Private Equity für Kleinanleger: Was steckt eigentlich im Detail hinter dem neuen Trend von Trade Republic, Scalable Capital und Robinhood? Als Trade Republic im September 2025 sein neues Produkt “Private Markets” vorstellte, war die Resonanz enorm. Ein prominenter Rapper im Werbevideo, ein Versprechen von 12 Prozent Rendite und der Einstieg bereits ab einem Euro – das klang nach einer Revolution. Endlich könnten auch normale Sparer in jene exklusive Anlageklasse investieren, die bisher nur Pensionsfonds, Versicherungen und Superreichen vorbehalten war. Doch ist diese “Demokratisierung” wirklich der große Durchbruch für Privatanleger, oder sollten wir genauer hinschauen?
Markus G
Zuletzt aktualisiert am: 22. Oktober 2025
22. Oktober 2025
Die Finanzbranche erlebt gerade einen bemerkenswerten Wandel. Neben Trade Republic haben auch Scalable Capital und Robinhood ähnliche Angebote auf den Markt gebracht oder angekündigt. Alle versprechen Zugang zu Private Equity – also Beteiligungen an Unternehmen, die nicht an der Börse gehandelt werden. Namen wie SpaceX, OpenAI, Flixbus oder Vinted tauchen in den Portfolios auf. Unternehmen, in die man sonst nicht einfach investieren kann.
Doch während die Neobroker von historischen Renditen von fast 15 Prozent pro Jahr sprechen und die mangelnde Teilhabe von Kleinanlegern am Wirtschaftswachstum beklagen, warnt die Stiftung Warentest zur Vorsicht. Und Finanzexperten stellen eine unbequeme Frage: Warum öffnet sich diese Branche ausgerechnet jetzt für die breite Masse – in einer Phase, in der die Zinsen gestiegen sind und institutionelle Investoren ihre Allokationen überdenken?
Um zu verstehen, warum plötzlich alle über Private Equity für Kleinanleger sprechen, müssen wir einen Blick auf Brüssel werfen. Die Europäische Union hat 2024 eine Reform ihrer ELTIF-Verordnung verabschiedet – eine dieser typischen EU-Regulierungen, die zunächst nach bürokratischem Kleingedrucktem klingen, aber weitreichende Konsequenzen haben.
ELTIF steht für “European Long-Term Investment Fund”, also europäische langfristige Investmentfonds. Die ursprüngliche Version aus 2015 sollte eigentlich schon damals privates Kapital in langfristige Projekte lenken – Infrastruktur, erneuerbare Energien, nicht-börsennotierte Unternehmen. Doch die Hürden waren hoch: Wer einsteigen wollte, brauchte mindestens 10.000 Euro und musste nachweisen, dass er über 100.000 Euro Vermögen verfügte. Das schloss die allermeisten Privatanleger faktisch aus.
Die Reform 2024 hat diese Barrieren niedergerissen. Plötzlich waren keine Mindestanlagesummen und Vermögensnachweise mehr zwingend erforderlich. Auch die Liquiditätsregelungen wurden flexibilisiert. Die EU-Kommission argumentierte, man wolle die Kapitalmarktunion stärken und ungenutztes Privatkapital mobilisieren. Was auf dem Papier nach mehr Teilhabe klingt, hat in der Praxis eine Welle von Produktlaunches ausgelöst, die durchaus kritisch zu betrachten sind.
Christian Hecker, Mitgründer von Trade Republic, trat im September 2025 in bester Steve-Jobs-Manier auf – schwarzes Outfit, weiße Leinwand, große Versprechen. Die Botschaft war klar:
“Langfristiger Vermögensaufbau ist mehr als nur ein ETF-Sparplan.”
Trade Republic wollte vom reinen Broker zum Vermögensverwalter werden und bot seinen über zehn Millionen Kunden etwas Neues an: Zugang zu Private Markets ab nur einem Euro.
