Invesdor Interview (ex-Kapilendo)

Im Gespräch mit CEO Björn Siegismund

Kapilendo hat mit seiner Online-Vermögensverwaltung und den angebotenen Allwetter-Portfolios vor allem während des Börsencrash aufgrund der Corona-Pandemie weit über dem Marktdurchschnitt performt. Doch warum war das so? Diese und viele weitere Fragen hat uns Björn Siegismund / CEO der Kapilendo Invest AG in einem spannenden Interview beantwortet.

10. September 2020 | Oliver S

Die Kapilendo AG gilt als eines der erfolgreichsten FinTech Start-ups in Deutschland und bietet ein breites Portfolio an Finanzdienstleistungen und Services an. Neben dem ursprünglichen Kerngeschäft der Unternehmensfinanzierungen sticht vor allem die Online-Vermögensverwaltung heraus, die mit ihrem Allwetter-Portfolio vor allem in der, durch den durch die erste Welle der Corona-Krise ausgelösten Börsencrash mit einer durchaus beeindruckenden Performance überzeugen konnte.

Grund genug für uns, uns an Kapilendo zu wenden und die Anfrage für ein Interview zu stellen. Denn wir wollten unter anderem wissen, warum die Allwetter-Portfolios den corona-Bedingten Börsencrash deutlich besser überstanden haben als das Gros der Mitbewerber. Umso mehr hat es uns gefreut, dass niemand anders als Björn Siegismund in seiner Position des CEO der Kapilendo Invest AG auf unsere Interview-Anfrage geantwortet hat. Herausgekommen ist ein hoch-informatives Interview, dass viele interessante Einblicke in das Kapilendo Robo-Advisor Angebot liefert.

Das Kapilendo Interview: Herr Björn Siegismund, CEO der Kapilendo Invest AG

1) Herr Siegismund, seit 2015 ist Kapilendo in erster Linie im Bereich der Unternehmensfinanzierung aktiv und verhilft als sogenannter Kreditmarktplatz vor allem kleineren und mittelständischen Unternehmen zur passenden Finanzierung. Warum haben Sie sich im vergangenen Jahr dazu entschieden, mit der digitalen Vermögensverwaltung eine neue Geschäftssparte zu eröffnen?

Unsere Plattform bedient nicht nur den Unternehmer, der eine geeignete Finanzierungsalternative sucht, sondern auch eine große Anlegerbasis, die mit den Mittelstandskrediten spannende Investitionsmöglichkeiten offeriert bekommt.

Unsere Anleger haben immer wieder weitergehende Investitionslösungen nachgefragt, die wir gerne anbieten wollten. Aus regulatorischen Gründen war dies allerdings nicht ohne Weiteres möglich. Unsere damalige Schwestergesellschaft hat eine Vermögensverwalter-Lizenz und seit vielen Jahren die Erfahrung in der ganzheitlichen Betreuung von Vermögen.

Mit dem Zusammenschluss der beiden Gesellschaften haben wir nicht nur das Angebot auf der Unternehmerseite mit einer Liquiditätsanlage und digitalen Wertpapieren erweitern können, sondern auch einen gut funktionierenden Robo-Advisor für unsere Anleger integriert.

2) Die meisten Online-Vermögensverwalter nutzen das Rebalancing, um die ursprüngliche Portfolio-Aufteilung in regelmäßigen oder unregelmäßigen Abständen wieder herzustellen. Im Detail gibt es allerdings zum Teil größere Unterschiede, wie und wann das Rebalancing durchgeführt wird. Daher die Frage an Sie, wie das Rebalancing bei Kapilendo im Detail funktioniert?

Ein Rebalancing der Portfoliogewichte ist bei Kapilendo wichtiger Bestandteil des Risikomanagements. Mindestens einmal jährlich werden die Anlegerportfolios an die Sollgewichtung angepasst. Unsere Untersuchungen haben ergeben, dass in einem normalen Börsenumfeld dieser Rhythmus ideal ist.

Zusätzlich überwacht unser Team von Anlageexperten die Entwicklung der Portfolios und kann – wie zuletzt in der Corona-Krise – eine Anpassung vornehmen. Durch die Kursrückgänge der Aktien im Frühjahr 2020 reduzierte sich deren Gewichtung im Portfolio so stark, dass wir uns zu einem außerordentlichen Rebalancing entschieden haben. In der darauffolgenden Erholung haben unsere Portfolios davon profitiert.

