Ginmon Interview

Im Gespräch mit Lars Reiner/ CEO Ginmon

Ginmon - ohne Zweifel einer der Pioniere, was digitale Kapitalanlage-Angebote in Deutschland betrifft. Und doch als kleinerer Anbieter wahrgenommen. Warum ist das so? Diese und 9 weitere Fragen haben uns beschäftigt. Also Zeit für ein Gespräch. Gründer und CEO Lars Reiner stand uns hierzu freundlicherweise Rede und Antwort - das Ginmon Interview.

16. August 2021 | Markus G.

Ginmon gilt mit seinem digitalen Kapitalanlage-Angebot zweifelsohne zu den Pionieren im deutschen Robo-Advisor Markt. Und das Unternehmen, das bereits seit mehr als 6 Jahren besteht, hat sich seitdem konsequent weiterentwickelt ohne dabei jedoch den Fokus auf sein Kerngeschäft zu verlieren. Große Kooperationen? Fehlanzeige – ebenso wie eine übermäßige Aktivität beim Thema Marketing. Stattdessen absolute Konzentration auf den Anleger, dem vor allem mit höchstmöglicher Transparenz, umfangreichem Informationsangebot und geringen Einstiegssummen die Welt des Investments nahegelegt wird.

Was sich letztendlich bei einem Blick auf die Höhe der, seitens Ginmon verwalteten Kundengelder bestätigt. Wachstum um jeden Preis?  Eher nicht! Denn mit einer niedrigen 3-stelligen Summe rangiert das FinTech unter allen Anbietern eher im Mittelfeld und dies trotz mehreren Jahren Aktivität im hiesigen Robo-Advisor Markt. Stellt sich also die Frage, warum das so ist? Ist langsames kontrolliertes Wachstum Teil der Unternehmensstrategie von Ginmon? 

Und bei wem ist solch eine Frage besser platziert als beim Gründer und CEO des FinTechs, Lars Reiner. Also mal wieder Zeit für ein persönliches Gespräch. Und so freuen wir uns nach einigem Hin und Her nun das langersehnte Ginmon Interview präsentieren zu können.   

Das Ginmon Interview: Herr Lars Reiner, Gründer und CEO der Ginmon Vermögensverwaltung GmbH

 

1.) Ginmon gilt mit seiner Gründung im Jahr 2014 als einer der Robo-Advisor, die den Markt hierfür in Deutschland begründet haben. Dabei haben sie anfangs als Finanzanlagevermittler agiert und erst im Jahr 2017 den „Wandel“ hin zu einer echten Vermögensverwaltung vollzogen. Warum fand dies erst 3 Jahre nach der Gründung von Ginmon statt und nicht schon früher? Hätte Ihnen ein „agieren“ als Bafin-zugelassene Online-Vermögensverwaltung nicht von Beginn an mehr Optionen geboten, ihren Handlungsrahmen zu erweitern?

Als Finanzanlagenvermittler ohne Bafin-Lizenz müssen Sie vor jeder Transaktion die Zustimmung des Kunden einholen. Was vom Gesetzgeber gut gemeint ist, führt bei Strategien wie unserer aber zu einer schlechteren User Experience. Insofern hat uns die Erteilung der BaFin-Lizenz 2017 natürlich ganz neue Möglichkeiten eröffnet, ohne die wir unsere heutige Produktpalette gar nicht anbieten könnten. 

So eine Lizenz erfordert viel Vorarbeit und Geduld, das ist nicht vergleichbar mit der Erteilung einer Lizenz zur Anlagenvermittlung. Daher hatten wir uns zur Gründung entschlossen mit der “kleinen” Lizenz als Vermittler zu starten und die “große” BaFin-Lizenz dann parallel zu beantragen.

2.) Ginmon gilt mit etwas über 100 Millionen Euro Assets under Management im Vergleich zu Mitbewerbern wie Oskar (etwas über 120 Millionen AuM), die mit ihrem Angebot deutlich später gestartet sind, eher als Anbieter im Mittelfeld. Woran liegt das in ihren Augen? Fühlen sich von ihrem Angebot aufgrund der geringen Einstiegssumme mehr Kleinanleger angesprochen?  Immerhin bieten sie einen Einstieg ab 0 € an.

Wir haben Ginmon von Beginn an mit dem Ziel gegründet, jedermann den Zugang zu einer professionellen Vermögensverwaltung zu ermöglichen. Dazu gehören Kleinanleger genauso wie vermögende Privat- und Firmenkunden. Natürlich ist die Möglichkeit bereits mit kleinen Beträgen investieren zu können auch für Kleinanleger interessant. 

