Bis vor einigen Jahren war die Kapitalanlage zwingend an den Gang zur Bank und die Inanspruchnahme der Beratungsdienstleistungen eines menschlichen Investment-Beraters gebunden. Diese Dienstleistungen waren mit entsprechenden Gebühren verbunden, die oft einen erheblichen Teil der Rendite wieder zunichte machten. Zusätzlich bestand das Risiko der Kapitalvernichtung, wenn die Empfehlungen des Investmentberaters sich als falsch erwiesen und die Anlage nicht wie gewünscht entwickelte. Jedoch brachte die Digitalisierung im Finanzsektor eine neue Form der Kapitalanlage hervor – die digitale Geldanlage, auch bekannt als Robo-Advisor.
Markus G
Zuletzt aktualisiert am: 7. August 2023
11. März 2018
Robo-Advisor sind in der Tat bemerkenswert und modern, da sie attraktive Renditen bei akzeptablen Kosten für die Kapitalanlage versprechen. Ein wesentlicher Vorteil besteht nach Aussagen der Anbieter von Robo-Advisorn (Online-Vermögensverwaltungen) vor allem darin, dass sie frei von emotionalen Faktoren sind, wodurch das Risiko emotionsbasierter Fehlentscheidungen erheblich reduziert wird. Marketingtechnisch werden sie mit Schlagwörtern wie digitale Geldanlage, finanz-mathematischer Ansatz, Algorithmus und künstliche Intelligenz versehen, was zu einer Revolution in der bis dato von Menschen dominierten Welt der Kapitalanlage führt.
Bei genauerer Betrachtung ist dies durchaus zutreffend, denn Robo-Advisor können mittels Algorithmen so “programmiert” werden, dass sie automatisch Anlagen kaufen und verkaufen (falls die Marktsituation dies erfordert), Berichte erstellen, Portfolios neu ausbalancieren und andere Asset-Management-Tätigkeiten ausführen. Allerdings ist dies keine wirklich innovative Neuheit, da Börsenmakler solche Systeme bereits seit Jahren nutzen.
Somit stellt sich die Frage, wie perfekt Robo-Advisor tatsächlich sind und wie die Zukunft der digitalen Geldanlage aussehen wird?
Der Blick auf den globalen Markt der Robo-Advisor zeigt in den letzten Monaten eine klare Tendenz: Der Hybrid Robo-Advisor hat wohl die besten Chancen. Doch was ist damit gemeint?
Hybride Robo-Advisor ermöglichen es den Kunden, sich regelmäßig neben den digitalen Aktionen des Robo-Advisors auch mit einem menschlichen Berater über ihre Kapitalanlage auszutauschen. Der Grund dafür ist, dass Robo-Advisor derzeit nicht in der Lage sind, Markt-Risiken vollständig zu erkennen und zu verstehen.
Dieser Umstand wurde gerade durch die jüngste Kurskorrektur an den weltweiten Börsen bei dem ein oder anderen Robo-Advisor deutlich gezeigt. Insbesondere für unerfahrene Anleger können plötzliche und unerwartete Kurskorrekturen zu Verunsicherung führen und somit nicht selten zu Fehlentscheidungen führen.
Dies geschieht besonders dann, wenn der Robo-Advisor den Eindruck vermittelt hat, in solchen Situationen “gewappnet” oder “vor Renditeverlust geschützt” zu sein, wie es in der Bewerbung des Angebots häufig der Fall ist. In Fällen von starken Kurskorrekturen könnte ein menschlicher Berater als ergänzendes Element bei einem Robo-Advisor Angebot tatsächlich hilfreich sein.
Ein menschlicher Anlageberater kann zweifelsohne etwas leisten, was ein Roboter bis dato nicht vollständig erbringen kann: die Befriedigung des Bedürfnisses nach individueller Beratung und einem “offenen” Ohr für die Sorgen und Ängste der Anleger in Krisensituationen. Es gibt immer noch einige kritische Aspekte, in denen Menschen besser agieren können als Computer oder Robo-Advisor.
Gute Anlageberater kennen ihre Kunden und deren spezifische Bedürfnisse bei der Kapitalanlage – oder zumindest sollten sie in diesem Punkt besser abschneiden als ein standardisierter Computer-Algorithmus. Der wahre Wert eines Finanzberaters liegt zweifellos in emotionaler Intelligenz und Interaktion, vorausgesetzt es wird eine persönliche, vertrauensvolle Beziehung zum Anleger aufgebaut. Durch eine solche Beziehung gewinnen Finanzberater Einblicke in das individuelle finanzielle Bild jedes Kunden, einschließlich seiner persönlichen Prioritäten, dringender Anliegen und psychologischen Tendenzen.