3) Anleger betrauen digitale Vermögensverwalter zwar mit der Verwaltung des Kapitals, möchten allerdings oftmals dennoch wissen, wer im Detail die Entscheidungen trifft, in welche Finanzprodukte und Anlageformen das eigene Geld fließt. Bei den Robo-Advisors gibt es diesbezüglich unterschiedliche Modelle. Vor allem die ersten digitalen Vermögensverwalter setzten fast vollständig auf finanzmathematische Algorithmen, auf dessen Grundlage die Anlageformen gewählt wurden. Wie stellt sich die Situation bei Kapilendo dar? Wer trifft bei Ihnen die Anlageentscheidungen?

Die aktuelle Krise zeigt deutlich, dass ein großer Teil der am deutschen Markt aktiven Robo-Advisors nicht über die entsprechenden Investmentstrategien verfügt, um die Verluste in den Portfolios erfolgreich zu begrenzen. Insbesondere der viel besprochene Value-at-Risk-Ansatz hat in diesem dynamischen Abschwung einmal mehr seine Schwächen offenbart.

Mit dem Allwetter-Ansatz setzen wir hingegen auf ein jahrzehntelang bewährtes Konzept, welches von unseren Experten mit all der Erfahrung umgesetzt wird, die es in den vergangenen über 20 Jahren gesammelt hat. In welche Anlageprodukte wir dabei investieren, stellen wir sehr transparent und nachvollziehbar auf unserer Webseite dar. Unsere Algorithmen dienen der effizienten und fehlerfreien Umsetzung sowie einem komfortablen und aktuellen Zugang unserer Anleger zu Ihren Depots.

4) Die meisten digitalen Vermögensverwalter geben auf ihrer Webseite sehr transparent an, welche Kosten auf den Anleger zu kommen. In der Vorbereitung auf unser Interview haben wir daher selbstverständlich auf Ihrer Webseite danach gesucht, welche Gebühren Anleger zahlen müssen. Fündig geworden sind wir allerdings leider nicht. Daher an Sie die Frage, warum Sie die für Anleger wichtigen Gebühren nicht transparent ersichtlich auf der Webseite veröffentlichen, zumindest nicht auf den ersten oder zweiten Blick?

Unter www.kapilendo.de stellen wir Generelles zum Thema Geldanlage sowie alle Details zu unseren Anlagelösungen sehr transparent zur Verfügung – natürlich auch die Kosten und die Portfoliozusammenstellung. Auf jeder Produktseite können Anleger sich sogar die individuellen Kosten für ihre geplante Investition ausrechnen. Wir prüfen aber gerne, ob die Angabe zu den Kosten an anderer Stelle besser zu finden sind.

5) Mit Kapilendo gibt es mittlerweile über 35 Robo-Advisor, die ihr Angebot am Markt präsentieren und natürlich neue Kunden gewinnen möchten. Für manche Anleger ist das breite Angebot jetzt bereits etwas unübersichtlich, sodass oftmals Besonderheiten den Ausschlag geben können, für wen sich der Kunde entscheidet. Was ist aus Ihrer Sicht ein Alleinstellungsmerkmal von Kapilendo, falls es dieses Ihrer Meinung nach gibt?

Unsere Anleger haben mit Kapilendo einen ganzheitlichen Ansprechpartner in Sachen Geldanlage. Mit unserem Robo-Advisor bieten wir einen kostengünstigen Zugang zu einer besonders bewährten, mehrfach ausgezeichneten und erfolgreichen Anlagestrategie. Festzinsanlagen in den deutschen Mittelstand ermöglichen die weitere Diversifikation mit regelmäßigen Auszahlungen. Das individuelle Investment-Cockpit verschafft dabei einen tagesaktuellen Überblick über die eigene Vermögenssituation und hilft das Vermögen erfolgreich zu strukturieren und weiter zu optimieren, sei es durch Immobilien-Projekte oder physische Bestände von Gold und Silber.

