Quo Vadis? Wohin führt zukünftig der Weg der Robo-Advisor im deutschen Markt? Eine Frage, die ich mir seit ein paar Wochen, offensichtlich mit zunehmender Berechtigung, stelle. Denn schaut man sich die aktuellen Entwicklungen im Markt für digitale Geldanlagen einmal an, so ist derzeit ein Trend klar erkennbar: die klassischen Finanzunternehmen in Form von Banken und Versicherungen drängen auf den bis dato von FinTech-Unternehmen wie Whitebox, Scalable, Ginmon, investify und Co. dominierten Markt. Beispiele gefällig?
Markus G
26. Oktober 2017
26. Oktober 2017
Blackrock beteiligt sich an Scalable und diese wiederum kooperiert zukünftig mit der europäischen Großbank ING. Die Hamburger Sparkasse (HASPA) beteiligt sich am Robo-Advisor investify und Whitebox kooperiert mit Europas größter Autobank, der Volkswagen Bank. Neben den genannten Kooperationen entdecken aber auch immer mehr traditionelle Banken und Versicherungen den offensichtlich lohnenswerten Markt für Online-Vermögensverwaltungen und digitale Geldanlage. So betritt aktuell die ComDirect Bank mit ihrem Angebot ComInvest den Markt und die Basler Versicherung versucht sich mit dem Robo-Advisor Angebot namens Baloise Monviso zu etablieren.
All dies nun im Jahre 2017 geschehen und bereits jetzt für so manch vermeintlichen Experten der Anfang vom Ende der bis dato banken-unabhängig agierenden Robo-Advisor und jener, die es auch gemäß Eigenverständnis in Zukunft bleiben möchten. Doch wie realistisch ist eine solche Aussage? Kann bereits jetzt von einer beginnenden Marktkonsolidierung oder gar „Bereinigung“ gesprochen werden? Auch mit dem Hinweis, das sich der erste deutsche Robo-Advisor Cashboard durch Insolvenz bereits verabschieden musste? Wie realistisch ist die Frage nach dem „Quo Vadis“?
Um auf diese Fragen werthaltige Antworten geben zu können, ist es hilfreich sich bestehender Daten aus Statistiken und Prognosen zu bedienen. Und bei entsprechend sachlicher Betrachtung jener Zahlen muss man, ob Experte oder nicht, zu einem anderen Ergebnis kommen: In einem Markt, dem nachwievor hohe Zuwachsraten bei Anlegerzahl als auch verwaltete Kundengelder bis zum Jahr 2020 / 2021 prognostiziert werden, kann ob jener, nun in einem kurzem Zeitraum zahlreich entstandene Kooperationen, nicht von einer düsteren Zukunft für Robo-Advisor gesprochen werden.
Um das mal mit aktuellen Zahlen zu verdeutlichen: Das Anlagevolumen im Bereich „Digitales Investment“ wird laut Zahlen von Statista 2017 in Deutschland eine Höhe von in etwa 338 Millionen Euro erreichen. Herunter gebrochen auf die Anzahl der Anleger bedeutet dies ein Pro-Kopf Anlagevolumen von knapp 14.800 Euro. Auf lange Sicht betrachtet wird im Jahr 2021 das Anlagevolumen nach aktuellsten Prognosen bereits eine Höhe von 1.350 Millionen erreichen. Stellt man diese Zahlen in Prozent dar, bedeutet dies ein jährliches Wachstum von rund 41,5 % pro Jahr.
In einer Zeit, in denen digitale Angebote zum Alltag gehören, geschieht in der Finanzbranche nun also exakt das, wofür gerade die traditionellen Banken und Finanzdienstleister bereits seit Jahren kritisiert werden: Digitalisierung!
