VZBV Forderung nach mehr Regulierung: Was sagen die Robo-Advisor?

In unserem ersten Artikel zur Forderung des Bundesverbandes Verbraucherschutz (VZBV) nach mehr Transparenz und damit einhergehender Regulierung durch BaFin und Co. bei Angeboten zur digitalen Geldanlage (Robo-Advisor) haben wir unsere Sicht der Dinge kundgetan. Wir kamen dabei zu dem Schluss, dass die Forderung des VZBV mehr realitätsfremd als verbraucherorientiert ist. Da unsere Auffassung der Forderung jedoch keinesfalls irgendeine Art von allgemeiner Verbindlichkeit etc. haben soll und darf, macht es natürlich Sinn, diejenigen direkt zu befragen, welche durch die Forderung direkt betroffen wären – die, im deutschen Markt aktiven Robo-Advisor. Genau diesem Gedanken sind wir gefolgt und haben einige Robo-Advisor um ein entsprechendes Statement zur Forderung des VZBV gebeten. Statements, die wir nun hier veröffentlichen.

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Markus G

Zuletzt aktualisiert am: 17. Juli 2023

VZBV Transparenz Forderung - Reaktion der Robo-Advisor

8. August 2018

Im Folgenden also die Kommentare einiger jener Anbieter, die stellvertretend für den Robo-Advisor Markt stehen.

Die Statements der Robo-Advisor zur Transparenz und Regulierungs-Forderung des VZBV

Thomas Vittner / moomoc (nicht mehr aktiv): 

„moomoc ist absolute Transparenz ein großes Anliegen. Das beginnt bei einer aktuellen Darstellung unserer historischen Renditen, die wir online in unserem Anlage-Universum abbilden und zweimal täglich aktualisieren.

Denn schließlich will niemand die Katze im Sack kaufen und letztlich ist es die Rendite, die für den Anleger zählt und nach der er seine Entscheidung ausrichtet. Weiterhin hat jeder Kunde in seinem Online moomoc User Account die Möglichkeit, seinen Kontostand sowie jede offene Position in Echtzeit zu beobachten. Angezeigt werden beispielsweise Quantität (Stückzahl), Kaufdatum sowie aktueller Profit oder Verlust der jeweiligen Aktie. Auch besteht die Möglichkeit, alle Änderungen online durchzuführen und den Status der Beantragung schrittweise mitzuverfolgen.

Die Algorithmen selbst, also die Handelslogiken der Anlagestrategien und der Prozess der Produktauswahl müssen natürlich unter strengstem Verschluss bleiben, weil Sie absolutes Betriebsgeheimnis sind und unsere Geschäftsgrundlage bilden. Das muss man sich wie das Coca Cola Rezept vorstellen, welches ja auch gut gehütet wird.

Auch wenn die technische Umsetzung aller regulatorischen Vorschriften im Onboarding der Kunden nicht einfach war, ist es uns besonders wichtig vor allem der Eignung des jeweiligen Kunden zu entsprechende Veranlagungsvorschläge elektronisch – und was besonders wichtig ist – ohne jedwede Beeinflussung zu erarbeiten. Damit erfüllen wir alle regulatorischen Notwendigkeiten obwohl abschließend erwähnt sei, dass die Finanzaufsicht ohnehin jederzeit Prüf- und Einsichtsrecht in alle zur Anwendung kommenden Algorithmen besitzt.

Dirk Fischer / Truevest:

„Wir bei truevest können die Nachfrage der Verbraucherzentrale zur Offenlegung der Algorithmen und somit einer höheren Transparenz nachvollziehen. Da wir als Exote im Robo-Advisor-Markt ja auf die menschliche Management-Kompetenz mit ergänzendem transparenten Risikomanagement aus der Charttechnik setzen, sind wir hier nicht betroffen und beobachten diese Diskussion um die rein technologisch aufgestellten Mitbewerber interessiert. Wir können aber bestätigen, dass viele truevest-Anleger nach eigenen Aussagen u.a. auch für eine Anlage über unseren Robo entschieden haben, weil sie dem Thema intransparente Algorithmen eben nicht vertrauen. Vermutlich wurde truevest auch deshalb in dem angeführten eher ernüchternden Stiftung-Warentest-Robo-Check von 14 Mitbewerbern aussen vor gelassen. Schade, denn wir hätten genau die vom Verbraucherschutz kritisierten Punkte geliefert.

