Welchen Wert haben Robo-Advisor beziehungsweise Robo-Advisor Angebote für die Finanzwelt? Die Welt der Finanz-Experten ist zerstritten, was sich seit Wochen in zahlreichen Berichten rund um Robo-Advisor und deren „Existenzberechtigung“ mehr als eindeutig erkennen lässt. Die Einen halten das Thema Robo-Advice und deren Angebote zur digitalen Kapitalanlage schlicht für einen „alten Wein“ in neuen Schläuchen. Die Anderen sind der Auffassung, das die Spezialisten der digitalen Geldanlage dauerhaft den Investment Markt sinnvoll ergänzen werden. Die Frage, die zwischen diesen beiden Positionen steht, ist die, wer letztendlich in seiner Position bestätigt oder eben auch widerlegt werden wird?
Markus G
Zuletzt aktualisiert am: 17. Juli 2023
4. März 2019
Eine Frage, die sich bei realistischer Betrachtung Stand heute nicht beantworten lässt, denn dafür ist die Branche schlicht zu jung und nicht etabliert. Doch anstatt dieser Branche die Zeit zu geben, sich zu entwickeln, eine gewisse Leistungsfähigkeit zu zeigen und damit ihre Berechtigung zu untermalen, wird „gezweifelt, kritisiert und alles in irgendeiner Form in Frage gestellt.”
Anbei ein paar Beispiele hierzu >>
Da wird zudem von einem Verbraucherschutzverband
und so weiter und so fort. Die im Netz auffindbaren „Argumentationen“ zum bereits bevorstehenden Ende des deutschen Robo-Advisor Marktes lassen sich beliebig weit ausführen.
Dem konträr stehen Berichte zahlreicher Finanz-Portale gegenüber, die versuchen, hier mit teilweise deutlich objektiverer Betrachtung, der gesamten Marktsituation gerecht zu werden. Und dabei auch vereinzelt den Vergleich der Robo-Advisor Angebote mit der klassischen Investment-Szene nicht scheuen.
Auch hier ein paar Beispiele >>
Dabei fällt gerade bei den eher positiv ausgelegten Berichten vor allem eine Aussage auf: Jedes Produkt, als was Robo-Advice letztendlich auch betrachtet werden sollte, benötige Zeit, um sich zu entwickeln. Gerade deswegen von Bedeutung, da der Investment-Markt ein sich stetig in Bewegung befindlicher Markt ist. Mit Entwicklungen, die sich nur schwerlich voraussagen lassen und im Grunde eines „ständigen Lernens“ bedürfen.
Insofern dürften sich die Robo-Advisor gerade mal am Anfang ihrer Lernkurve befinden. Was letztendlich auch zahlreiche Robo-Advisor selbst dann doch immer wieder, wenn auch oftmals “zwischen den Zeilen”, verlauten lassen.
Insbesondere bei den Pendants zum Robo-Advisor Business, den klassischen Investment-Beratern zeigt sich Folgendes weltweit zigtausende Male pro Tag bestätigt: Sie machen, trotz aller zur Verfügung stehenden Analyse Methoden, Data Mining etc., Fehler bei ihren Investment-Entscheidungen. Fehlentscheidungen, die schlimmstenfalls Milliarden in kürzester Zeit vernichten. Milliarden, die letztendlich Anlegergelder darstellen und demnach nichts anderes als Verluste sind >> Stichwort: Null-Rendite!
Doch wie reagiert die Szene der Finanz-Experten hierauf? Gar nicht! Wo ist der Aufschrei? Die Kritik, dass die klassischen Fondsgesellschaften gegebenenfalls halt auch mal Kapitalvernichter sind? Nicht performant sind? Zu teuer sind, weil null oder zumindest mal eine schlechte Rendite erzielt wurde? Nein – hier argumentiert man, dass der Investmentberater und / oder die Investmentgesellschaft dahinter, dies mit ihrer Erfahrung schon wieder wettmachen wird! Wirklich? Als Anleger muss sich dann halt einfach mal ruhig hinsetzen und abwarten…ach so.