Gleichzeitig ist Ginmon jedoch auch für viele Hochvermögende die präferierte Vermögensverwaltung, z.b. Durch exklusive Services wie Depotchecks, Steuergestaltung mit Experten aus unserem Netzwerk und vieles mehr. Dass wir mit dieser Strategie richtig liegen, bestätigt sich scheinbar durch unser aktuelles Wachstum. Seit Ihren Recherchen sind wir nämlich schon wieder um 100% gewachsen.

3.) Mit einem direkten Bezug zur vorherigen Frage: Sie sind in den letzten Monaten sehr aktiv im Bereich der Webinare (Online-Expertenabend), in denen sie über allgemeine Themen der Geldanlage, über die Altersvorsorge bis hin zur aktuellen Corona-Krise informieren. Was war die Intention, solche Online-Informationsabende zu veranstalten und wie erfolgreich sind ihre Expertenabende für sie als Instrument der Kundengewinnung?

Wir haben schon vor der Pandemie gemerkt, dass unsere Kundinnen und Kunden trotz einem hohen Grad der Automatisierung den persönlichen Kontakt zu uns schätzen. Die Expertenabende sind deshalb vor allem auch ein weiterer Baustein in unserem Service für Bestandskunden. 

Wir haben jedoch auch gemerkt, dass viele potenzielle Neukunden sich gerne zunächst einen Eindruck von Ginmon, durch eben durch diese Online-Events machen, bevor sie dann ein Depot bei uns eröffnen. Insofern sehen wir diesbezüglich schon einen spürbaren Effekt in der Neukundengewinnung.  

4.) Zahlreiche Mitbewerber von Ginmon forcieren die eigene Geschäftsentwicklung, in dem sie Kooperationen mit anderen Unternehmen eingehen. Beispielsweise in Form von B2B / B2C Kooperationen wie Scalable – Barclays sowie Santander Group, B2B wie Investify Tech, Growney mit Finmarie, Signal Iduna AM etc. Ginmon selbst ist bis dato lediglich eine Kooperation mit der Mercer Management GmbH eingegangen. Stellt sich Frage, ob das Thema Kooperationen nicht weiterverfolgt wird? Wenn ja, warum nicht? Oder gibt es hier durchaus das Bestreben weiterer Kooperationen abzuschließen, es konnte jedoch bis dato kein weiterer Partner gefunden werden? Und wenn, ja: Woran liegt das Ihrer Meinung nach?

Bezüglich unserer Partnerschaften setzen wir auf Qualität statt Quantität. Wir wissen genau, dass wir nur eine limitierte Anzahl an Kooperationen eingehen können, ohne dass wir den Fokus verlieren. Außerdem steht unser B2C Angebot immer noch an erster Stelle, dies darf durch einen zu starken Fokus auf Partnerschaften nicht in Mitleidenschaft gezogen werden.

Unser Angebot an Arbeitgeber, z.b. über Mercer, gehört dabei allerdings zu einem unserer definierten Fokus-Bereiche. Es geht hier nicht nur um die Kooperation als solche, sondern das große Thema “Financial Wellbeing”. Arbeitgeber erhalten durch uns ganz neue Möglichkeiten und Alternativen, den privaten Vermögensaufbau und die Altersvorsorge der Mitarbeiter zu unterstützen – über das reine Angebot einer betrieblichen Altersvorsorge hinaus.

Darüber hinaus sind wir allerdings auch in regelmäßigen Gesprächen mit Banken, Versicherungen und klassischen Finanzdienstleistern und werden zu gegebener Zeit auch weitere Partnerschaften ankündigen, wenn diese tatsächlich auch in die Realisierung gehen.

5.) Kommen wir zu ihrem Robo-Advisor Angebot selbst: Sie konzentrieren sich auf ihrer Webseite sehr darauf herauszustellen, dass ihre Apeiron genannte Technologie eine gewisse Überlegenheit gegenüber den „anderen“ Robo-Advisorn aufweist. Erklären Sie dem interessierten Anleger doch bitte worin sich diese, ihrerseits kommunizierte Überlegenheit der Apeiron Technologie, darstellt?

Unser Portfoliomanagement “apeiron®”  ist eine Technologie, die die evidenzbasierte Vermögensverwaltung vollständig automatisiert und emotionale Fehlentscheidungen eliminiert. Dabei wird das Vermögen unserer Kundinnen und Kunden Faktor-Investing-Modell des Nobelpreisträgers Prof. Eugene Fama angelegt. 

Darüber hinaus hat die Technologie zahlreiche Optimierungen auf Lager, die menschliche Vermögensverwalter einfach nicht bieten können. Mit unserer Steueroptimierung “apeironenhance” wird beispielsweise ihr jährlicher Steuerfreibetrag automatisch abschöpft und ausgenutzt. Dadurch verschenken unsere Kunden nie wieder ungenutzte Freibeträge. Dies ist ein Service, den keiner unserer Mitbewerber bietet.

