Investify Interview

Im Gespräch mit Dr. Harald Brock / Gründer und Geschäftsführer investify

investify - das Robo-Advisor Angebot gilt als eines der Pionier Angebote in Deutschland. Neben einer guten Performance ist das Angebot vor allem bekannt aufgrund seiner Themen-Investments. Im folgenden Investify Interview gewährt uns CEO Dr. Harald Brock einen Blick hinter die Kulissen seines Unternehmens

9. April 2018 | Oliver S

Investify – die digitale Online-Vermögensverwaltung aus Luxemburg gilt als eines der ersten Robo-Advisor Angebote in Deutschland und kann seitdem auf eine durchaus bewegte Unternehmens-Entwicklung zurückblicken. Von der ursprünglichen reinen Online-Vermögensverwaltung, die sich vor allem durch das Angebot sogenannter Themen-Investments deutlich von seinen Mitbewerbern abhob, über Kooperationen (unter anderem mit der PAX Bank) bis hin zum B2B Technologie Anbieter als Investify Tech. Womit deutlich wird, dass Investify sich über die Jahre stetig weiterentwickelt hat.

Grund genug für uns, den Geschäftsführer von investify, Herrn Dr. Harald Brock um ein neuerliches Interview zu bitten, um einen genaueren Einblick in sein Unternehmen, seine Sicht auf die Vergangenheit als auch einen Ausblick auf die Zukunft seines Unternehmens zu erhalten.  Zudem hat uns seine Sichtweise des deutschen Marktes und seiner Entwicklung interessiert. Herausgekommen ist ein interessantes und aufschlussreiches Interview.

Das investify Interview: Herr Dr. Harald Brock, Gründer und Geschäftsführer von Investify

1) Herr Dr. Brock, erst einmal vielen Dank für die Zustimmung zu unserer Interview-Anfrage. investify ist als Robo-Advisor mehrere Jahre am Markt vertreten. Sie gelten mit Ihrem digitalen Kapitalanlage-Angebot durchaus als einer der Pioniere des deutschen Marktes. Gewähren sie uns und unseren Lesern einen Eindruck darüber, wie sie in den letzten Jahren die Entwicklung des hiesigen Robo-Advisor Marktes sehen und selbst erlebt haben.

Die Entwicklung des deutschen Robo-Advisors-Marktes ist durchaus positiv, auch wenn die Branche die anfangs prognostizierten Zuwächse nicht in vollem Umfang erreichen konnte. Einige Anbieter mussten zudem feststellen, dass sie die Kosten für Kundenakquise und Marketing unterschätzt haben.

Anbieter wie Vaamo/Moneyfarm, Werthstein oder Fundamental Capital haben sich aus dem Markt zurückgezogen. Auch einige Banken mussten feststellen, dass ihre digitale Vermögensverwaltung die selbstgesteckten Ziele nicht erreicht, Beispiele sind ABN Amro (Prospery) und Sutor (Privatbank Portfolio).

Insgesamt lässt sich feststellen, dass viele Anbieter eine Nische suchen oder ihr Angebot erweitern. Scalable Capital ist als Neo-Broker unterwegs, Vividam bietet ausschließlich nachhaltige Anlagen. Wir haben uns neben einem exzellenten Asset Management auf Themeninvestments spezialisiert.

2) Seit geraumer Zeit steht das Angebot von investify nicht nur Privatkunden zur Verfügung, sondern Sie sind ebenso im B2B-Bereich aktiv. Dort sprechen Sie insbesondere Finanzdienstleister an, die von Ihrem Angebot profitieren sollen. Können Sie unseren Lesern Ihr B2B-Angebot in wenigen Sätzen erläutern? Was zum Beispiel bedeutet der Modulare Ansatz im Detail?

Wir bei investify sind neben unserem B2C-Produkt auch als Technologie- und Regulatorik-Provider erfolgreich im Markt und arbeiten mit renommierten Banken, Vermögensverwaltern, aber auch Non-Financials zusammen. In Zukunft wollen wir auch Versicherer unterstützen.