Aber ein Robo-Advisor Angebot muss performant sein. Ist es nicht, wenn auch nur über einen kaum nennenswerten Zeitraum, ist das Angebot nebst Anbieter schlecht. Gar so weit gehend, das als Schlussfolgerung Robo-Advice generell nichts taugt. Er performt ja nicht. Ist das fair geschweige denn realistisch?
Die wahrgenommene Realität ist, dass Robo-Advisor in der Lage sein sollten gar müssen, aus Millionen von Informationen, die im weltweiten Finanzsektor veröffentlicht werden, im Vorfeld harter Börsenbewegungen, „richtige“ Anlageentscheidungen zu treffen. Entscheidungen, die entweder zur Sicherungen einer bereits erreichten Rendite führen, einen Kapitalschutz gewährleisten oder gar entgegen dem allgemeinen Börsentrend gar Gewinne erwirtschaften. Welche Daseinsberechtigung hätte sonst so ein Geldanlage-Roboter? Er soll doch irgendwie alles besser machen können?
So oder zumindest ähnlich lassen sich die zahlreichen Erwartungshaltungen gegenüber Robo-Advisorn beschreiben. Dabei kann man den potentiellen Anlegern diese Erwartungshaltung im Grunde gar nicht mal übel nehmen, denn erstens verleitet allein die Nutzung des Begriffs „Robo“ zu einer solchen Erwartungshaltung, zweitens wird diese Erwartungshaltung auch kräftig von der Branche selbst geschürt.
In dem Fall bringt sich hier die Robo-Advisor Branche mit ihren teilweise doch sehr vollmundigen Aussagen und Versprechungen auch selbst in Bedrängnis. Zugegeben – wer in einem Markt, der bis dato in Breite überhaupt noch nicht wirklich existiert, um jeden einzelnen Euro Anlegergeld kämpfen muss, kommt als Marktteilnehmer um das Marketing-Mittel des „Marktschreiers“ nicht wirklich herum.
Es ist eine alte Vertriebsweisheit, dass derjenige, der den meisten „Wind macht“ und Kunden mit Ihren Wünschen nach Rendite und Anlagesicherheit „am Besten“ abholt, sich am ehesten am Markt etablieren kann. Aktuell wohl eins der besten Beispiele ist der Robo-Advisor Werthstein, der zum Ende 2018 sein Geschäft eingestellt hat.
Werthstein wurde erst kürzlich in einem Artikel eines Finanzmagazins für sein Robo-Advisor Angebot gelobt. Es sei fair, transparent etc.. Das Scheitern von Werthstein lag somit wohl weder im Angebot selbst als vielmehr in der Tatsache, das zu wenig Kundengelder generiert werden konnten. Also zu wenig “gebrüllt”, zu wenig Präsenz in den Medien, zu wenig aggressives Marketing, keine Kooperationen? Im Umkehrschluss also ein gutes Produkt mit einem Alleinstellungsmerkmal namens “Zeitgeist Investments”, guter Service, aber zu wenig Kundenaufmerksamkeit. Erfolgreiches Marketing? Setzen = Sechs!
Klassisches Gegenbeispiel? Scalable Capital. Vordergründig betrachtet der größte Anbieter mit der wohl mit Abstand größten Werbe-Präsenz (zumeist online), lokalen Büros, Vor-Ort Informationsabende, Webinare, Interviews mit großen Magazinen a la BusinessInsider, Forbes und Co…..Unterstützt von dem größten Hedgefonds der Welt namens Blackrock (wahrgenommener Ritterschlag!), Kooperation mit der ING Bank, White-Label Partner für PIXIT der Targobank und so weiter. Die Wahrnehmung im Markt? Wenn schon Robo-Advisor, dann Scalable Capital. Mögliche Begründung?
“Wenn Blackrock dort investiert, die ING eine Kooperation eingeht und die Targobank auf der Scalable Plattform aufsattelt, dann KANN das Angebot nicht schlecht sein. In einem einfachen Satz ausgedrückt? Der Größte ist auch der Beste!” Ist dem so?