Das Berliner Fintech kooperiert dafür mit zwei Schwergewichten – Apollo Global Management aus den USA und EQT aus Schweden. Beide verwalten jeweils einen ELTIF, in den Trade Republic-Kunden nun investieren können. Der Apollo Global Private Markets ELTIF (ISIN: LU3170240538) und der EQT Nexus Fund (ISIN: LU3176111881) versprechen Diversifikation über verschiedene nicht-börsennotierte Unternehmen. EQT nennt zumindest einige Namen: Flixbus, die Secondhand-Plattform Vinted oder das spanische Immobilienportal Idealista. Apollo hält sich bedeckter und verrät nur Branchen und Regionen.
Was Trade Republic besonders bewirbt, ist die angebliche Flexibilität. Normalerweise bedeutet Private Equity, dass das Geld für Jahre gebunden ist. Trade Republic hat deshalb einen internen Marktplatz entwickelt, auf dem Anleger monatlich ihre Anteile handeln können sollen.
Doch hier wird es interessant: Eine Garantie, dass man tatsächlich einen Käufer findet, gibt es nicht. Die Stiftung Warentest formuliert es deutlich:
“Wollen viele Anleger gleichzeitig Fondsanteile verkaufen, haben sie keine Garantie, dass zu jedem Zeitpunkt genug potenzielle Käufer vorhanden sind.”
Dann ist da noch die Frage der Kosten. Trade Republic wirbt mit einer “Marktzielrendite” von 12 Prozent pro Jahr. Auf Nachfrage der Stiftung Warentest erklärte das Unternehmen, es handle sich um “eine Prognose, die die Entwicklung auf Basis historischer Daten sowie marktüblicher Zielrenditen antizipiert.”
Weitere Erläuterungen zur Methodik? Fehlanzeige. Was jedoch klar ist: Die laufenden Kosten der beiden Fonds liegen bei 2,35 Prozent beziehungsweise 2,8 Prozent pro Jahr. Zum Vergleich – ein durchschnittlicher Aktien-ETF kostet 0,1 bis 0,5 Prozent. Hinzu kommt beim Apollo-Fonds noch eine erfolgsabhängige Gebühr.
Rechnen wir das kurz durch: Von den versprochenen 12 Prozent Bruttorendite gehen zunächst rund 2,5 bis 3 Prozent für laufende Kosten ab. Bei einer Performance Fee von beispielsweise 15 Prozent auf Überrenditen würde bei guter Performance noch einmal 1 bis 1,5 Prozent abgezogen. Am Ende bleiben in diesem Szenario etwa 7 bis 8 Prozent Nettorendite – vorausgesetzt, die Zielrendite wird überhaupt erreicht. Eine Garantie gibt es dafür natürlich nicht.
Scalable Capital aus München ging bereits im Februar 2025 mit einem Private-Equity-Angebot an den Start – allerdings mit einer deutlich höheren Einstiegshürde. Wer hier mitmachen will, braucht mindestens 10.000 Euro. Als Partner hat sich Scalable den weltgrößten Vermögensverwalter BlackRock geholt, der mit 450 Milliarden US-Dollar in alternativen Investments erhebliche Expertise mitbringt.
Der BlackRock Private Equity Fund (ISIN: LU2970811951) verfolgt eine sogenannte Co-Investment-Strategie. Vereinfacht gesagt: BlackRock investiert gemeinsam mit anderen führenden Private-Equity-Häusern in deren Deals. Man pickt sich also gewissermaßen die Rosinen heraus. Die Gebührenstruktur ist mit 1,95 Prozent jährlicher Verwaltungsgebühr plus 0,35 Prozent zusätzlichen laufenden Kosten etwas moderater als bei Trade Republic, aber immer noch deutlich höher als bei klassischen Publikumsfonds.
Ein wichtiger Unterschied: Bei Scalable gibt es eine klare zweijährige Sperrfrist ab Fondsauflage. Danach können Anteile quartalsweise zurückgegeben werden – allerdings nur bis zu fünf Prozent des Nettoinventarwerts pro Quartal und 27,3 Prozent der liquiden Mittel des Fonds. Was bedeutet das konkret? In Krisenzeiten, wenn viele Anleger gleichzeitig verkaufen wollen, könnte es eng werden. Orders würden dann anteilig bedient oder auf spätere Quartale verschoben.
