Die Börse – für viele Frauen klingt das nach einem undurchdringbaren Terrain voller Risiken und komplizierter Fachbegriffe. Während das Smartphone selbstverständlich bedient und die Karriereleiter souverän erklommen wird, scheuen sich noch immer zu viele Frauen davor, ihr Geld gewinnbringend anzulegen. Dabei war der Zeitpunkt für den Einstieg in die Welt der Geldanlage nie günstiger als heute, denn digitale Angebote, spezialisierte Communities und niedrige Einstiegshürden machen es so einfach wie nie zuvor, die eigenen Finanzen selbst-bestimmt in die Hand zu nehmen. Was es dafür braucht und wie der Start in die finanzielle Unabhängigkeit gelingen kann, zeigt dieser Artikel.
Julia F.
Zuletzt aktualisiert am: 13. November 2024
30. August 2018
Die Geschichte von Sarah K. aus München ist beispielhaft für viele Frauen in Deutschland: Mit 35 Jahren verdient sie gut als Projektmanagerin, doch ihr Erspartes schlummert auf dem Sparkonto – bei minimalen Zinsen und steigender Inflation. Die finanzielle Unabhängigkeit bleibt für viele Frauen ein fernes Ziel, denn die Statistiken zeichnen ein eindeutiges Bild: Während nur etwa 15 Prozent der deutschen Frauen in Aktien oder Fonds investieren, wagen fast doppelt so viele Männer den Schritt an die Börse. Diese Zurückhaltung hat weitreichende Folgen: Frauen sind deutlich häufiger von Altersarmut betroffen, wobei bereits heute jede fünfte Rentnerin als armutsgefährdet gilt. Doch es gibt Wege, diese Situation zu ändern.
Der Gender Investment Gap offenbart eine gesellschaftliche Schieflage, die sich in konkreten Zahlen manifestiert. Das durchschnittliche Aktiendepot eines Mannes in Deutschland umfasst etwa 43.000 Euro, während Frauen im Schnitt nur 31.000 Euro investiert haben.
Diese Diskrepanz wird noch dramatischer, wenn man die Lebensrealitäten betrachtet: Frauen verdienen durchschnittlich 18 Prozent weniger als Männer, nehmen häufiger Auszeiten für Familie und Pflege und haben dadurch am Ende ihres Berufslebens oft deutlich weniger Rentenpunkte angesammelt. Besonders interessant ist dabei die Erkenntnis verschiedener Studien, dass Frauen, die sich fürs Investieren entscheiden, im Durchschnitt sogar eine um 0,9 Prozentpunkte höhere jährliche Rendite erzielen als ihre männlichen Pendants. Der Grund liegt in ihrer meist durchdachteren und langfristigeren Anlagestrategie.
Die Wurzeln der weiblichen Investitionszurückhaltung reichen tief in unsere Gesellschaft. Marina Weber, Finanzpsychologin aus Frankfurt, beobachtet in ihrer Praxis regelmäßig, wie frühe Prägungen das Anlageverhalten beeinflussen:
“Viele meiner Klientinnen berichten, dass in ihrer Kindheit Finanzthemen ausschließlich vom Vater besprochen wurden, während die Mutter sich heraushielt.”
Diese Erfahrungen prägen das Selbstbild und schaffen unbewusste Barrieren. Hinzu kommt ein oft übersteigerter Perfektionismus: Frauen neigen dazu, erst dann zu investieren, wenn sie sich als absolute Expertinnen fühlen. Eine Studie der Frankfurt School of Finance ergab, dass Frauen durchschnittlich 18 Monate länger recherchieren als Männer, bevor sie ihre erste Investition tätigen. Dabei zeigt die Praxis, dass erfolgreiche Geldanlage weniger von Expertenwissen abhängt als von der Fähigkeit, wohlüberlegte Entscheidungen zu treffen und diese konsequent umzusetzen.
Julia Bergmann hatte jahrelang Vorbehalte gegen die Börse. Heute verwaltet die 42-jährige Lehrerin ein sechsstelliges Portfolio. “Der Wendepunkt kam, als ich verstand, dass meine vermeintlichen Schwächen an der Börse eigentlich Stärken sind”, erzählt sie. Die Analyse der Börse Frankfurt bestätigt diese Erfahrung: Frauen agieren nachweislich besonnener und lassen sich weniger von kurzfristigen Markttrends beeinflussen. Während der Corona-Krise 2020 verkauften 21 Prozent der männlichen Anleger in Panik ihre Aktien, bei den Frauen waren es nur 11 Prozent. Durch diese Besonnenheit vermieden sie erhebliche Verluste, denn wer verkaufte, verpasste die anschließende Erholung der Märkte.