Ein Robo-Advisor hingegen arbeitet eher einen standardisierten Fragenkatalog ab. Dabei kann das Sammeln tiefergehender, für die Anlagestrategie relevanter Informationen vernachlässigt werden. Eine “richtige” Einschätzung der Bedürfnisse und des Risikoappetits eines Anlegers gestaltet sich daher deutlich schwieriger.
Zahlreiche Studien belegen, dass die psychologische Risikotoleranz eines Anlegers generell sehr schwer einzuschätzen ist. Manche Anleger beschreiben ihre Anlagepersönlichkeit in Fragebögen auf eine bestimmte Art und Weise, agieren aber unter realen Bedingungen oft konträr.
Unabhängige Anlageberater bieten im Idealfall mehr Anlage-Möglichkeiten und umfassenderen Service. Ein unabhängiger Finanzberater verfügt typischerweise über eine breitere Palette von Anlageklassen zur Auswahl und kann je nach Zielsetzung und Risikoprofil des Kunden ein breiteres oder fokussierteres Anlageportfolio aufbauen. Dadurch kann er auch einen umfassenderen Service bieten, der allerdings mit höheren Kosten verbunden sein kann.
Die Vorteile von Robo-Advisorn liegen hingegen in ihren niedrigeren Verwaltungskosten im Vergleich zu persönlichen Finanzberatern. Dennoch sind sie in der Regel auf das Portfoliomanagement beschränkt, und ihre Abhängigkeit von bestimmten Wertpapieren bedeutet, dass Investoren möglicherweise keinen Zugang zu den Instrumenten haben, die sie für die Umsetzung ihrer Strategien benötigen.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Kontrolle bei der Kapitalanlage. Was passiert, wenn ein Investor vom Kurs abkommt und keine ausreichenden Fortschritte in Richtung seiner erklärten finanziellen Ziele macht? Die Empfehlungen eines Robo-Advisors können leicht ignoriert werden, während es deutlich schwieriger sein kann, den Kontrollen und Empfehlungen des vertrauten Anlageberaters zu “entkommen”.
Regelmäßige Kontrollen mit einer echten Person, die sich um die Zukunft des Kunden kümmert, könnten zu realistischeren Entscheidungen in Bezug auf eine erfolgreiche Kapitalanlage führen.
Insgesamt sollten Investoren genau verstehen, was von einem Anlageberater oder einem Robo-Advisor angeboten wird. Die Geldanlage per Robo ist zweifelsohne interessant, vor allem wegen der niedrigen Kosten, was den Einstieg für Anleger mit begrenztem Vermögen erleichtert. Bei komplexeren Kapitalanlagestrategien erscheint jedoch eine Kombination aus digitalen und menschlichen Elementen erstrebenswert. Hybridlösungen könnten hierbei vielversprechende Optionen darstellen.
Die Zukunft der Anlageberatung könnte somit eine Zusammenführung der Stärken von Robo-Advisorn und menschlichen Beratern sein. Ein harmonisches Zusammenspiel von Technologie und menschlicher Expertise könnte es Anlegern ermöglichen, das Beste aus beiden Welten zu nutzen. Fortschrittliche Algorithmen könnten weiterhin effiziente und maßgeschneiderte Portfolios erstellen, während menschliche Berater eine persönliche Betreuung, individuelle Beratung und emotionale Unterstützung bieten.
Eine optimale Lösung könnte darin bestehen, dass der Robo-Advisor als Erstberatung dient und die Grundlage für das Anlageportfolio legt. Anschließend könnte ein menschlicher Berater in regelmäßigen Abständen eine Überprüfung und Anpassung des Portfolios vornehmen, um auf Veränderungen in den individuellen Bedürfnissen und Lebensumständen des Anlegers reagieren zu können.
Abschließend bleibt festzuhalten, dass sowohl Robo-Advisor als auch menschliche Anlageberater ihre Vor- und Nachteile haben. Die richtige Wahl hängt von den individuellen Präferenzen und Bedürfnissen des Anlegers ab. Hybridlösungen könnten eine vielversprechende Antwort sein, um die Vorteile beider Ansätze zu vereinen und eine optimale Anlagestrategie zu ermöglichen.
Markus G
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