Nein – ist es nicht. Die Performance Zahlen von Scalable sind selbst über einen längeren Zeitraum von nunmehr 36 Monaten (und damit durchaus relevant!) betrachtet alles andere als respektabel – und dass bei wirklich objektiver Betrachtung. Und immer häufiger finden sich in entsprechenden Anleger-Foren und Finanz-Webseiten dies “bestätigende” Negativ-Kommentare enttäuschter Scalable Anleger. Was augenscheinlich nun dazu führt, dass dies zum Anlass genommen wird, eine ganze Branche als „Windmacher“ zu klassifizieren – gemäß dem Punkt, scheitert Einer ist das ganze „Branchen-Modell“ gescheitert. Meinungsbildung a la Gießkanne!
Das auch dies falsch ist, zeigt sich vor allem bei zwei „Experimenten“ – dem sogenannten Echtgeld-Test von Brokervergleich als auch dem Test des Magazins Biallo, welche durch eigene Investments in zahlreiche Robo-Advisor Angebote die Performance verschiedener Anbieter beobachten. Mit interessanten Ergebnissen.
So zeigt sich beim Test von Biallo, dass gerade Scalable bei einer ausgewogenen Anlagestrategie unter den getesteten Anbietern mit einer 36 Monats Performance von 9,83 % den vorletzten Platz belegt. Unternehmen, die mit deutlicher weniger Medien-Präsenz und Werbe-Aktivität auffallen, sind hier auf 36 Monate betrachtet deutlich performanter unterwegs. Allen voran
• GINMON mit 20,87 %
• Whitebox mit 18,04 %
• Wüstenrot mit 16,04 %
gefolgt von Fintego, Quirion als auch LIQID, die alle im zweistelligen Bereich bei der Performance liegen.
Mehr zu den Performance-Daten aus dem laufenden Biallo Performance-Test gibt es hier >> Biallo Robo-Advisor Performance Test
Auch beim Echtgeld Test von Brokervergleich zeigt sich ein ähnliches Bild. Hier ist insbesondere der 2-Jahres Vergleich sehr interessant, denn auch hier bestätigt sich die Aussage, dass der größte Anbieter eben nicht automatisch die beste Performance liefert. Auch in der 2-Jahres Betrachtung fällt Scalable eher negativ auf. Mit einer Performance 0.9 % auf einen Betrachtungszeitraum von 2 Jahren lockt man keinen potentiellen Anleger hinter dem Ofen vor. Auch in dem Echtgeld-Test stechen andere Anbieter mit deutlich besseren Performances heraus. So abermals Ginmon, aber auch vaamo als auch fintego mischen wieder vorne mit.
Mehr zum Verlauf des Echtgeld Test von Brokervergleich gibt es hier >> Brokervergleich Echtgeld Test
Was heißt das nun konkret? Vor allem einmal eins, dass sich Robo-Advisor in einem Markt bewegen, in dem Misstrauen gegenüber neuen Investment Angeboten aufgrund zahlreicher negativer Erfahrungen seitens der Anleger aus der Vergangenheit schlicht existent ist. Die Nachwirkungen aus der globalen Krise 20008 dank Lehman und Co. sind gerade bei zahlreichen Kleinanlegern spürbar und Entscheidungen beeinflussend. Es gilt hier in allererster Linie einmal, das Vertrauen in das Thema Geldanlage an sich zurück zu gewinnen. Eine dauerhafte, ehrliche Aufklärungsarbeit zu leisten, was ein Robo-Advisor aktuell wirklich in der Lage ist zu leisten. Die belegbaren Vorteile eines Robo-Advisors klarer in den Markt zu kommunizieren.
Und zwar völlig losgelöst von irgendwelchem Marketing-Geschwätz, was sich bei genauerer Betrachtung von Fakten (die zumeist andere zu Tage fördern) ohnehin recht schnell als solches entlarven lässt. Womit nicht gemeint ist, dass Marketing schlecht ist – im Gegenteil. Aber es muss eben ehrliche, nachvollziehbare Aussagen beinhalten, welche sich später dann auch in der Realität durch Fakten in Form von Ergebnissen bestätigen lassen.
Und was Transparenz angeht: Die vielfach geforderte Transparenz nicht “einfach” durch Offenlegung von genutzten Algorithmen zu liefern, sondern vielleicht “einfach” mal damit beginnen, deutlich zu machen, das Robo-Advisor nicht gleichbedeutend mit dem Einsatz von Artificial Intelligence, Machine Learning etc. ist und daraus resultierend eben auch eine gewisse Fehlbarkeit hervorgeht! Oder einfach ausgedrückt: Wo Robo draufsteht, ist noch lange nicht Robo drin! Punkt um.