6.) Womit sich auch gleich die folgende Frage ergibt: Ginmon selbst konnte beispielsweise im Performance-Vergleich von Biallo im Jahr 2019 Spitzenplätze bei den, auf Jahresbasis erzielten Renditen erzielen. Doch in der Gesamtbetrachtung des Corona-Jahres 2020 landete Ginmon mit einer Performance von -0,9 % im Vergleich zu den Mittbewerbern im hinteren Drittel. Woran lag das Ihrer Meinung nach? Hat ihr Risikomanagement „versagt“?

Gerade zu Anfang der Corona-Pandemie haben amerikanische Tech-Aktien einen regelrechten Höhenflug erlebt. Produktportfolios, in welchen diese überproportional vertreten sind, haben deshalb für den Moment besser performed, das ist unbestritten. Diese starke Fokussierung auf den US-amerikanischen Technologiesektor ist wie jede unzureichende Streuung ein Fehler, der sich auf lange Sicht in aller Regel nicht auszahlt. Aus dem Grund setzen wir bei Ginmon auf die bereits erwähnte starke Streuung nach Ländern und Sektoren.

Dass dies langfristig die beste Strategie ist, zeigt auch der kürzlich erschienene Echtgeldtest, aus welchem Ginmon mittlerweile auch über 5 Jahre hinweg als digitaler Vermögensverwalter mit der höchsten Rendite hervorgegangen ist. Hierzu hatte auch die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung kürzlich einen Artikel veröffentlicht. 

7.) Wenn es neben Corona derzeit im Investment-Bereich ein Thema gibt, dann jenes der Nachhaltigkeit. So bietet seit Kurzem auch Ginmon nachhaltige Anlagestrategien an. Hierzu ergibt sich die Frage, warum sie das Thema nachhaltige Geldanlage aufgenommen haben? Warum sollte sich ein Anleger ausgerechnet für die nachhaltigen Anlagestrategien von Ginmon entscheiden, wenn doch mittlerweile auch andere Anbieter wie VisualVest, fintego etc. ebenfalls diesem „Trend“ folgen?

Tatsächlich waren wir bei Ginmon mit unseren nachhaltigen Investmentstrategien “apeirongreen” später dran als unsere Mitbewerber. Dies liegt jedoch daran, dass wir es im Gegensatz zu vielen anderen richtig machen wollten. Wenn Sie sich die zumindest auf dem Papier nachhaltigen Produkte von manchen Vermögensverwaltern oder Banken anschauen, dann müssen Sie leider feststellen, dass die mit Nachhaltigkeit genauso viel zu tun haben wie ein Kreuzfahrtschiff. 

Dies hat uns persönlich sehr geärgert, vor allem da die entsprechenden Anbieter oft noch horrende Gebühren von ihren Anlegerinnen und Anleger verlangen und somit deren Gutmütigkeit doppelt ausnutzen.

Bei Ginmon haben wir es geschafft, die tatsächlich strengsten ESG- und SRI-konformen ETF-Portfolios eines deutschen digitalen Vermögensverwalter anzubieten. Dafür verlassen wir uns nicht auf die Strategie, einfach besonders umweltschädliche Unternehmen auszuschließen, sondern verfolgen aktiv einen Impact-Investing Ansatz

So investieren unsere Anlegerinnen und Anleger z.B. in Greenbonds, Entwicklungsbanken oder klimaeffizient gebaute Immobilien. Darüber hinaus schaffen wir es durch Maßnahmen wie etwa unseren “Low carbon filter”, 70 % Emissionen gegenüber der Benchmark einzusparen und so den Greenwashing-Effekt zu bekämpfen.   

8.) Auch sie setzen das Thema Nachhaltige Anlagestrategien mittels ETFs um. Nun gibt es jedoch zahlreiche Kritiker dahingehend, dass selbst ESG geratete ETFs eben nicht zu 100 % nachhaltig seien. Sie argumentieren, dass echte nachhaltige Anlagestrategien nur in Form aktiv gemanagter Fonds umgesetzt werden können. Was entgegnen sie solchen „Einwänden“, wenn diese beispielweise von einem potenziellen Anleger an sie gerichtet werden?

Die gleiche Argumentation wurde bereits in Bezug auf klassische Geldanlagestrategien angeführt, als digitale Vermögensverwalter auf dem deutschen Markt aktiv wurden. Uns ist bewusst, dass die Mär vom angeblichen Vorteil aktiv gemanagter Fonds sich hartnäckig hält, jedoch ist dieses Argument wissenschaftlich nicht belastbar. 

