Smart angehen Interview

Im Gespräch mit Florian Lingl / Leiter "smart angehen"

Mit dem Online-Vermögensverwaltungsangebot "smart angehen" hat auch die R&M Vermögensverwaltung eine eigenen Robo-Advisor am Markt. Sie zielt vor allem auf regionale Kunden ab. Warum das so ist, beantwortet uns, neben weiteren Fragen Florian Lingl - als Produktverantwortlicher "smart angehen" in unserem Interview.

29. Oktober 2020 | Oliver S

Es gibt Robo-Advisor Angebote, die mit einem enormen Aufwand Marketing betreiben und ihr Geschäftsmodell so aufziehen, dass es nicht nur in Deutschland, sondern auch gleich im Ausland präsent ist. Andere Anbieter sind bereits etabliert im Bereich der traditionellen Vermögensverwaltung und haben dieses Geschäftsfeld mit dem Angebot einer digitalen Vermögensverwaltung erweitert und agieren diesbezüglich etwas “ruhiger”, was das Thema Marketing angeht.

Und dann gibt es einen Anbieter, der ebenfalls das Feld der traditionellen Vermögensverwaltung um ein digitales Kapitalanlage-Angebot erweitert hat, aber unter dem geografischen Aspekt die Karte der „Regionalität“ spielt und beim Marketing eher im “Kleinen” agiert – und zwar die Vermögensverwaltung „Smart Angehen“ der Rödl & Meir Vermögensverwaltung aus der Oberpfalz.

Ein Ansatz, der bei uns einige Fragen aufwarf und uns dazu bewegte, das Ganze doch einmal etwas genauer zu hinterfragen. Also mal wieder Zeit für ein Interview. Umso mehr freuen wir uns, dass uns hier Herr Florian Lingl von Smart angehen Rede und Antwort stand.

Das „smart-angehen“ Interview: Herr Florian Lingl, verantwortlich für das Robo-Advisor Angebot der R&M Vermögensverwaltung

1) Herr Lingl, Smart-angehen ist ein Robo-Advisor, der von der R&M Vermögensverwaltung ins Leben gerufen wurde. Dabei wird ein sogenanntes hybrides Modell verfolgt. Aus welchem Grund haben Sie sich für diese Variante entschieden, also für die “Mischung” menschlicher Experten mit einer softwaregesteuerten Lösung?

Grundsätzlich wollte sich die R&M Vermögensverwaltung mit smart-angehen digitalisieren und auch jungen, bisher noch nicht vermögenden Kunden eine kostengünstige und professionelle Vermögensverwaltung bereits ab 5.000,00 € anbieten. Das Thema Geldanlage und digitale Vermögensverwaltung ist aber selbst für junge und online affine Menschen oftmals Neuland. Es gibt sehr viele branchenspezifische und erklärungsbedürftige Begrifflichkeiten.

Zudem kann es auch beim Eröffnungs- bzw. Legitimationsprozess ggf. an der einen oder anderen Stelle zu Fragen kommen. Dafür haben wir einen Ansprechpartner zur Verfügung gestellt. Außerdem ist die Zielgruppe von smart-angehen regional. Wir wollen und können uns nicht mit den großen Playern am Markt messen. Viele Menschen aus unserer ländlichen Gegend schätzen deshalb auch einen regionalen Ansprechpartner.

2) Als Besonderheit geben Sie an, dass bei Smart-angehen nicht nur eine digitale Vermögensverwaltung stattfindet. Darüber hinaus heben Sie die regionale Beratung durch Mitarbeiter vor, falls der Kunde dies wünscht. In der Praxis werden allerdings voraussichtlich nur solche Anleger diese Option in Anspruch nehmen, die zumindest nahe der Region Oberpfalz wohnen.

Denken Sie nicht, dass durch die hervorgehobene Beratung ein etwas falscher Eindruck entsteht? Wer beispielsweise als Kunde in Hamburg wohnt, wird kaum die Möglichkeit haben bzw. nutzen wollen, diesen Vor-Ort-Service in Anspruch zu nehmen.

Wir haben ganz klar einen regionalen Fokus, sodass unsere regionalen Kunden diesen Service nutzen können. Kunden aus Hamburg werden selbstverständlich niemals persönlich bei uns vorbeikommen. Allerdings ist das Angebot nicht nur auf einen persönlichen Austausch beschränkt, sondern kann auch jederzeit über ein Telefonat oder eine Videokonferenz stattfinden. Der Kunde soll sich einfach in allen Phasen vom Onboarding-Prozess bis hin zum vierteljährlichen Vermögensreport wohlfühlen und bei Fragen einen konkreten Ansprechpartner haben.