6) Sicherlich ist Ihnen aufgefallen, dass eine wachsende Anzahl der neuen digitalen Vermögensverwalter am Markt ein sogenanntes Hybridmodelle verfolgt. Das bedeutet, dass die Anlageentscheidungen teilweise auf Grundlage von Algorithmen, teilweise jedoch ebenfalls auf Basis der Erfahrungen und des Fachwissens menschlicher Experten betroffen werden. Was halten Sie von einem derartigen Hybridmodell und würden Sie Kapilendo ebenfalls zu den Online-Vermögensverwaltern zählen, welche dieses Modell nutzen oder dies vielleicht zukünftig in Anspruch nehmen möchte?

Als Hybridmodell verstehen wir in erster Linie, dass Kunden höheren Komfort, Transparenz und besseren Ergebnisse durch Technik gewinnen und gleichzeitig auch einen Zugang zu einem persönlichen Ansprechpartner haben, wenn das gewollt ist. Somit zählt sich Kapilendo eindeutig zum Hybridmodell.

In der Corona-Krise hat sich wieder gezeigt, was die meisten Anlageprofis schon lange wissen: Ein Markttiming funktioniert bei der Geldanlage nicht nachhaltig. Die meisten algorithmus-basierten Anlagemodelle versuchen aber genau das. Insbesondere der viel besprochene Value-at-Risk-Ansatz offenbart besonders in einem dynamischen Abschwung seine Schwächen. Mit dem Allwetter-Ansatz setzen wir vor allem auf die richtige Portfoliokonstruktion, die auf wissenschaftlichen Erkenntnissen beruht. Die Portfolios selbst setzen unsere Experten auf Basis ihrer langjährigen Erfahrungen in der Verwaltung von Anlagevermögen in Höhe von mehreren Milliarden Euro mit Hilfe interner IT-Systeme um.

7) Die Coronakrise hat nach wie vor teilweise gravierende Auswirkungen auf viele Branchen und Wirtschaftsbereiche. Daher die Frage, ob auch Kapilendo in den vergangenen drei Monaten größere Auswirkungen auf das tägliche Geschäft bemerkt hat, beispielsweise in Form rückläufiger Neukundenzahlen oder Mittelabflüssen?

Die Corona Krise hat zu einer großen Verunsicherung bei vielen Kunden geführt. Eine Herausforderung war, mit möglichst vielen Kunden persönliche Gespräche zu führen und mögliche Auswirkungen auf ihr Depot sowie sinnvolle nächste Schritte zu besprechen. Mit wenigen Ausnahmen hat der überwiegende Teil unserer Anleger an ihrer Anlagestrategie festgehalten oder mit regelmäßigen Sparplänen diese weiter aufgestockt.

Mit zunehmender Entspannung bei den COVID-19-Infektionszahlen sehen wir auch mehr Neukunden und bestehende Mandate, die mit Ihren Investitionen die Chancen an den Kapitalmärkten nutzen wollen. Das wir in der Krise die geringsten Verluste und die schnellste Rückkehr in die Gewinnzone unter den Robo-Advisor erreichten, hat sicherlich dazu beigetragen, dass wir insgesamt starke Mittelzuflüsse zu verzeichnen haben.

Zudem die Frage, wie sich die Renditen zwischen März und Juni bei Ihren Portfolios entwickelt haben, wenn wir daran denken, dass zum Beispiel der Deutsche Aktienindex zunächst von über 13.000 auf unter 8.000 Punkte gesunken ist, um jetzt wieder auf über 12.000 Punkte zu steigen.

Zwischen Anfang März und Anfang Juni lag die Performance in unserem Allwetter ETF-Portfolio bei -1%. Damit erzielten dieses Portfolio den geringsten Verlust im Robo-Advisor Echtgeldtest. Zudem waren wir der erste Anbieter, der wieder in der Gewinnzone lag.

8) Der digitalen Vermögensverwalter Kapilendo arbeitet in erster Linie und bei einigen Portfolios sogar ausschließlich mit ETFs. Andere Robo-Advisors nutzen zwar ebenfalls Indexfonds, investieren das Kapital ihrer Kunden jedoch zusätzlich öfter ebenso in aktiv gemanagte Fonds oder einzelne Aktien. Manchmal kann sich der Anleger sogar für bestimmte Themen entscheiden. Warum sind Sie der Auffassung, dass die Kunden in der Regel mit ETFs am besten fahren? Ist es ausschließlich der geringere Kostenfaktor sowie die etwas breitere Diversifikation oder gibt es Ihrer Ansicht nach noch weitere Gründe, die für ETFs und er gegen aktiv gemanagte Fonds und ein Investment in einzelne Aktien sprechen?