Julius Weller, Vice President Broker bei Scalable Capital, argumentiert: “Da alternative Investments wie Private Equity für die Teilhabe am Wirtschaftswachstum immer relevanter werden, machen wir sie nun auch für unsere Anleger zugänglich.” Er verweist darauf, dass in Deutschland über 98 Prozent der umsatzstarken Unternehmen in Privatbesitz sind – darunter viele “Hidden Champions” des Mittelstands. Tatsächlich ist OpenAI, der Entwickler von ChatGPT, Teil des BlackRock-Portfolio. Für viele Anleger ein reizvolles Argument.
Robinhood, die US-amerikanische Trading-App, die 2020 während der Pandemie berühmt wurde, will nun auch mitspielen. Im September 2025 reichte das Unternehmen bei der US-Börsenaufsicht SEC eine Registrierung für den “Robinhood Ventures Fund I” ein.
Das Besondere: Die Fondsanteile sollen an der New York Stock Exchange unter dem Ticker RVI gehandelt werden – theoretisch mit täglicher Liquidität.
CEO Vlad Tenev formulierte die Mission gewohnt vollmundig: “Jahrzehntelang haben wohlhabende Menschen und Institutionen in private Unternehmen investiert, während Kleinanleger unfair ausgeschlossen wurden.” Mit Robinhood Ventures sollen “normale Menschen in Gelegenheiten investieren können, die einst der Elite vorbehalten waren.”
Allerdings hat Robinhoods jüngste Vergangenheit bei diesem Thema durchaus Kratzer. Bereits Anfang 2025 bot das Unternehmen in der EU sogenannte “tokenisierte” Anteile an privaten Unternehmen wie OpenAI und SpaceX an. Das Problem: OpenAI selbst stellte klar, dass diese Token keine echten Unternehmensanteile darstellten. Es waren lediglich Token, deren Preis an den Wert privater Firmenanteile gekoppelt war. Das löste Kontroversen und regulatorische Aufmerksamkeit aus.
Der neue Ansatz über einen SEC-regulierten Closed-End Fund ist konventioneller, bringt aber eigene Probleme mit sich. Bei börsengehandelten geschlossenen Fonds kommt es häufig zu erheblichen Abweichungen zwischen Marktpreis und dem tatsächlichen Nettoinventarwert der gehaltenen Vermögenswerte – manchmal 20 Prozent oder mehr. Bryan Armour von Morningstar warnte deutlich: “Eine hohe Dosis Vorsicht ist erforderlich bei Strategien wie dieser, selbst wenn sie von hoch angesehenen Vermögensverwaltern kommen – was Robinhood nicht ist.”
Eine der größten Herausforderungen für Kleinanleger ist die Intransparenz. Bei einem Aktien-ETF auf den MSCI World weiß man genau, welche 1.400 Unternehmen man kauft. Bei Private Equity ist das anders. EQT nennt immerhin zehn Beteiligungen öffentlich – neben den bereits erwähnten auch Unternehmen wie Nord Anglia Education oder die belgische Belron-Gruppe (Carglass). Apollo hingegen verrät lediglich, dass man “vor allem in Technologie, Finanzdienstleistungen, Industrie und Konsum” investiert, “mit Schwerpunkt USA”. Das war’s.
Diese mangelnde Transparenz hat einen einfachen Grund: Private-Equity-Gesellschaften argumentieren, dass detaillierte Offenlegungen ihre Wettbewerbsposition gefährden könnten. Für Anleger bedeutet das jedoch: Sie geben ihr Geld ab und müssen darauf vertrauen, dass die Fondsmanager gute Entscheidungen treffen. Eine tägliche Überwachung wie bei Aktienkursen gibt es nicht. Die Bewertungen der Beteiligungen erfolgen typischerweise nur quartalsweise und basieren auf Modellen und Schätzungen, nicht auf Marktpreisen.
Das führt zu einem interessanten Phänomen: Private-Equity-Fonds schwanken auf dem Papier deutlich weniger als Aktienfonds. Das liegt aber nicht daran, dass die Investments tatsächlich stabiler wären, sondern schlicht daran, dass die Bewertungen geglättet werden. In der Finanzkrise 2008 brachen Aktienkurse sofort ein, während Private-Equity-NAVs die Verluste erst Monate später widerspiegelten. Manche Anleger finden das beruhigend – andere finden es irreführend.