Der „Modulare Ansatz“ besagt, dass wir gemeinsam mit unseren B2B-Partnern, z. B. Banken, eine maßgeschneiderte Lösung erarbeiten können. Wir bieten einen großen Baukasten von bereits erfolgreich im Markt eingesetzten Services. Das gesamte Konzept basiert auf dem Plattformgedanken, sprich: jede Erweiterung kann von allen Partnern genutzt werden. So können leicht Skalenvorteile erreicht werden, so dass unsere Lösungen auch bei kleineren Marktakteuren eingesetzt werden können.

3) Noch eine weitere Frage zu Ihrem B2B-Angebot. Auf Ihrer Webseite geben Sie an, dass renommierte Unternehmen aus unterschiedlichen Bereichen auf die exzellente Technologie und die Investmentkompetenz von investify vertrauen. Was sich darin zeigt, dass sich Neuigkeiten aus Ihrem Hause überwiegend auf die Kommunikation weiterer Kooperationen beziehen. Stellt sich die Frage, ob sie sich mehr und mehr zum einem Technologie-Anbieter entwickeln und gegebenenfalls das Privatkunden-Geschäft aufgeben werden? Oder sich dies zumindest vorstellen könnten?

Wir werden das Privatkundengeschäft nicht aufgeben, es ist und bleibt für uns ein sehr wichtiges Standbein. Unsere Privatkunden profitieren zudem von den technischen Weiterentwicklungen, die wir gemeinsam mit Banken etc. umsetzen. Gleichzeitig profitieren unsere B2B-Partner von unseren Erfahrungen im eigenen Privatkundengeschäft. Wir haben also eine Win-Win-Situation, die man immer häufiger im Markt findet.

4) Ende 2020 machte aufgrund mehrerer Presseberichte die Nachricht die Runde, das investify als Robo-Advisor aufgrund der geplatzten Zusammenarbeit mit der HASPA „massiv“ abgewertet worden sei. Dennoch konnten sie in einer kurz darauf stattgefundenen Finanzierungsrunde etwa 5 Millionen € frisches Kaptal einsammeln. Zudem erfolgte Anfang 2021 die Nachricht, dass trotz Corona etc. 2020 als erfolgreiches Jahr betrachtet werden könne. Was war da tatsächlich los? Wie kam es zu dieser negativen Berichterstattung ihrer Meinung nach?  

Eins Vorweg: Wir haben auch heute noch ein sehr gutes Verhältnis zur Haspa. Die Zusammenarbeit mit einer Sparkasse ist aber immer sehr politisch und durch Verbände getrieben. Deshalb ist unsere Kooperation damals nicht zustande gekommen. Immer wenn eine Sparkasse und ein modernes Fintech zusammenarbeiten sorgt dies für großes (mediales) Interesse. So war es auch in unserem Fall.

Wir haben im Anschluss zahlreiche B2B-Kooperationen mit anderen renommierten Finanzdienstleistern geschlossen wie bspw. die Sopra Financial Technologie (der IT Provider der Sparda Banken), die Bank für Sozialwirtschaft, das Internationale Bankhaus Bodensee, die Pax Bank, die ICM Investmentbank usw. Wir blicken somit auf ein sehr erfolgreiches Jahr zurück.

In den vergangenen zwei Jahren hat sich investify prächtig entwickelt. Durch die Erfolge im B2B-Segment konnten wir Ende letzten Jahres eine neue Finanzierungsrunde erfolgreich abschließen – unsere Bewertung kann sich sehen lassen. Zudem erhielten wir eine Förderung in Höhe von 800.000 Euro vom luxemburgischen Wirtschaftsministerium, weil wir als besonders innovativ eingestuft wurden. Dies ist ein weiterer Beleg, dass unser Modell zukunftsfähig ist.