Schon bei der klassischen Geldanlage hat sich mittlerweile gezeigt, dass eine passive Strategie ohne aktives Zutun eines Fondsmanagers langfristig immer die bessere Wahl ist und es gibt keinen Grund, warum dies nun bei ESG-konformen Investments plötzlich anders sein sollte.

9.) Ebenfalls seit Kurzem bieten sie besondere Service-Pakete, die an verschieden hohe Anlagesummen gekoppelt sind, an, womit sie letztendlich auch den Wandel hin zu einem hybriden Robo-Advisor Angebot vollziehen. Reagieren sie hiermit auf einen erkannten Bedarf an solchen persönlichen Beratungs- und Full-Service Angeboten?  Riskieren sie damit nicht einen höheren internen Kostenaufwand?

Wir hatten schon vor dieser Ankündigung immer ein offenes Ohr für unsere Kundinnen und Kunden, egal ob sie 50 € oder 500.000 € bei uns angelegt hatten. Über Telefon oder Mail waren und sind wir natürlich für alle immer erreichbar. Beim Ausbau des persönlichen Beratungsangebotes geht es deshalb in erster Linie darum, den gesteigerten Beratungsbedarf von Anlegerinnen und Anlegern zu decken, die hohe bis sehr hohe Beträge über Ginmon investieren. 

Denn je höher die angelegte Summe ist, desto mehr Fragen treten generell rund um das Thema Vermögensverwaltung auf, etwa zur Steuergestaltung, zum Stiftungsmanagement oder einer möglichen Erbschaft. Die damit verbundenen Aufwände sind selbstverständlich existent, hindern uns jedoch aufgrund klarer Prozesse und Standards nicht an der Skalierbarkeit unseres Geschäftsmodells.

10.) Zu guter Letzt: Einige der Mitbewerber haben sich aus dem deutschen RoboAdvisor Markt, ob wohl dieser das größte Marktpotenzial in Europa darstellt, wieder zurückgezogen. So zuletzt mit Moneyfarm ein durchaus namhafter Anbieter.  Wie sehen sie den deutschen Markt aktuell? Sehen sie Anzeichen einer Marktbereinigung in den nächsten 2-3 Jahren? Und wo sehen sie Ginmon selbst in den nächsten Jahren?

Der Markt für digitale Vermögensverwalter wird in naher Zukunft erst mal noch wachsen. Denn vor allem in Deutschland entdecken Privatanlegerinnen und Privatanleger den Kapitalmarkt gerade erst für sich und möchten bei diesem Schritt einen verlässlichen Partner an ihrer Seite wissen. Auch das Thema bAV und Kapitalmarkt wird uns in den nächsten Jahren noch stark beschäftigen.

Natürlich wird es auch dazu kommen, dass Akteure den deutschen Markt wieder verlassen oder ihr Geschäft ganz aufgeben, aber das ist ja nichts Außergewöhnliches für eine Branche im Umbruch. Mit Ginmon werden wir uns in den nächsten 5 Jahren darauf konzentrieren, beim Thema Vermögensaufbau und Altersvorsorge mit ETFs, die klare Nummer 1 der digitalen Vermögensverwalter zu werden, sei es durch passende Produkterweiterungen oder neue Vertriebskanäle. Als beliebtester digitaler Vermögensverwalter in Deutschland – wenn man Google und Trustpilot Bewertungen als Referenz nimmt – sind wir hier wohl bereits auf einem guten Weg.  

Zu guter Letzt

Herr Reiner, wir bedanken uns vielmals bei Ihnen das Interview

Zur Person >> Lars Reiner / Ginmon

Bevor Lars Reiner 2014 gemeinsam mit Ulrich Bauer das Fintech Ginmon gründete, war er als Management-Berater für die Deutsche Bank tätig. Unzufrieden über die dort angebotenen Finanzprodukte, entwickelte er gemeinsam mit seinem Geschäftspartner eine vollautomatisierte Plattform für die digitale Altersvorsorge. Mit evidenzbasierten Entscheidungen und dem maximalen Kundenvorteil im Blick möchte er Ginmon-Kund:innen zu Stabilität und Unabhängigkeit bis ins hohe Alter verhelfen

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Markus G

Markus ist der “Kopf” des Teams. Ideengeber, Vermarkter, Redakteur und irgendwie an allem auf diesem Portal beteiligt. Ohne ihn würde es dieses Portal so nicht geben. Eine Idee – entstanden aus dem persönlichen Interesse an FinTech und nun langjähriger Erfahrungen in der Finanz-Szene. Zudem ist Markus Kolumnist auf zahlreichen Online-Plattformen – vor allem im englischsprachigen Raum (The Verge, Talkmarkets, Stockopedia, aber u.a. auch auf Focus.de
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