Der Weg zur erfolgreichen Anlegerin gleicht einer Reise, die mit kleinen, aber sicheren Schritten beginnt. Die Erfahrung von Daniela Schmidt, Finanzberaterin aus Hamburg, zeigt:
“Der größte Fehler ist es, auf den perfekten Zeitpunkt zu warten.”
Sie empfiehlt ihren Klientinnen den Einstieg über ETF-Sparpläne, die bereits ab 25 Euro monatlich möglich sind. Diese börsengehandelten Indexfonds bieten eine breite Streuung und niedrige Kosten. Ein ETF auf den MSCI World beispielsweise investiert in über 1.600 Unternehmen aus 23 Industrieländern und minimiert so das Risiko von Einzelwertverlusten. Die historische Entwicklung spricht für sich: Seit seiner Auflage 1969 erzielte der MSCI World eine durchschnittliche jährliche Rendite von 7,9 Prozent – trotz zahlreicher Krisen und Markteinbrüche.
Die digitale Revolution hat auch die Finanzbildung demokratisiert. In den sozialen Medien teilen immer mehr Frauen ihre Anlageerfahrungen unter Hashtags wie #FinanzheldinnenBewegung oder #WomenInvest. Diese moderne Form des Wissensaustauschs schafft nicht nur Transparenz, sondern auch wichtige Vorbilder. Die Hamburger Finanzexpertin Rebecca Martinez gründete vor drei Jahren einen der ersten Anlegerinnen-Circles Deutschlands. Heute gibt es bundesweit über 200 solcher Gruppen mit mehr als 15.000 aktiven Teilnehmerinnen.
“In unseren Treffen erlebe ich regelmäßig, wie Frauen durch den Austausch mit anderen ihr Selbstvertrauen in Finanzfragen stärken”,
berichtet Martinez. Die Community bietet dabei nicht nur Wissensvermittlung, sondern auch emotionale Unterstützung und praktische Hilfestellung.
Die Zahlen sprechen eine überzeugende Sprache: Eine Analyse der Deutschen Börse zeigt, dass bei einem Anlagehorizont von 15 Jahren oder länger historisch betrachtet immer positive Renditen erzielt wurden. Der deutsche Aktienindex DAX erwirtschaftete seit seiner Einführung 1988 eine durchschnittliche jährliche Rendite von 7,8 Prozent.
Diese Zahl mag zunächst abstrakt erscheinen, doch ihre Bedeutung wird am Beispiel von Christina Meyer deutlich: Die 29-jährige Ingenieurin startete vor zwei Jahren mit einem ETF-Sparplan über 200 Euro monatlich. Bei einer angenommenen Rendite von 7 Prozent jährlich wird sie bis zum Renteneintritt ein Vermögen von über 250.000 Euro aufgebaut haben – allein durch diese kleine, aber regelmäßige Investition. Zusätzliche Einmalzahlungen oder Sparplanerhöhungen sind dabei noch nicht eingerechnet.
Die Überwindung der Anlage-Scheu ist mehr als ein finanzielles Projekt – es ist ein Schritt zur persönlichen Emanzipation und Selbstbestimmung. Die Zahlen und Erfahrungen zeigen eindeutig: Frauen verfügen über alle Fähigkeiten, die sie für erfolgreiche Geldanlage brauchen. Ihr tendenziell besonnener Anlagestil, ihre Fähigkeit zur langfristigen Planung und ihr Interesse an nachhaltigen Investitionen sind dabei keine Schwächen, sondern echte Stärken. Mit dem richtigen Mindset, einer durchdachten Strategie und der Unterstützung gleichgesinnter Anlegerinnen kann jede Frau ihre finanzielle Zukunft selbst in die Hand nehmen. Denn eines ist klar: Finanzielle Unabhängigkeit ist keine Frage des Geschlechts, sondern eine Frage der richtigen Strategie und des Muts, den ersten Schritt zu wagen.
Julia F.
Julia ist unsere Spezialistin im Bereich “Frauen und Geldanlage”. Selbst als Quereinsteigerin in die Finanz-Szene gestartet, setzt sie sich bei uns mit den typischen Fragen und Unsicherheiten von Frauen beim Thema Geldanlage und Vermögensaufbau auseinander. Und sie spricht aus Erfahrung, denn sie ist mittlerweile selbst erfolgreiche Anlegerin. Julia gewährt uns mit ihren Beiträgen einen Einblick in die weibliche Welt der Geldanlage und des Vermögensaufbaus.
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