Rebalancing – was heißt das eigentlich? Dass Anleger ihre Gelder im Rahmen der Geldanlage auf verschiedene Anlage- bzw. Assetklassen streuen sollten, ist nichts Neues. In den meisten Fällen lässt sich nur dadurch im Gesamtportfolio ein zum Anlageziel passendes Chance-Risiko-Verhältnis schaffen. Denn eine Streuung von Geldern bringt grundsätzlich eine Reduzierung der Anlagerisiken bei gegebener Ertragserwartung mit sich. Andersherum betrachtet führt sie bei gegebener Risikokalkulation zu einer Ertragsoptimierung.
Das Verhältnis der einzelnen Anlageklassen zueinander ist dabei maßgeblich für das Risiko eines Portfolios. So bringt etwa ein höherer Aktienanteil innerhalb der Gesamtstrukturierung im Regelfall größere Ertragschancen aber auch Verlustrisiken für den Anleger mit sich. Diese wiederum führen aufgrund ihrer Wertveränderungen zwangsläufig zu einer Verschiebung innerhalb der Anlageklassen des Anlageportfolios. Um die ursprüngliche Allocation der Kapitalanlage – also die Ausrichtung innerhalb der gewählten Anlageklassen – wiederherzustellen, existiert das sogenannte Rebalancing.
Rebalancing – Was genau ist das?
Das Rebalancing steht im Kontrast zur klassischen „Buy-and-hold“-Strategie („Kaufen und halten“), die sich ebenso wie das Rebalancing auf die Portfoliotheorie stützt. Dabei werden ausgewählte Anlageprodukte einmal gekauft, um sie dauerhaft zu halten. Es geht in diesem Zusammenhang also ausschließlich um die Verfolgung sehr langfristiger Anlageziele. Die „Buy-and-hold“-Strategie verzichtet dabei demonstrativ auf regelmäßige Umschichtungen bzw. Anlassungen innerhalb eines Anlageportfolios.
Das Rebalancing basiert auf der Beobachtung, dass eine dauerhaft unveränderte Struktur innerhalb eines Anlageportfolios zum Problem werden kann. Das deshalb, weil die üblicherweise unterschiedlich hohen Erträge der eingesetzten Anlageklassen zu einer Verschiebung innerhalb der Anlagestrukturierung führen. Im Laufe der Zeit entspricht die Struktur also nicht mehr der anfänglich bewusst und sorgfältig gewählten Aufteilung.
In dieser Situation kann der Verkauf übergewichteter Positionen erfolgen, was als Rebalancing bezeichnet wird. Das dadurch frei gewordene Kapital wird in der Praxis dann entsprechend der gewünschten Anlagestrukturierung – im Regelfall zugunsten der im Laufe der Zeit untergewichteten Positionen – investiert.
Hier ein einfaches Beispiel zur Veranschaulichung:
Ein Anleger entscheidet sich für ein Portfolio aus festverzinslichen Anleihen und Aktien zu gleichen Teilen. Sein Kapital wird also zu 50 Prozent in Aktien und zu 50 Prozent in Anleihen investiert. Nach Investition entwickeln sich beide Märkte positiv, wobei der Aktienanteil deutlich stärker zulegt. Dadurch verschiebt sich das Verhältnis innerhalb der Anlagestruktur und liegt plötzlich bei 60:40. 60 Prozent des Investitionskapitals entfällt auf den Aktienanteil, während die Anleihen nur noch 40 Prozent des Gesamtkapitals ausmachen.
Beispiel eines Rebalancing: Um die ursprüngliche Vermögens-Allokation wiederherzustellen, werden in regelmäßigen Abständen die einzelnen Geldanlagen / Assetklassen hin zur Basis Portfoliosaufteilung umgeschichtet.
Klassisches Rebalancing führt nun zur Entnahme eines Teils des in Aktien investierten Kapitals. In diesem Beispiel werden 10 Prozent des Aktienvermögens veräußert und in Anleihen investiert, um die ursprüngliche Anlage-Allocation wieder herzustellen. Alternativ zur Entnahme von Aktienvermögen kann Rebalancing jedoch auch durch eine Einzahlung von Kapital erfolgen („Cash-Flow – Rebalancing“). Denn ein Zukauf im Anleihebereich würde den Aktienanteil ebenfalls entsprechend reduzieren.
Was fürs Rebalancing beim Robo-Advisor spricht
Die meisten RoboAdvisor-Anbieter nutzen die Möglichkeit des Rebalancings aktiv – aus gutem Grund. Denn objektiv betrachtet sprechen drei wichtige Fakten dafür, im Rahmen der Kapitalanlage in verschiedene Anlageklassen Gebrauch von dieser Möglichkeit zu machen.
Kontrolle des Anlagerisikos
An den Kapitalmärkten geht es naturgemäß hoch her. Auf positive Phasen können zeitweise auch deutliche Kursrücksetzer folgen und umgekehrt. Kommt es in Hochphasen zu größeren Anteilen volatiler und somit risikoreicherer Anlageklassen, ist ein Rebalancing wichtig, um das Anlagerisiko des Anlageportfolios insgesamt wieder auf das ursprünglich gewünschte Maß zu reduzieren.
Ausschaltung psychologischer Risiken
Beobachtungen zeigen, dass Privatanleger häufig erst zu spät in positiv verlaufende Märkte investieren. Andersherum realisieren sie erwirtschaftete Gewinne häufig zu früh. Ein psychologisches Problem, das nicht selten zu schlechteren Anlageergebnissen führt. Die Portfolioanpassung auf Basis einer Rebalancing-Strategie schaltet dieses Risiko und damit dessen negative Auswirkungen praktisch aus, da es sich um einen voll automatisierten Prozess handelt.
Automatisches Antizyklisches Handeln
Regelmäßiges Rebalancing führt nicht zuletzt dazu, dass Anleger automatisch antizyklisch handeln, da Anlageprodukte der Assetklassen mit größerem Umfang – also Anlageprodukte, die Gewinne erzielt haben – automatisch zu attraktiven Konditionen veräußert werden. Produkte kleinerer Anlageklassen werden in diesem Zuge im Rahmen des Rebalancings hingegen erworben. Aktien bzw. Aktienfonds beispielsweise werden auf diese Weise zu vermeintlich günstigeren Preisen gekauft und auf höheren Niveaus veräußert.
Was gegen das Rebalancing beim RoboAdvisor spricht
Aus den genannten Gründen gehört das Rebalancing zur Anlagestrategie fast aller RoboAdvisor-Anbieter. Dabei versuchen einige davon allerdings, möglichst maßvoll mit dieser Maßnahme umzugehen – so zum Beispiel Fintego. Der Grund dafür liegt darin, dass ein Rebalancing Geld in Form von Transaktionsgebühren kostet. Wichtig ist, dass diese Kosten immer im angemessenen Verhältnis zu den gewünschten positiven Effekten stehen. Die Kosten für das Rebalancing sind aus Sicht des Anlegers im Normalfall jedoch bereits in den jährlichen Verwaltungskosten des Robo-Advisor enthalten.