Während die Deutschen als Sparweltmeister gelten und ein Vermögen von über 7 Billionen Euro angehäuft haben, herrscht beim Thema Börse und Aktien noch immer große Zurückhaltung. Nur etwa 15 Prozent der Bundesbürger investieren ihr Geld in Aktien – deutlich weniger als im europäischen Durchschnitt. Diese Skepsis hat historische Wurzeln und kostet die Deutschen Jahr für Jahr Milliarden an entgangenen Renditen, während ihr Vermögen auf niedrig verzinsten Konten durch die Inflation stetig an Wert verliert.
Markus G
Zuletzt aktualisiert am: 14. November 2024
19. Mai 2020
Die Deutschen gelten weltweit als Sparweltmeister und wirtschaftlich vernünftig denkende Nation. Doch wenn es um das Thema Geldanlage geht, offenbart sich ein erstaunliches Paradoxon: Während das gesamte Sparvermögen der Deutschen 2023 die beachtliche Summe von über 7 Billionen Euro erreicht, zeigen die meisten Bundesbürger eine ausgeprägte Zurückhaltung, wenn es um Investitionen an der Börse geht. Stattdessen parken sie ihr hart verdientes Geld auf niedrig verzinsten Giro- und Tagesgeldkonten – und verschenken damit Jahr für Jahr enorme Renditechancen.
Diese Zurückhaltung hat tiefe historische Wurzeln. Die traumatischen Erfahrungen der Hyperinflation in den 1920er Jahren haben sich tief in das kollektive Gedächtnis der Deutschen eingegraben. In dieser Zeit verloren unzählige Menschen ihr gesamtes Erspartes, als die Inflation astronomisch hohe Werte erreichte. Auch jüngere Ereignisse wie das Platzen der Dotcom-Blase im Jahr 2000 oder die globale Finanzkrise 2008 haben das ohnehin schon fragile Vertrauen in die Börse weiter erschüttert. Der Zusammenbruch der Lehman Brothers und die darauffolgenden Turbulenzen an den Finanzmärkten bestärkten viele Deutsche in ihrer skeptischen Haltung gegenüber Aktieninvestments.
Die historischen Erfahrungen spiegeln sich eindrucksvoll in den aktuellen Statistiken wider: Lediglich 12,3 Millionen Deutsche – das entspricht etwa 15,2 Prozent der Bevölkerung – investieren direkt in Aktien. Damit liegt Deutschland deutlich unter dem europäischen Durchschnitt von etwa 25 Prozent. Noch deutlicher wird die Diskrepanz im Vergleich zu Ländern wie den USA oder Schweden, wo die Aktionärsquote bei über 50 Prozent liegt. Die ausgeprägte Risikoaversion der Deutschen zeigt sich besonders deutlich in ihrer Sparmentalität: Mit einer durchschnittlichen Sparquote von 11,4 Prozent des verfügbaren Einkommens im Jahr 2023 gehören die Deutschen zu den Sparweltmeistern. Doch anstatt ihr Erspartes gewinnbringend anzulegen, bevorzugen sie vermeintlich sichere Anlageformen.
Die Zurückhaltung der deutschen Anleger wird besonders deutlich, wenn man einen Blick auf die Entwicklung der internationalen Aktienmärkte wirft.
Technologiegiganten wie Amazon haben seit ihrem Börsengang 1997 eine Wertsteigerung von über 100.000 Prozent erzielt. Wer damals 1.000 Euro investiert hätte, könnte sich heute über ein Vermögen von einer Million Euro freuen.
NVIDIA, einer der führenden Chiphersteller und Vorreiter im Bereich künstliche Intelligenz, konnte seit seinem Börsengang 1999 sogar eine Wertsteigerung von mehr als 150.000 Prozent verzeichnen.
Auch Google, heute unter dem Namen Alphabet bekannt, hat seinen Aktionären seit dem Börsengang 2004 eine Rendite von über 4.000 Prozent beschert.
Doch man muss gar nicht über den großen Teich schauen, um erfolgreiche Börsengeschichten zu finden. Auch deutsche Unternehmen haben ihren Aktionären über die Jahre hinweg beachtliche Renditen beschert.
