Hat der Robo-Advisor Moneyfarm sich übernommen? Die Frage stellte sich gestern als die Nachricht eintraf, dass sich der Robo-Advisor, der in Deutschland bis dato vor allem mit der unerwarteten Übernahme des etablierten Robo-Advisor Anbieters vaamo Schlagzeilen machte, für das Geschäftsjahr 2019 einen Verlust vor Steuern von rund 15 Millionen Euro in den Markt kommunizierte.
Markus G
Zuletzt aktualisiert am: 17. Juli 2023
3. September 2020
Bitte? Hatte Moneyfarm bis dato nicht immer wieder in Interviews und Mitteilungen, das Ziel bekräftigt, 2019 die Grenze zur Profitabilität zu überschreiten? Endlich Geld zu verdienen? War wohl nichts und wird wohl auch 2020 nicht so sein.
Denn laut Aussagen der Moneyfarm Geschäftsführung wird auch für das Geschäftsjahr 2020 nicht einem Gewinn zu rechnen sein. Dabei lesen sich die Geschäftszahlen an sich erstmal nicht schlecht:
• Umsatzwachstum um 68% auf rund €3 Millionen.
• Mehr als 45.000 Kunden Ende 2019
• Mitte Februar 2019 das Erreichen von mehr als 1 Milliarde Assets under Management
Jedoch stehen dem auch folgenden Zahlen entgegen:
• Genereller Kostenanstieg von 16,7 Millionen auf 18,4 Millionen Euro
• 18 % Anstieg bei den Personalkosten auf 8,8 Millionen Euro
Und wie äußert sich die Geschäftsführung in Person von Giovanni Dapra zum Verfehlen der geplanten Profitabilität des Unternehmens?
„Angesichts der Wachstumsziele des Unternehmens sind die Direktoren der Ansicht, dass das Unternehmen in den nächsten 12 Monaten ab dem Datum dieses Berichts weiterhin einen Verlust erwirtschaften wird, da weiter in die Entwicklung des Unternehmens investiert wird“
Mitgründer und Geschäftsführer Giovanni Daprà als auch sein Partner Paolo Galvani scheinen also relativ entspannt zu sein.
Paolo Galvani: “Ergebnisse wie diese zu sehen, ist mehr als nur zufriedenstellend. Es ist auch ein Beweis dafür, dass das von uns angebotene Modell, das sich aus menschlichem Fachwissen und fortschrittlichen digitalen Technologien zusammensetzt, eine immer größere Zahl von Anlegern anspricht, insbesondere diejenigen, die einen innovativen und frischen Ansatz für die Verwaltung ihrer Ersparnisse suchen.
Giovanni Daprà: “Es ist unbestreitbar, dass die letzten Monate einen tiefgreifenden Einfluss auf die Anleger hatten. Der Lockdown hat die veränderte Einstellung der Anleger gegenüber den von ihnen eingesetzten Intermediären unumkehrbar beschleunigt. Die Tatsache, dass wir bereit waren, diesen Wandel mit einem “Digital First”-Ansatz für Investitionen zu bewältigen, hat es uns ermöglicht, auf die sich verändernden Bedürfnisse unserer gegenwärtigen und zukünftigen Kunden zu reagieren.“
Nun gut: Vorrangiges Ziel ist es somit wohl erstmal nicht, das Unternehmen in die Gewinnzone zu bringen, sondern zu investieren. Was sich auch darin zeigt, dass 2019 weiteres zusätzliches Kapital eingesammelt wurde.
So sind dem Robo-Advisor Anbieter bereits im Mai letzten Jahres im Rahmen einer Kapital-Erhöhung rund 16,3 Millionen Euro an frischem Geld zugeführt worden.
Im vergangenen Jahr führten die Allianz und die italienische Post, Poste Italiane, zudem eine Finanzierungsrunde des Robo-Beraters in Höhe von 36 Millionen Pfund an.
Weitere 1.6 Millionen Euro wurden Anfang dem Unternehmen seitens der Muttergesellschaft bereitgestellt.
Für Dapra eine Summe„ welche, die beschleunigte Entwicklung des Unternehmens kurzfristig unterstützen kann“. Was mit dem Begriff der „beschleunigten Entwicklung“ im Detail gemeint ist, bleibt jedoch offen. Die Unterstützung und der Ausbau von Vertriebspartnern im Online-Markt kann damit jedenfalls nicht gemeint sein, denn es scheint, dass Moneyfarm aus dem Affiliate Geschäft ausgestiegen ist.
Die Frage ist, wie nun wie dieser Verlust von knapp 15 Millionen Euro letztendlich zu bewerten ist. Schenkt man den beiden Frontmännern Giovanni Dapra und Paolo Galvani Glauben, so besteht kein Anlass zur Sorge geschweige denn sollte dieser Verlust als Unternehmenskrise gewertet werden.
Dementgegen steht jedoch, die unternehmenseigene Info, dass die Bargeldreserven für mindestens 12 Monate ausreichen, um das Unternehmen und seine Investitionspläne zu finanzieren. Nun gut – und nach diesen, bestenfalls etwas mehr als 18 Monaten?
Es wäre interessant zu erfahren, wie sich der Partner Allianz, immerhin mit knapp 11 % an Moneyfarm beteiligt, zu diesem Verlust äußert. Bisher herrscht aus der Richtung Ruhe – oder besser: Betretenes Schweigen?
Markus G
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