Insgesamt erstaunt aber schon, dass gerade eine Institution, die ständig eine kostengünstige Geldanlage möglichst ohne Beratungshonorierung gefordert hat, exakt dieses Angebot nun attackiert. Das ist schon ein logischer Bruch. Denn eine stärkere Regulierung der Robos wäre im Rahmen von MIFID II problemlos möglich gewesen. Dort wurde exakt dieser Investitionsweg nach meiner subjektiven Meinung aber politisch bewusst begünstigt, da er eben genau die vom Verbraucherschutz und Finanzministerium geforderten Kernpunkte bietet. Somit ist der bisherige und nun kritisierte Status Quo nicht von den Robos verursacht, sondern basiert ganz simpel auf den gesetzlichen Vorgaben.

Und noch ein letzter Punkt. Auch die hier nun so vehement eingeforderte „Beratung“, die ein Robo auf einmal möglichst perfekt leisten soll, lässt einen schon ein wenig erstaunen. Denn, ein Robo ist „ein technisches Tool für Selbstentscheider“, die ausdrücklich keine ansonsten mögliche Beratung wollen, sondern sich selbst ihre Anlageentscheidung zutrauen und dafür aber die niedrig möglichsten Kosten wollen.

Die vier truevest-Anlagestrategien könnte ein Anleger nämlich beispielsweise genauso auf dem „Beratervertriebsweg“ mit deckungsgleichem Inhalt, aber deutlich höheren Kosten erwerben. Diese Entscheidung liegt beim Endverbraucher somit selbst. Und nun im Umkehrschluss das technische Abwicklungstool an seiner “Beratungsqualität“ zu messen, hat schon etwas von völliger Absurdität.“

Arthur Vott / Fundamental Capital (nicht mehr aktiv):

„Unserer Ansicht nach haben Robo-Advisor durch den Einsatz von Algorithmen die Anlageentscheidungen für einen Kunden erst nachvollziehbar gemacht. Gerade weil wir auf Technologie setzen, gibt es bei uns klare Ursache-Wirkung Zusammenhänge, die sich bei der traditionellen Geldanlage und durch Entscheidungsfindung eines Menschen nur schwer nachweisen lassen. Die meisten Robo-Advisor machen einen guten Job, ihre Systeme und die Strategien, auf die sie bauen, vorab zu erklären und detailliert darzulegen, was eigentlich das Ziel der Anlage ist.

So eine Detailtiefe kriege ich bei keinem Fonds oder Produkt, der mir unter Umständen bei einem traditionellen Anlageberater oder Vermögensverwalter in mein Portfolio gelegt wird. Daher halte ich diese Forderung für höchst unbegründet.“

Felix Röscheisen / Werthstein (nicht mehr aktiv):

„Die digitalen Anbieter sind Vorreiter in Benutzerfreundlichkeit und Verständlichkeit. Mehr Vorschriften führen leider meistens zu mehr Text, Ankreuzfeldern und Verwirrung – zum Nachteil des Kunden. Geldanlage ist nicht Rocket Science und es sollte eigentlich möglich sein, mit wenigen Zeilen eine Geldanlage zu beauftragen. Die Regulierung ist gut gemeint, aber entlang des Weges ist der Kunde leider verloren gegangen.“

Matthias Gehrke / Minveo:

„Eine klare und praktikable gesetzliche Regelung ist sehr wichtig, der Qualitätsstandard muss auf höchstem Niveau sein. Die Position der Verbraucherzentrale adressiert mehrere relevante Aspekte. Aus unserer Sicht sollten dabei verständnis- und vertrauensbildende Maßnahmen im Vordergrund stehen. Darunter zählt eine eindeutige Unterscheidung zwischen Anlageberatung und Vermögensverwaltung, obwohl beides als „Robo-Advice“ tituliert wird. Trotz maßgeblicher Unterschiede wird häufig eine Anlageberatung als eine Vermögensverwaltung umschrieben – für Kunden ist das nur schwer zu unterscheiden.

Zudem sollte eine Verwaltung in der Produktauswahl per se unabhängig agieren und mit MIFID II ist die Rückzahlung von Kickbacks bereits zwingend. Dadurch bestehen keinerlei Anreize für eine bestimmte Zusammenstellung der Portfolios. Der Impuls bezüglich der Qualität der Anlagevorschläge ist interessant, da diese Diskussion meist mit der Brille „Der billigste Anbieter ist auch der beste“ geführt wird und veraltet ist. Niedrige Kosten sind keine Rocket-Science, der reine Kostenblick greift zu kurz. Das Risikomanagement rückt stärker in den Fokus und hiermit die genannten Algorithmen.