Hier wird es wirklich interessant. Private Equity hat in den letzten 20 Jahren beeindruckende Renditen erwirtschaftet – laut Burgiss Private Equity Index durchschnittlich 14,9 Prozent pro Jahr netto zwischen 2002 und 2022. Der globale Aktienmarkt (MSCI World) kam im gleichen Zeitraum auf etwa 7 Prozent. Das ist eine erhebliche Outperformance, keine Frage.
Allerdings profitierte Private Equity in diesem Zeitraum von außergewöhnlich günstigen Bedingungen. Von 2009 bis 2021 lagen die Zinsen nahe null. Private-Equity-Gesellschaften konnten sich extrem günstig Geld leihen, um Unternehmen zu kaufen und durch Fremdkapital-Hebel die Renditen zu steigern. Zudem waren Exits über Börsengänge oder Verkäufe an andere Investoren zu historisch hohen Bewertungen möglich.
Seit 2022 hat sich das Umfeld fundamental geändert. Die Leitzinsen in Europa und den USA liegen zwischen 3,5 und 5,5 Prozent. Die Refinanzierung für Portfolio-Unternehmen ist teurer geworden. IPOs sind zurückgegangen – das US-IPO-Volumen lag 2023 etwa 30 Prozent unter dem Niveau von 2021. Viele Private-Equity-Fonds müssen ihre Investments länger halten als geplant, weil attraktive Exit-Möglichkeiten fehlen.
Und genau in dieser Phase öffnet sich die Branche für Kleinanleger. Ist das Zufall? Die Stiftung Warentest formuliert es vorsichtig, aber deutlich: “Dass sich die Branche inzwischen für Kleinanleger öffnet, werten manche Beobachter auch als Hinweis, dass das Geld aus den bisherigen Quellen nicht mehr ausreichend fließt.”
Anders ausgedrückt: Möglicherweise ziehen sich institutionelle Investoren – Pensionsfonds, Versicherungen, Stiftungen – gerade aus Private Equity zurück oder reduzieren ihre Allokationen, weil die Bedingungen schlechter geworden sind. Und nun werden Kleinanleger als neue Kapitalquelle erschlossen. Das wäre nicht das erste Mal in der Finanzgeschichte, dass Retail-Produkten ausgerechnet dann der Zugang zu einer Assetklasse gewährt wird, wenn die besten Zeiten vorbei sind.
Stellen wir uns ein Szenario vor: Es kommt zu einer Rezession, die Aktienmärkte brechen ein, und plötzlich wollen viele Anleger ihre Private-Equity-Anteile verkaufen. Bei Trade Republic loggen sich tausende Kunden ein und versuchen, ihre Positionen über den internen Marktplatz zu veräußern. Doch wer soll auf der anderen Seite kaufen? Wenn alle gleichzeitig raus wollen, wird der Marktplatz nicht funktionieren.
Bei Scalable Capital würde die Fünf-Prozent-Quartalsgrenze greifen. Angenommen, der Fonds hat 500 Millionen Euro Volumen. Pro Quartal könnten maximal 25 Millionen Euro zurückgegeben werden. Bei einem Ansturm würden Verkaufsaufträge auf mehrere Quartale gestreckt – das Geld wäre praktisch für Jahre blockiert.
Diese Problematik ist keine Theorie. Während der Finanzkrise 2008/09 mussten zahlreiche alternative Investmentfonds ihre Rücknahmen aussetzen oder extrem beschränken. Anleger, die glaubten, sie könnten vierteljährlich verkaufen, saßen teilweise jahrelang fest. Auf Sekundärmärkten wurden Anteile mit Rabatten von 20 bis 40 Prozent gehandelt – wenn überhaupt Käufer zu finden waren.
Das EU-Regelwerk für ELTIFs sieht zwar Liquiditätsvorgaben vor, aber in Extremsituationen sind diese nicht viel wert. Die Fonds können Rücknahmen aussetzen, wenn “außergewöhnliche Umstände” vorliegen. Was außergewöhnlich ist, definieren letztlich die Fondsgesellschaften und ihre Aufsichtsbehörden – meist dann, wenn es bereits zu spät ist.