Es gibt inzwischen genügend wissenschaftliche Untersuchungen die beweisen, dass es so gut wie keinem aktiven Fonds gelingt, langfristig seinen Vergleichsindex zu schlagen. Deshalb nutzen heute die meisten professionellen Anleger ETFs, um global zu investieren. Selbst Investmentlegende Warren Buffet nutzt diesen Ansatz heute. Mit ETFs bekommen Anleger also nicht nur ein kostengünstiges Produkt, sondern in der richtigen Portfoliokonstruktion eingesetzt auch noch die beste Wertentwicklung.

9) Die Mindestanlagesumme beträgt 10.000 Euro, wenn Anleger den Vermögensverwaltungs-Service von Kapilendo in Anspruch nehmen möchten. Uns würde einmal interessieren, wie eine solche Zahl im Detail zustande kommt? Anders ausgedrückt: Auf welcher Grundlage hat sich Kapilendo für die Mindesteinlage von 10.000 Euro und nicht zum Beispiel für 2.000 Euro, 5.000 Euro oder in die andere Richtung für 20.000 Euro entschieden?

In erster Linie möchten wir Lösungen anbieten, die gut funktionieren. Die Portfolios unserer Kunden sind sehr breit in unterschiedliche Anlageklassen auf der ganzen Welt gestreut. Um das für den Kunden wirtschaftlich umsetzen zu können, bedarf es eines Mindestbetrages, der in unserem Fall bei 10.000 Euro pro Depot liegt.

10) Abschließend ein Blick in die Zukunft: Wo sehen Sie Kapilendo in fünf Jahren, also im Jahre 2025? Denken Sie, dass sich der Markt der digitalen Vermögensverwalter bis dahin in manchen Bereichen deutlich ändern wird? Was ist aus Ihrer Sicht besonders wichtig, damit Kapilendo in fünf Jahren erfolgreich am Markt tätig sein kann?

Der Markt für digitale Vermögensverwalter wird sein Wachstum fortsetzen und auch traditionelle Anbieter zwingen, technologisch aufzurüsten. Gleichzeitig werden kleinere Anbieter mit ungenügender Erfahrung in der Verwaltung von Anlagegeldern vom Markt verschwinden. Dennoch erwarte ich einen Markt mit unterschiedlichen Ansätzen und Anbietern.

Kapilendo wird auch weiterhin starker Partner für eine ganzheitliche Vermögensanlage bleiben. Unsere ETF-Portfolios bilden dabei eine solide Basisanlage, die mit Erträgen aus Crowdlending- oder Immobilienprojekten ergänzt werden können. Auch alternative Anlageklassen wie Bitcoin, Ethereum und andere Kryptowährungen kommen in naher Zukunft hinzu. Mit Hilfe digitaler Prozesse können wir das individuell und besonders kostengünstig unseren Kunden aus einer Hand anbieten.

Zu guter Letzt

Herr Siegismund – wir danken Ihnen vielmals für das interessante und aufschlussreiche Interview! 

Zur Person Björn Siegismund  

Vor seinem beruflichen Engagement bei der Kapilendo Invest AG war Björn Siegismund (ebenfalls in der Position des CEO) der führende Kopf von WeVest, welches letztendlich von der Kapilendo AG übernommen wurde und heute als eben jene Kapilendo Invest fungiert. Er arbeitete zuvor über zehn Jahre als Portfoliomanager bei Deutschlands größter Pensionskasse. Zuvor war er Wertpapierhändler in einer Investmentbank. Siegismund hat einen Master of Arts in Wirtschaftspsychologie und hält den Abschluss als Certified International Investment Analyst – CIIA.

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Oliver S.

Oliver ist der Journalist im Team. Ausgebildeter Banker (Hypo Vereinsbank), hat hohes Maß an spezifischem Finanzwissen und ist einer der bekanntesten Schreiberlinge in der Finanz-Szene. Oliver hat so unter anderem auch für die Huffington Post geschrieben. Zudem war er auch als Redakteur für FTD.de (ex Financial Times Deutschland) tätig. Also eine echte Bereicherung für das Team. Kümmert sich hier um alles, was mit dem Thema Finanzwissen, Interviews und News zu tun hat. Oliver ist verheiratet, hat Kinder und lebt in Nordrhein-Westfalen.
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