Die geforderte Überwachung der Algorithmen erscheint jedoch aufgrund der hohen IT-Komplexität herausfordernd, vor allem bei selbstlernenden Systemen, wie sie Minveo einsetzt. Die Leitplanken werden bei Minveo ohnehin von Menschen gesetzt. Für Kunden bietet digitale Geldanlage handfeste Vorteile. Technologie senkt Kosten und stärkt die menschliche Komponente, indem die Teams von redundanter Arbeit befreit werden und sich stärker um Kunden und Anlagestrategien kümmern können. Dass Technologie zudem Märkte umfassender und emotionsfrei analysiert und so hilft, die Risiken für Kunden zu minimieren, sei da ebenfalls noch kurz erwähnt. Ein Dialog zwischen Mensch und Maschine ist aus meiner Sicht ideal.

Vor diesem Hintergrund sollte das Ziel des Gesetzgebers sein, das Vertrauen in die Gattung der digitalen Geldanlage zu stärken und gleichzeitig die Unterschiede zwischen den Anbietern als auch zu den klassischen Anbietern für Kunden klar und nachvollziehbar zu gestalten. Wir als Anbieter sind hier ebenfalls in der Pflicht. Klare Kategorien und hohe Transparenz helfen Kunden, sich zurechtzufinden und die passende Lösung für sich zu wählen. „

Christian Schneider-Sickert / LIQID:

„Seriöse Robo Advisor, die von der BaFin als Finanzportfolio-Verwalter lizensiert sind, unterliegen den gleichen Anforderungen wie die traditionellen Anbieter. Auch LIQID agiert als Finanzportfolio-Verwalter und unterliegt daher strenger Aufsicht durch Bundesbank und BaFin. Darüber hinaus sind wir Mitglied im Verband unabhängiger Vermögensverwalter, der uns zusätzlich umfassende Verpflichtungen auferlegt.
Wir bieten keine Anlageberatung, sondern verwalten die Gelder für unsere Kunden. Für einen Anlagevorschlag berücksichtigen wir das individuelle Risikoprofil jedes Kunden.

Das Risikoprofil ermitteln wir mithilfe eines wissenschaftlichen Anlegertests, den wir zusammen mit Professoren der Universitäten Zürich und St. Gallen ausgearbeitet haben. Die Investment-Entscheidungen treffen wir in enger Zusammenarbeit mit dem Investment-Team unseres Partners HQ Trust, der Vermögensverwaltung der Familie Harald Quandt. Die Entscheidungen unseres Investment-Teams setzen wir mit Hilfe moderner Technologien effizient, digital und kurzfristig um.

„Ein wichtiger Baustein unseres Angebots ist unser transparentes Preismodell, das Interessenskonflikte ausschließt. Der Kunde zahlt eine Verwaltungspauschale, die sich allein an der Höhe seiner Anlage und dem gewählten Anlagestil orientiert. Erfolgshonorare gibt es bei uns nicht. Da wir grundsätzlich auf Zuwendungen von Dritten wie zum Beispiel Vertriebs- und Bestandsprovisionen oder Kick-Backs verzichten, agieren wir in der Produktauswahl völlig unabhängig. Auf diese Weise stellen wir sicher, dass wir ausschließlich im Interesse unserer Kunden handeln.“

Dr. Olaf Zeitnitz / VisualVest:

„Wir von Visualvest empfinden Verbraucherschutz und Transparenz als sehr wichtig, gleichzeitig sollten Kunden aber nicht überfordert werden. Die Regulierungen sollten sich am jeweiligen Anlagerisiko und Produkt orientieren. Wir glauben, dass Robo Advisor schon jetzt sehr gut verständliche Informationen für viele Anleger bereitstellen – aber nicht für alle. Hier ist auch bei der digitalen Geldanlage Raum für persönliche Beratung, bei der die Robo-Technologie unterstützen kann.“

Unser Fazit

Nun mag man sicherlich nachvollziehen können, das aus Sicht der Robo-Advisor ein Eingriff durch Dritte in das eigene Geschäftsmodell natürlich nicht mit großem Applaus begrüßt wird und demnach ein ablehnender Grundton in den Statements erkennbar ist. Dennoch ist auch erkennbar, das wiederum ein erforderliches Maß an Offenheit hinsichtlich notwendiger Anpassungen an den Bedürfnissen von Kunden gegeben ist. Ein Signal, dass der VZBV in seiner zukünftigen Kommunikation zu diesem Thema vielleicht mal aufgreifen sollte.

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Markus G

Markus ist der “Kopf” des Teams. Ideengeber, Vermarkter, Redakteur und irgendwie an allem auf diesem Portal beteiligt. Ohne ihn würde es dieses Portal so nicht geben. Eine Idee – entstanden aus dem persönlichen Interesse an FinTech und nun langjähriger Erfahrungen in der Finanz-Szene. Zudem ist Markus Kolumnist auf zahlreichen Online-Plattformen – vor allem im englischsprachigen Raum (The Verge, Talkmarkets, Stockopedia, aber u.a. auch auf Focus.de
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