Die digitale Revolution hat auch die Welt der Geldanlage grundlegend verändert. Robo-Advisor, die digitalen Vermögensverwalter, haben sich als innovative Alternative zur klassischen Anlageberatung etabliert. Diese automatisierten Systeme verwalten mittlerweile allein in Deutschland mehr als 20 Milliarden Euro Kundengelder (Stand 2024) und folgen dabei zwei grundlegend verschiedenen Investment-Philosophien: dem aktiven und dem passiven Managementansatz. Beide Strategien haben ihre eigenen Merkmale, Vor- und Nachteile, die für Anleger von entscheidender Bedeutung sind.
Markus G
15. August 2017
15. August 2017
Der passive Investmentansatz basiert auf der Efficient Market Hypothesis (EMH), die besagt, dass Märkte effizient sind und alle verfügbaren Informationen bereits in den Kursen eingepreist sind.
Passive Robo-Advisor setzen daher auf eine breite Marktabbildung, meist durch den Einsatz von kostengünstigen ETFs (Exchange Traded Funds). Diese Strategie zeichnet sich durch besonders niedrige Verwaltungskosten aus, die sich typischerweise zwischen 0,3% und 0,8% pro Jahr bewegen. Ein weiteres Kennzeichen ist die breite Diversifikation über verschiedene Anlageklassen hinweg, wobei die Portfoliozusammensetzung nur minimal angepasst wird. Lediglich ein regelmäßiges Rebalancing zur Wiederherstellung der ursprünglichen Zielallokation wird durchgeführt.
In Deutschland verfolgen beispielsweise Scalable Capital und Oskar diesen Ansatz. Scalable Capital verwaltet mit dieser Strategie bereits über 10 Milliarden Euro Kundengelder und erreichte in den vergangenen Jahren eine durchschnittliche Performance von 5-7% p.a. (nach Kosten).
Im Gegensatz dazu basiert der aktive Investmentansatz auf der Überzeugung, dass geschickte Anlageentscheidungen den Markt übertreffen können.
Aktive Robo-Advisor versuchen durch taktische Asset-Allokation und Einzeltitelauswahl Überrenditen (Alpha) zu generieren. Bei diesem Ansatz fallen typischerweise höhere Verwaltungskosten an, die sich meist zwischen 0,8% und 1,5% pro Jahr bewegen. Die Portfolios werden häufiger angepasst, wobei eine aktive Marktanalyse und ein ausgefeiltes Risikomanagement zum Einsatz kommen. Auch der Einsatz von Einzelaktien oder aktiv gemanagten Fonds ist bei diesem Ansatz üblich.
Beispiele für aktive Robo-Advisor in Deutschland sind Quirion und Liqid, wobei Quirion einen hybriden Ansatz verfolgt, der aktive und passive Elemente kombiniert.
Beide Investmentansätze lassen sich dank moderner Technologie hervorragend automatisieren. Die verwendeten Algorithmen können sowohl passive Indexstrategien als auch komplexe aktive Handelsstrategien umsetzen. Dabei kommen verschiedene technologische Komponenten zum Einsatz: Künstliche Intelligenz wird für umfassende Marktanalysen genutzt, während Machine Learning-Algorithmen die Portfoliooptimierung übernehmen. Automatisierte Handelssysteme sorgen für eine effiziente Ausführung der Trades, und Big Data-Analysen ermöglichen ein ausgefeiltes Risikomanagement.
Die Verwendung beider Ansätze ermöglicht es Robo-Advisorn, unterschiedliche Kundengruppen gezielt anzusprechen. Während kostenbewusste Langzeitanleger häufig den passiven Ansatz bevorzugen, entscheiden sich renditeorientierte Anleger mit höherer Risikobereitschaft oft für aktive Strategien. Auch bei den Mindestanlagesummen gibt es Unterschiede: Passive Strategien sind oft bereits mit geringeren Beträgen zugänglich.
Die Wahl des Investmentansatzes hat direkte Auswirkungen auf die Kosten. Studien der Stiftung Warentest belegen, dass passive Strategien im Durchschnitt 0,5 bis 0,7 Prozentpunkte günstiger sind als aktive Ansätze. Diese Differenz macht sich deutlich bemerkbar: Bei einem Investment von 100.000 Euro ergibt sich ein jährlicher Unterschied von 500 bis 700 Euro.
Langfristige Studien zeigen interessante Ergebnisse beim Vergleich der beiden Ansätze. Über einen Zeitraum von 15 Jahren schaffen es nur etwa 10% der aktiv gemanagten Portfolios, ihre passive Benchmark zu übertreffen. Nach Berücksichtigung der Kosten liegt die Überrendite aktiver Strategien sogar häufig im negativen Bereich. Zudem weisen aktive Strategien meist eine höhere Volatilität auf.
Im Hinblick auf Transparenz haben passive Strategien einen klaren Vorteil. Durch ihre klare Indexorientierung und transparente Kostenstruktur sind sie für Anleger besser nachvollziehbar. Auch die Portfolioanpassungen erfolgen nach vorhersehbaren Regeln. Aktive Strategien sind dagegen oft komplexer aufgebaut und ihre Entscheidungsprozesse sind für Anleger weniger transparent.
Die Wahl zwischen aktivem und passivem Investmentansatz bei Robo-Advisorn hängt von den individuellen Anlegerzielen und -Präferenzen ab. Während passive Strategien durch niedrige Kosten, hohe Transparenz und langfristig solide Renditen überzeugen, können aktive Strategien in bestimmten Marktphasen Überrenditen erzielen und bieten mehr Flexibilität bei der Portfoliosteuerung.
Die Mehrheit der deutschen Privatanleger tendiert mittlerweile zu passiven Strategien, was sich in den Marktanteilen der verschiedenen Anbieter widerspiegelt. Etwa 70% des verwalteten Vermögens liegt in passiven oder hybrid-passiven Strategien.
Für Einsteiger und kostenbewusste Langzeitanleger erscheint der passive Ansatz vorteilhafter, während erfahrene Anleger mit höherer Risikotoleranz auch aktive Strategien in Betracht ziehen können. Entscheidend ist letztlich, dass Anleger die Unterschiede zwischen beiden Ansätzen verstehen und eine bewusste, zu ihren Zielen passende Entscheidung treffen.
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Zuletzt aktualisiert am 19. November 2024 by Redaktion