5) Zurück zu ihrem Investment-Angebot: Die Vermögensanlage bei investify setzt sich für den Anleger aus möglichen zwei Komponenten zusammen. Zum einen gibt es die Basisanlage. Zum anderen kann sich der Kunde aus mittlerweile über 20 Schwerpunktthemen einige Themen aussuchen, die für ihn besonders interessant sind. Allerdings: Trotz wirklich interessanter Themen, wie zum Beispiel Zukunftsenergie, machen diese individuellen Themen in der Summe lediglich 2 % des Gesamtportfolios aus. 98 % entfallen somit immer auf die Basisanlage. Warum möchten Sie dem Anleger nicht die Möglichkeit geben, dass seine gewählten Schwerpunktthemen einen größeren Anteil am Portfolio haben können?

Die Basisanlage stellt den Kern der Vermögensverwaltung dar, der Kunde kann darüber hinaus das Depot anhand von Themeninvestments weiter individualisieren. Jeder unserer Kunden soll sich mit seinem Portfolio wohlfühlen und eigene Ideen und Überzeugungen einfließen lassen können.

Bezüglich der Gewichtung muss ich Sie leider korrigieren. Die Basisanlage beträgt mindestens 60% des angelegten Vermögens, je nach Risikostufe des Kunden entfallen also bis zu 40% auf die Themeninvestments. Eine ausreichende Diversifikation ist für uns sehr wichtig – wir setzen auf eine strategische Allokation und investieren global diversifiziert in Aktien und Anleihen. Durch eine globale Diversifikation werden Regionen- und branchenspezifische Risiken gezielt vermindert. Daher können auf ein Themeninvestment nicht mehr als 10% entfallen.

6) Seit kurzem bieten sie Anlegern zwei unterschiedliche Modelle der Kapitalanlage namens Investify Smart und Premium an. 1.) Erläutern sie unseren Lesern bitte die beiden Angebote und ebenso, warum sie ein solches Modell gestartet haben?   

investify Smart eignet sich besonders für Kunden, die unsere Dienstleistung mit einem geringen Betrag testen möchten – der Einstieg ist bereits ab 500 Euro möglich. Neben unserer Basisanlage kann der Kunde ein Themeninvestment in sein Depot wählen und einen Sparvertrag einrichten.

investify-Premium ist ab 10.000 Euro verfügbar. Hier erhalten unsere Kunden den vollen Leistungsumfang mit allen Themeninvestments und bis zu 4.500 verschiedenen Unternehmen und Staaten im Portfolio.

Wir haben die Erfahrung gemacht, dass die Kunden erstmal mit einer geringen Einstiegssumme beginnen möchten, um herauszufinden, ob das Angebot überzeugt. Daher haben wir uns für eine Reduzierung der Mindestanlage von 5.000 Euro auf nur noch 500 Euro entschieden.

7) Manche Mitbewerber setzen zunehmend auf Rohstoffe, insbesondere Edelmetalle, als Portfoliobeimischung. Ein Grund ist – sicherlich insbesondere im Zuge der Coronakrise – die Krisensicherheit und Wertbeständigkeit von Edelmetallen. Warum haben Sie sich bisher bewusst dagegen entschieden, Edelmetalle oder andere Rohstoffe mit ins Portfolio im Rahmen der Basisanlage aufzunehmen?

investify schließt Investments in Edelmetalle oder Rohstoffe im Rahmen seiner Basisanlage keinesfalls aus. Die Berücksichtigung eines Rohstoff-Investments hängt dabei von vielen Faktoren ab. Vielmehr wurden in der Vergangenheit andere Assetklassen als aussichtsreicher und als passender, unter der Berücksichtigung der Chancen und Risiken, für die Investitionsstrategie von investify bewertet.

Zudem hat jeder Kunde stets die Möglichkeit über Themeninvestments in Rohstoffe zu investieren. Aktuell bietet investify beispielsweise „Gold“ als Themeninvestment an.