3) Die Anlagestrategie setzt Smart-angehen in allen drei Depotvarianten (defensiv, ausgewogen und dynamisch) durch kostengünstige ETFs um. Aus welchem Grund haben Sie sich für die Exchange Traded Funds und damit gegen aktiv gemanagte Fonds und auch gegen einzelne Aktientitel entschieden, die manche Mitbewerber durchaus zur Umsetzung ihrer Strategie nutzen?

Um kostenseitig gegenüber unseren Wettbewerbern konkurrenzfähig zu bleiben, haben wir uns für den Einsatz von kostengünstigen ETFs entschieden. Die jeweiligen Strategien (defensiv, ausgewogen, dynamisch) managen wir mit unserem hausinternen Handelssystem, welches seit über einem Jahrzehnt in unserem Fonds Einsatz findet und ständig verbessert wird. Einzelne Aktientitel finden in unserem Haus grundsätzlich keine Anwendung, da uns hierfür durch unsere Unternehmensstruktur das Research fehlt.

4) Smart-angehen tritt in der Öffentlichkeit derzeit mit dem Slogan „Sparschweine köpft man immer zu früh“ auf. Was genau möchten Sie den Anlegern damit im Detail sagen? Einmal vorausgesetzt, mit dem Slogan ist in erster Linie gemeint, dass man möglichst langfristig sparen sollte und sein Geld nicht vorzeitig verfügt: Warum denken Sie, dass Anleger diesen Rat bei Smart-angehen befolgen und das Sparschwein nicht köpfen, nachdem sie beispielsweise zwei oder drei Jahre lang Ihre Vermögensverwaltung genutzt haben?

Gerade in Zeiten von Negativzinsen ist es besonders wichtig, sich langfristige Alternativen für sein Geld zu suchen. Genau diese Chancen bietet die langfristige Investition in den Aktienmarkt. Wir wollen den jungen Anlegern damit deutlich machen, dass eine Investition in smart-angehen langfristig am meisten Sinn macht.

Der Zinseszinseffekt und das antizyklische Ausnutzen von Kursschwankungen ist dabei extrem wichtig. Mehr als hinweisen und die Wichtigkeit dieser Thematik darstellen können wir allerdings auch nicht. Eine Garantie, dass das Sparschwein bereits nach zwei oder 3 Jahren ggf. zu früh geköpft wird, gibt es nicht.

5) Das Management-Geld ist bei Smart-angehen in der Höhe abhängig von der zugeordneten Anlagestrategie und beläuft sich auf 0,79 Prozent beim defensiven bis zu 0,99 Prozent beim dynamischen Depot. Aus welchem Grund muss der Anleger beim dynamischen Depot mit einer Aktienquote von bis zu 100 Prozent exakt 0,2 Prozent im Jahr mehr an Gebühren als beim defensiven Depot zahlen, bei dem die Aktienquote sich maximal auf 30 Prozent beläuft? Immerhin wird in allen Fällen mit ETFs gearbeitet, unabhängig davon, ob die Aktienquote bei 30, 60 oder 100 Prozent liegt.

Eine Abstufung in den verschiedenen Strategien hängt überwiegend mit dem Aufwand des Depotmanagements zusammen. Im dynamischen Depot ist in der Regel die Aktivität am höchsten. Durch den erhöhten Aktienanteil können auch deutlich mehr Handelsideen umgesetzt werden. Zudem finden im dynamischen Depot auch deutlich häufiger Anpassungen an den Aktienquoten, als im Vergleich zur defensiven Strategie, statt. Aufgrund dieses erhöhten Managementaufwands haben wir uns für leicht unterschiedliche Gebührenmodelle entschieden.

6) Auf welcher Grundlage wählt Smart-angehen die passende Anlagestrategie für den jeweiligen Anleger aus? Welche Daten, Zahlen und Fakten legen Sie zu Grunde, damit Sie jedem Kunden die für ihn möglichst optimal passende Strategie und das damit zusammenhängende Portfolio zuordnen können?

Grundlage für den Investmentprozess stellt unser hausinternes Handelssystem dar. Durch dieses System wird die Aktienquote für die jeweiligen Strategien bestimmt. Allerdings behalten wir uns als langjähriger Vermögensverwalter vor, auch aktiv in dieses Handelssystem einzugreifen und auf außergewöhnliche Marktumstände zu reagieren. Deswegen haben wir auch bewusst auf den Einsatz von Algorithmen verzichtet.

7) Bei Smart-angehen können Kunden weder Gemeinschaftskonten eröffnen noch wird ein Depot für Kinder angeboten. Sie begründen das damit, dass bei der Registrierung eine Geeignetheitsprüfung vorgenommen wird und diese nur für Einzelpersonen erfolgen kann bzw. durch Abfrage der aktuellen Lebenssituation Kinder keine Depotinhaber sein können. Die Argumentation können wir in der Form nicht ganz nachvollziehen. Wenn Sie für einen Depotinhaber bzw. bei Einzelkonten eine
Geeignetheitsprüfung durchführen können, könnten Sie dies doch genauso für eine zweite Einzelperson tun?! Können Sie uns daher erläutern, worin genau das Problem aus Ihrer Sicht besteht, das dazu führt, dass weder Gemeinschaftskonten noch Depots für Kinder angeboten werden?