Nach all den kritischen Punkten stellt sich die Frage: Gibt es überhaupt Situationen, in denen diese Produkte sinnvoll sein können? Die Antwort ist: Ja, aber nur für eine sehr spezifische Anlegergruppe.
Nehmen wir das Beispiel von Sarah, einer 38-jährigen Ingenieurin. Sie hat über die Jahre ein Portfolio von 120.000 Euro aufgebaut, investiert in ETFs auf globale Aktien und europäische Staatsanleihen. Ihre Wohnung ist abbezahlt, sie hat ein stabiles Einkommen und einen Notgroschen von 15.000 Euro auf dem Tagesgeldkonto. Sie plant nicht, in den nächsten zehn Jahren größere Ausgaben zu tätigen – keine Immobilie, keine berufliche Selbstständigkeit, keine absehbaren familiären Verpflichtungen.
Für Sarah könnte eine Beimischung von 10.000 Euro (etwa 8 Prozent ihres Portfolios) in einen Private-Equity-ELTIF durchaus Sinn ergeben. Sie diversifiziert damit in eine andere Assetklasse, hat einen langen Anlagehorizont und könnte im Falle eines Totalverlusts diesen verkraften, ohne ihre Altersvorsorge zu gefährden.
Konträr dazu: Tom, 25 Jahre alt, hat gerade seinen ersten Job begonnen und 5.000 Euro angespart. Er überlegt, 1.000 Euro bei Trade Republic in Private Markets zu investieren. Für Tom wäre das keine gute Idee. Er braucht Liquidität, hat noch keine breite Basis an liquiden Investments aufgebaut und sollte zunächst in handelbare, kostengünstige ETFs investieren, bevor er illiquide Nischenprodukte in Betracht zieht.
Die Faustregel lautet: Private Equity sollte niemals die Basis eines Portfolios bilden. Es ist eine Beimischung für Anleger, die bereits ein solides, diversifiziertes Fundament haben, mindestens 50.000 bis 100.000 Euro liquides Vermögen besitzen und wirklich zehn Jahre oder länger auf das investierte Kapital verzichten können.
Wer das Gefühl hat, etwas zu verpassen, sollte wissen: Es gibt schon länger Wege für Privatanleger, indirekt an nicht-börsennotierten Unternehmen zu partizipieren. Einige große Publikumsfonds halten seit Jahren Positionen in privaten Firmen.
Der Fidelity Contrafund (ISIN: US316071 1008), ein 170-Milliarden-Dollar-Gigant, hält etwa 1,6 Prozent seiner Assets in SpaceX – das sind knapp drei Milliarden Dollar. Der Baron Partners Fund (ISIN: US068272 1082) hat sogar 15 Prozent seines Vermögens in SpaceX investiert. Diese Fonds sind täglich handelbar, haben deutlich niedrigere Gebühren als ELTIFs und sind seit Jahrzehnten erfolgreich am Markt.
Es gibt auch Private-Equity-ETFs, die in börsennotierte Private-Equity-Gesellschaften investieren – also in die Unternehmen, die selbst Private Equity betreiben. Beispiele sind die Investmentfirmen KKR, Blackstone oder Carlyle, deren Aktien an der Börse gehandelt werden. Das ist nicht dasselbe wie direkt in einen Private-Equity-Fonds zu investieren, bietet aber Exposure zur Branche mit voller Liquidität.
Die Meinungen in der Finanzbranche sind geteilt. Michael Jäger von Natixis Investment Managers sagte zum Start von Trade Republics Angebot:
“Die News wird einen wahnsinnigen Push für die Retailisierung von Private Markets haben und den Markt ad hoc um ein bis zwei Jahre nach vorne bringen.”
Er sieht darin eine positive Entwicklung zur Demokratisierung von Finanzprodukten.