8) Damit Sie das Risikoprofil der Anleger ermitteln können, sind im Zuge des Onboarding einige Fragen zu beantworten. Die meisten dieser Fragen helfen definitiv dabei, dem Kunden anschließend ein Risikoprofil zuordnen zu können. Warum allerdings muss die Frage beantwortet werden, wie viele Personen im Haushalt leben und welchen Beruf der Kunde ausübt? Wir können an dieser Stelle nicht unbedingt erkennen, warum die Anzahl der im Haushalt lebende Person und der Beruf einen Einfluss auf das spätere Risikoprofil haben sollte?

Die Angabe der Anzahl Personen im Haushalt gibt Aufschluss darüber, inwiefern die Haushaltsausgaben angepasst werden können. Je höher die Zahl der Personen im Haushalt, desto höher ist die Summe der Ausgaben, die nicht vom Haushalt beeinflusst werden kann. Zur Bestimmung der Einkommenssituation muss neben der Höhe des Einkommens im Haushalt insbesondere die Sicherheit des Einkommens berücksichtigt werden. Zu diesem Zweck müssen Angaben über die Erwerbsquelle des Hauptverdieners im Haushalt ausgewertet werden.

9) Wie schätzen Sie den Markt der Online-Vermögensverwalter derzeit ein? Wie bewerten sie den Rückzug von Moneyfarm? Gibt es Zukunftspläne, durch die investify sicherstellen möchten, dass der Robo-Advisor auch in fünf Jahren noch konkurrenzfähig ist? Oder sind Sie der Auffassung, dass Sie dies mit dem aktuell existierenden Angebot schaffen?

Der Markt wird weiter wachsen. Alleine im letzten Jahr hat es einen wahren Boom an Neuinvestoren gegeben. Dieser Trend wird sich fortsetzen, da viele traditionelle Sparprodukte im Niedrigzinsumfeld keine Alternative mehr sind.

Wie oben skizziert, wird sich investify auch unter Beteiligung der Kooperationspartner stetig weiterentwickeln. Sicherlich wird es immer wieder Anpassungen und Verbesserungen am Produkt geben, wir agieren stets kundenzentriert – die Corona-Pandemie hat uns allen vor Augen geführt, dass sich Anforderungen stetig ändern.

10) Abschließend: Was wollten sie schon immer einmal als Kommentar zum deutschen Robo-Advisor Markt äußern, sind aber noch nie mit einer passenden Frage „konfrontiert“ worden?

Mich würde es sehr freuen, wenn in Deutschland ein größerer Fokus auf Finanzbildung gelegt würde. Dies würde dazu führen, dass sich die Menschen aktiv mit dem Thema Geldanlage beschäftigen, anstatt ihr Vermögen auf Tagesgeldkonten versauern zu lassen oder falsch zu investieren. In Kombination mit der Inflation kann dann eine Rentenlücke oft nicht mehr geschlossen werden.

Zu guter Letzt

Herr Dr. Brock, wir danken Ihnen sehr für das Interview.

Zur Person Dr. Harald Brock

Der gelernte Bankkaufmann Dr. Harald Brock ist nicht nur Geschäftsführer der Geschäftsführer des Technologie- und Regulatorik Providers investify, sondern auch Aufsichtsratsmitglied der cowork_ag. Zudem ist Harald Brock Herausgeber der Bücher „Multi- und Omni-Channel-Management in Banken und Sparkassen“ und „Köpfe der digitalen Finanzwelt“ sowie Lehrbeauftragter für Strategisches Management an der RFH in Köln.

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Oliver S.

Oliver ist der Journalist im Team. Ausgebildeter Banker (Hypo Vereinsbank), hat hohes Maß an spezifischem Finanzwissen und ist einer der bekanntesten Schreiberlinge in der Finanz-Szene. Oliver hat so unter anderem auch für die Huffington Post geschrieben. Zudem war er auch als Redakteur für FTD.de (ex Financial Times Deutschland) tätig. Also eine echte Bereicherung für das Team. Kümmert sich hier um alles, was mit dem Thema Finanzwissen, Interviews und News zu tun hat. Oliver ist verheiratet, hat Kinder und lebt in Nordrhein-Westfalen.
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