Denn DAS ist die Realität: Zum Einsatz kommen, vereinfacht ausgedrückt, immer noch von Menschenhand geschriebene Algorithmen, die vielleicht auf wissenschaftlichen Erkenntnissen, Theorien etc. basieren, aber eben nicht fehlerfrei sind und aktuell auch nicht sein können.
Das mag sich mit der Entwicklung und einem fortschreitenden Einsatz von AI, Big-Data, Machine Learning etc. vielleicht einmal ändern, aber selbst dann ist dies immer noch keine Garantie für eine außergewöhnliche Performance eines Portfolios. Beispiel gefällig? Hier gibt es gleich zwei davon >> EQUBOT
Vor allem sollten sich Verbraucher als auch die Anbieter von Robo-Advisor Services im Investment-Markt über folgende Tatsachen wirklich bewusst werden:
Die finanziellen Aufwände für Werbung etc. und einem daraus resultierendem Unternehmens-Wachstum sind kein Beleg dafür, dass das damit individuelle Produkt generell gut ist. Und gut heißt nun einmal für das Gros potenzieller Kunden: Sie wollen gute Rendite nach Kosten sehen.
Wer als Robo-Advisor direkt oder indirekt eine Outperformance verspricht oder zumindest den Eindruck eines solchen Versprechens erweckt, muss dann halt auch liefern! Tut er es nicht, ist der schnell gewachsene Kundenstamm auch ebenso schnell wieder weg. Der Schaden für die gesamte Branche kaum revidierbar. Gerade dann, wenn die Branche an sich noch in den Kinderschuhen steckt.
Und für potentielle Anleger Im Besonderen gilt: Wenn das eigene Finanzwissen einem doch klar vor Augen führt, dass bei einem Investment die Ausrichtung auf einen langen Anlagehorizont ein entscheidender Faktor für den erfolgreichen Vermögensaufbau darstellt, warum muss ich dann gerade bei einem Robo-Advisor die Erwartungshaltung haben, das hier innerhalb eines Zeitraumes von 1-2 Jahren Anlagehorizont eine Outperformance stattfinden muss?
Und zu guter Letzt zum vielfach diskutierten Punkt zu hoher Kosten. Kein Service erfolgt kostenlos, schon gar nicht wenn ein Service und nichts anderes ist ein Robo-Advsior Angebot, das Kernstück des Geschäftsmodells darstellt. Klar geht es günstiger, vor allem, wenn man es “selber macht” (Stichwort “Do it yourself” Investor), aber in nicht jedem Verbraucher steckt ein Solcher. Und nicht jeder Verbraucher mit einem Interesse in Bereich Geldanlage möchte sich zu solch einem DIY Investor entwickeln.
Und damit auch die Kritik an zahlreiche Experten da draußen: Kritik ist berechtigt, solange man nicht versucht, sie als Maßstab für eine Art Daseinsberechtigung von Robo-Advisor Angeboten zu platzieren. Kritik ist zumeist individuell und an den eigenen Vorstellungen, Erwartungen und Zielen ausgerichtet. Oder?
Robo-Advisor schließen mit Ihren Kapitalanlage-Angeboten durchaus eine gewisse Lücke im Investment-Markt oder versuchen es zumindest. Und genau DAS lassen sie sich eben bezahlen. Ob man diesen Service letztendlich gewillt ist zu zahlen, obliegt jedem selbst und bei einem Markt von mehr als 25 Angeboten im Markt kann man mittlerweile auch entsprechende Kosten Vergleiche anstellen.
Was bleibt also abschließend zum Thema Robo-Advisor zu sagen? Betrachten wir doch mit etwas weniger Enthusiasmus und mehr Objektivität eine an sich noch junge Branche und geben ihr die Zeit sich zu entwickeln und zu „lernen“. Was sowohl für potenzielle Anleger als auch so manch einen Robo-Advisor Anbieter gilt. Womit sich übrigens auch so manch ein Finanz-Experten da draußen angesprochen fühlen darf.
Markus G
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