SAP, Deutschlands größter Softwarekonzern, hat seit seinem Börsengang 1988 eine Wertsteigerung von mehr als 87.000 Prozent erzielt. Ein Investment von 10.000 DM zur Börseneinführung wäre heute mehrere Millionen Euro wert.
Siemens, eines der ältesten börsennotierten Unternehmen Deutschlands, zeigt seit über 150 Jahren eine kontinuierliche Wertsteigerung und demonstriert eindrucksvoll die Bedeutung von langfristigen Investments.
Selbst der Sportartikelhersteller Adidas konnte in den letzten 20 Jahren eine Wertsteigerung von über 500 Prozent verzeichnen.
Ein wesentlicher Grund für die Zurückhaltung vieler Deutscher liegt in der mangelnden finanziellen Bildung. In deutschen Schulen und Ausbildungsstätten spielt Börsenwissen oder Finanzwissen Im Allgemeinen kaum eine Rolle. Während in anderen Ländern wie den USA oder Großbritannien Finanzwissen selbstverständlicher Bestandteil der Ausbildung ist, herrscht in Deutschland oft eine erschreckende Unkenntnis über grundlegende Finanzthemen. Die daraus resultierende Unsicherheit im Umgang mit Finanzprodukten führt oft zu einer Überschätzung der Börsenrisiken bei gleichzeitiger Unterschätzung der Inflationsrisiken. Viele Deutsche kennen nicht einmal die grundlegenden Unterschiede zwischen verschiedenen Anlageformen oder verstehen nicht, wie der Zinseszinseffekt funktioniert.
Der demografische Wandel in Deutschland macht private Vorsorge unumgänglich. Die gesetzliche Rentenversicherung steht vor enormen Herausforderungen: Immer weniger Erwerbstätige müssen für immer mehr Rentner aufkommen. Experten prognostizieren, dass das Rentenniveau in den kommenden Jahrzehnten weiter sinken wird. Die durchschnittliche Inflationsrate in Deutschland liegt historisch bei 2-3 Prozent pro Jahr. Wer sein Geld auf dem Tagesgeldkonto parkt, verliert damit real an Kaufkraft. Aktien hingegen haben sich historisch als effektiver Inflationsschutz bewährt. Der Deutsche Aktienindex DAX zeigt eine durchschnittliche jährliche Rendite von etwa 8,6 Prozent – eine Rendite, die langfristig alle anderen Anlageformen deutlich übertrifft.
Der Einstieg in die Börse ist heute einfacher denn je. Moderne Anlageformen wie ETF-Sparpläne ermöglichen bereits ab 25 Euro monatlich eine breite Streuung des Anlagekapitals über verschiedene Branchen und Regionen hinweg. Dies minimiert das Risiko und macht gleichzeitig die Chancen der globalen Wirtschaftsentwicklung nutzbar. Digitale Vermögensverwalter, auch Robo-Advisor genannt, bieten eine professionelle Portfolioverwaltung mit niedrigen Einstiegshürden. Sie nutzen ausgefeilte Algorithmen, um die Anlagestrategie kontinuierlich zu optimieren und an die Marktentwicklungen anzupassen. Gemischte Fonds kombinieren verschiedene Anlageformen für ein ausgewogenes Risiko-Rendite-Verhältnis und bieten damit auch vorsichtigen Anlegern eine Möglichkeit, von den Chancen der Börse zu profitieren.
Die traditionelle Zurückhaltung der Deutschen gegenüber Aktienanlagen ist zwar historisch gewachsen und kulturell verankert, doch angesichts der wirtschaftlichen Realitäten führt an der Börse kein Weg vorbei. Die Geschichte zeigt eindeutig: Wer langfristig und diversifiziert investiert, wird in den meisten Fällen mit attraktiven Renditen belohnt. Moderne Anlageformen machen den Einstieg einfacher denn je und ermöglichen auch Kleinanlegern eine professionelle Vermögensverwaltung.
Die Zeit ist reif für ein Umdenken in der deutschen Anlagekultur. Nur wer heute den Mut aufbringt, sein Geld klug zu investieren, wird morgen von den Chancen der globalen Wirtschaftsentwicklung profitieren können. Die Deutschen müssen ihre historisch bedingte Skepsis überwinden und die Börse als das wahrnehmen, was sie ist: eine bewährte Möglichkeit zur langfristigen Vermögensbildung.
Markus G
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