Auf der anderen Seite steht die klare Warnung von Verbraucherschützern. Die Stiftung Warentest urteilt:
“Investitionen in Private Equity sind eventuell kaum handelbar, intransparenter und teurer als Investitionen in Aktien-ETF. Dass die Renditen deutlich höher sind, ist keinesfalls sicher und auch Verluste sind möglich.”
Morningstar-Analyst Bryan Armour wird noch deutlicher in Bezug auf Robinhoods Pläne:
“Robinhood, das die Tochtergesellschaft für das Fondsmanagement erst im August 2025 gründete, fehlt es an Erfahrung. Das Unternehmen agiert außerhalb seiner Kernkompetenz.”
Er weist darauf hin, dass es bereits etablierte Alternativen gibt und dass die vorgeschlagene Struktur als börsengehandelter Closed-End Fund besonders riskant sei.
Das Magazin Surplus formulierte in einem Artikel die zugespitzte Frage:
“Raubtierkapitalismus ab dem ersten Euro?”
– und verwies auf die kritische Betrachtung, ob Kleinanleger wirklich die Komplexität und Risiken dieser Investments verstehen.
Die ELTIF-Verordnung der EU enthält durchaus Schutzvorschriften. Anbieter müssen ein detailliertes “Basisinformationsblatt” (PRIIP-KID) bereitstellen, das Kosten, Risiken und Anlagestrategie offenlegt. Zudem sind halbjährliche Berichte und jährliche geprüfte Jahresabschlüsse vorgeschrieben.
Anleger müssen eine Eignungsprüfung durchlaufen, bei der abgefragt wird, ob sie die Risiken verstehen und die Illiquidität verkraften können. Bei Scalable Capital gibt es zusätzlich ein zweiwöchiges Widerrufsrecht für Kaufaufträge – eine Möglichkeit, die bei klassischen Wertpapierkäufen nicht existiert.
Allerdings: Diese Regularien schützen nur bis zu einem gewissen Grad. Sie können nicht verhindern, dass Anleger in unpassenden Marktphasen investieren oder die langfristigen Konsequenzen unterschätzen. Die BaFin (Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht) beobachtet den Markt, hat aber bereits signalisiert, dass sie die Entwicklung kritisch verfolgt.
Die Öffnung von Private Equity für Kleinanleger ist zweifellos eine bedeutende Entwicklung. Erstmals können auch normale Sparer mit überschaubaren Beträgen in eine Assetklasse investieren, die bisher verschlossen war. Die technologische Innovation der Neobroker und die regulatorischen Änderungen machen es möglich.
Doch die Medaille hat zwei Seiten. Die Kosten sind erheblich – zwischen 2,3 und 3,0 Prozent jährlich plus Erfolgsbeteiligungen machen einen signifikanten Unterschied bei der Nettorendite. Die Liquidität ist trotz aller Versprechungen eingeschränkt und könnte in Stresssituationen zum Problem werden. Die Transparenz ist begrenzt – Anleger wissen oft nicht genau, in welche Unternehmen sie tatsächlich investieren.
Besonders kritisch ist das Timing. Private Equity profitierte in den letzten 20 Jahren von einem außergewöhnlich günstigen Umfeld mit Niedrigzinsen und hohen Bewertungen. Dieses Umfeld existiert nicht mehr. Dass die Branche sich ausgerechnet jetzt für Kleinanleger öffnet, sollte mindestens Fragen aufwerfen.
Für die allermeisten Privatanleger gilt: Ein kostengünstiger, breit diversifizierter ETF auf den Weltaktienmarkt ist und bleibt die bessere Wahl. Private Equity kann allenfalls eine kleine Beimischung sein – für jene, die bereits ein solides Portfolio haben, einen sehr langen Anlagehorizont mitbringen und wirklich verstehen, worauf sie sich einlassen.
Die Versprechen der Neobroker klingen verlockend. Doch wer von “Demokratisierung” spricht, sollte auch ehrlich über die Risiken aufklären. Nicht alles, was technisch möglich und regulatorisch erlaubt ist, ist auch im Interesse der Anleger. Manchmal ist die größte Innovation, einfach zu sagen: “Das ist nichts für dich.” Diese Ehrlichkeit vermisst man bei Trade Republic, Scalable Capital und Robinhood bisher weitgehend.
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