Nebenbei übrigens einer der Gründe, warum sich überhaupt erst eine FinTech Szene entwickeln und etablieren konnte >> mangelnde Digitalisierung! Das, was wir also gerade bei den Robo-Advisor erleben, ist also weder eine Marktbereinigung oder Ähnliches, sondern vielmehr die Einsicht bis dato traditionell agierender und auftretender Finanzdienstleister, dass ein im Finanzwesen steigender Bedarf an digitalen Angeboten – auch im Investment-Bereich – bedient werden will. Ein Punkt, der, auch im Falle der Kooperation zwischen der Haspa und investify, vom Generalbevollmächtigten der Haspa, Herrn Jörg Ludewig entsprechend bestätigt wird:
“Der Einsatz digitaler Technologien in der Vermögensanlage wird immer wichtiger. Und wir müssen und möchten auf die steigenden Kundenbedürfnisse reagieren“.
Eine Aussage, die so oder zumindest sinngemäß auch von den beteiligten Parteien bei den anfangs erwähnten Kooperationen getätigt wird. Wobei dies wohl auch nur die halbe Wahrheit ist, denn neben dem generellen Thema der notwendigen Digitalisierung, sind solche Kooperationen für beide Parteien durchaus sinnvoll.
Robo-Advisor Anbieter müssen aufgrund nachwievor mangelnder Bekanntheit und geringem Vertrauen in das Thema Online Vermögensverwaltung und digitales Investment recht viel Geld in das Marketing stecken. Summen, die sich jedoch deutlich verringern lassen, wenn man dank entsprechender Kooperationen schlagartigen Zugriff auf Millionen potentieller Kunden bekommt – Beispiel: Whitebox >> Volkswagenbank als auch Scalable >> ING
Doch auch für Banken lohnen sich solche Partnerschaften, denn sie bekommen so ein bereits erprobtes „digitales Anlage System“ frei Haus. Marketing-Effekt?
“Schaut her liebe Kunden, wir haben nun endlich „etwas „Voll-Digitales“ im Bereich Investment im Portfolio.”
Dem Anspruch an digitalen Angeboten seitens neuer als auch bestehender Kunden wird somit auf einem recht einfachen Wege Genüge getan.
Etwas anders sieht es natürlich dann aus, wenn keine technologischen Partnerschaften eingegangen, sondern eigene Robo-Advisor seitens traditioneller Finanzunternehmen an den Markt gebracht werden. Aktuelle Beispiele stellen hierfür die bereits genannten Baloise Monviso als auch ComInvest / ComDirect dar. In beiden Fällen jedoch auch hier für die genannten Unternehmen lohnenswert, denn sie verfügen bereits über eine attraktive Anzahl an Kunden und haben entsprechende Erfahrungen im klassischen Anlagegeschäft. Hier dürfte also das vorrangige Ziel sein, den Weg des sogenannten „Hybrid Robo-Advisors“ zu gehen. Einer Mischung aus digitaler Geldanlage und persönlicher Beratung durch einen erfahrenen Anlageberater.
Ein Modell übrigens, dem eine Vielzahl von Experten das größte Wachstum innerhalb des Robo-Advisor Marktes prophezeien. Denn es vereint aus Sicht eines potentiellen Anlegers, die Chance den digitalen Anlagevorschlag des Robo-Advisors in Folge mit einem real existierenden Anlageberaters zu erörtern und sich ggfs. so die letzte Bestätigung für die gewählte Anlagestrategie zu holen.
Ob Experte oder nicht: Wer allein aufgrund von Kooperationen, einer Erhöhung der Marktteilnehmer oder einer minimalen Reduzierung der Wachstumsraten (Beispiel USA) bereits jetzt von einer Marktbereinigung / Konsolidierung im Robo-Advisor Markt, schätzt meinerseits eben jenen Markt falsch ein. Märkte und deren Spieler wachsen und müssen sich an veränderte Marktbedingungen als auch Anforderungen von Kunden anpassen. Genau dies passiert aktuell – nichts Anderes!
Markus G
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Zuletzt aktualisiert am 19. Juli 2022 by Redaktion