Theoretisch haben Sie mit Ihren Aussagen Recht. Allerdings stellt dies in der Praxis hohe Herausforderungen in der technischen Durchführung der Videolegitimation bei mehreren Beteiligten dar. Dafür wären aktuell aufwändige Anpassungen an der Onboarding-Strecke notwendig. Wir haben deshalb (vorerst) auf Gemeinschafts- und Kinderdepots verzichtet.

8) In den FAQs beantworten Sie unter anderem die Frage danach, ob auch Kunden außerhalb von Deutschland den Service von Smart-angehen nutzen können mit nein. Sie begründen dies mit der steuerlichen Behandlung. Würden Sie uns diesen Punkt bitte etwas näher erläutern, denn zahlreiche Mitbewerber akzeptieren zumindest Kunden aus dem gesamten EU-Raum und beschränken sich nicht nur auf Deutschland.

Da wir uns auf eine regionale Zielgruppe konzentrieren, haben wir uns dafür entschlossen, unser Angebot ausschließlich für Kunden innerhalb von Deutschland anzubieten. Die Chance, als kleiner inländischer Vermögensverwalter Kunden außerhalb Deutschlands zu akquirieren, geht gegen Null. Den zusätzlichen Aufwand und die zusätzlichen regulatorischen Kosten, um für andere EU-Länder zugänglich zu sein, haben wir uns aus den genannten Gründen gespart.

9) Gibt es bei Ihrem Angebot aus Ihrer Sicht ein Alleinstellungsmerkmal, welches potentielle Kunden kennen sollten? Worin unterscheiden Sie sich von Ihren Mitbewerbern, sodass Anleger sich für Smart-angehen und nicht für einen anderen digitalen Vermögensverwalter entscheiden sollten?

Das Alleinstellungsmerkmal ist unsere digitale Vermögensverwaltung in der Region. Wir haben auch explizit mit dem Slogan „smart-angehen, die Initiative für eine digitale Form der Geldanlage in der Oberpfalz“ geworben. In unserer insgesamt immer noch recht ländlichen Region mit einem sehr zurückhaltenden Investitionsverhalten, was das Thema Aktien und Fonds angeht, hat diese Dienstleistung ein absolutes Alleinstellungsmerkmal und bietet innerhalb der Region einen extremen Mehrwert in Zeiten von negativen Realzinsen!

10) Eine Frage zum Abschluss: In welcher Position sehen Sie Smart-angehen in fünf Jahren? Wie wird sich Ihrer Meinung nach der Markt der Robo-Advisors zukünftig entwickeln? Wie könnte sich das Kundenverhalten ändern, auf welches Sie vielleicht reagieren müssten?

Smart-angehen ist für die R&M Vermögensverwaltung nur ein kleines Zusatzangebot. Wir wollen jungen und online affinen Anlegern die Möglichkeit geben, dies transparent bei einem regionalen Vermögensverwalter tun zu können. Der Markt der Robo-Advisor war, ist und bleibt extrem umkämpft und margenschwach. Es ist sehr schwer, langfristige Kundenbeziehungen aufzubauen. Insgesamt glauben wir nicht an einen rasant wachsenden Robo-Advisor Markt, sondern eher an eine Konsolidierung von 2-3 großen Playern, deren Profitabilität erstmal nachhaltig bewiesen werden muss.

Zu guter Letzt 

Herr Lingl, wir danken recht herzlich für dieses Interview!

Zur Person Florian Lingl

Florina Lingl ist Kundenberater der R&M Vermögensverwaltung und verantwortlicher Ansprechpartner für das Robo-Advisor Angebot “Smart angehen”. Vor seiner Anstellung bei R&M arbeitete er unter anderem für PriceWaterhouseCoopers. Zudem war er wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Regensburg im Fachbereich Investitionslehre. 

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Oliver S.

Oliver ist der Journalist im Team. Ausgebildeter Banker (Hypo Vereinsbank), hat hohes Maß an spezifischem Finanzwissen und ist einer der bekanntesten Schreiberlinge in der Finanz-Szene. Oliver hat so unter anderem auch für die Huffington Post geschrieben. Zudem war er auch als Redakteur für FTD.de (ex Financial Times Deutschland) tätig. Also eine echte Bereicherung für das Team. Kümmert sich hier um alles, was mit dem Thema Finanzwissen, Interviews und News zu tun hat. Oliver ist verheiratet, hat Kinder und lebt in Nordrhein-Westfalen.
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