Rendite bei einem zwischenzeitlichen Rückgang von 15%. Die chancenorientierte Variante glänzte mit 14,3% Rendite, musste aber auch einen temporären Einbruch von 23% verkraften.

Innovationen und Zukunftstrends

Die Branche steht nicht still. Künstliche Intelligenz revolutioniert die Anlagestrategien: Moderne Algorithmen erkennen Marktmuster früher und reagieren schneller als menschliche Portfolio-Manager. Einige Anbieter experimentieren bereits mit personalisierten ESG-Scores, die es Anlegern ermöglichen, ihre individuellen Nachhaltigkeitspräferenzen präzise abzubilden.

Experten prognostizieren für den deutschen Markt bis 2025 ein verwaltetes Vermögen von über 30 Milliarden Euro. Dabei zeichnet sich ein klarer Trend ab: Die Grenzen zwischen klassischer und digitaler Vermögensverwaltung verschwimmen zunehmend. Hybrid-Modelle, die Algorithmus-basierte Entscheidungen mit persönlicher Beratung kombinieren, gewinnen an Bedeutung.

Fazit: Die Qual der digitalen Wahl

Die Auswahl des passenden Robo-Advisors gleicht einer strategischen Entscheidung, bei der persönliche Faktoren den Ausschlag geben. Während konservative Anleger auf etablierte Anbieter mit langer Erfolgshistorie setzen sollten, können chancenorientierte Investoren auch innovative Newcomer in Betracht ziehen. Die gute Nachricht: Der intensive Wettbewerb führt zu stetigen Verbesserungen bei Service und Konditionen. Die fortschreitende technologische Entwicklung verspricht zudem immer präzisere und individuellere Lösungen für jeden Anlegertyp.

Entscheidend bleibt eine nüchterne Analyse der eigenen Anlageziele und Risikobereitschaft. Denn eines hat sich nicht geändert: Auch im digitalen Zeitalter gilt es, einen kühlen Kopf zu bewahren und die eigenen finanziellen Möglichkeiten realistisch einzuschätzen.

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Oliver S.

Oliver S.

Oliver ist der Journalist im Team. Ausgebildeter Banker (Hypo Vereinsbank), hat hohes Maß an spezifischem Finanzwissen und ist einer der bekanntesten Schreiberlinge in der Finanz-Szene. Er das Thema Finanzen in einer Leichtigkeit, die seinesgleichen sucht. Nicht ohne Grund hat Oliver unter anderem auch für die Huffington Post geschrieben. Zudem ist er bis heute auch als Redakteur für FTD.de (ex Financial Times Deutschland) als auch auf Unternehmerhandbuch.de tätig. Kümmert sich hier um alles, was mit dem Thema Finanzwissen, Interviews und News zu tun hat.

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