
Die Bedeutung der Robo Advisor wird laut einem aktuellen Bericht eines Investmentmagazins wachsen, doch für einen weiteren Robo Advisor nach Werthstein gehen Ende Mai 2019 in Deutschland die Lichter aus. Die ABN Amro Bank hat sich als Hauptanteilseigner entschieden, das Robo Advisor Geschäft in Form der Online-Vermögensverwaltung Prospery aufzugeben. Beginnt also nun tatsächlich die aus den verschiedensten Richtungen der Finanz- und Investment-Szene bereits erwartete Konsolidierung des deutschen Robo-Advisor Marktes? Es hat allen Anschein, denn mit Prospery verlässt immer hin nicht irgendein Fintech Start-Up den Markt, sondern das Robo Advisor Angebot einer international anerkannten Bank. Das eine Bank wie die ABN Amro nach nicht einmal 2 Jahren Marktpräsenz bei seinem digitalen Geldanlage Angebot Prospery die Reißleine zieht, lässt durchaus tief blicken.
Prospery Ende – kein Zugang zu einem Vertriebskanal?
Die Entscheidung der ABN Amro, das Prospery Angebot einzustellen, wurde den Kunden der Online Vermögensverwaltung kürzlich in einem entsprechenden Schreiben mitgeteilt – mit folgenden Worten:
“Hintergrund ist eine strategische Entscheidung unseres Anteileigners ABN AMRO. Trotz des innovativen Charakters von Prospery ist es uns jedoch ohne Zugang zu einem Vertriebskanal nicht gelungen, genügend Kunden zu gewinnen. Um Prospery in seiner jetzigen Form auf dem deutschen Markt fortzusetzen, wären erhebliche zusätzliche Investitionen erforderlich gewesen”
Nun darf man sich die Frage stellen, mit welcher Erwartungshaltung die ABN Amro mit dem Prospery Angebot eigentlich gestartet ist? Vor allem unter Berücksichtigung der nun erfolgten Erklärung, dass man ohne erhebliche zusätzliche Investitionen eben jenes Robo Advisor Angebot nicht aufrecht erhalten könne. Hat ABN Amro bereits zu Beginn große finanzielle Anstrengungen unternommen, um Prospery in Breite bekannt zu machen? Gegebenenfalls sogar das Geschäft subventioniert? Oder darauf gehofft, das sich durch die Bekanntheit der “Marke” ABN Amro auch Prospery als Marke schnell im deutschen Markt etablieren würde? Zweifel sind hier durchaus gegeben.
Prospery – bereits der Start des Robo Advisor begann unglücklich
Betrachten wir rückblickend den Marktstart von Prospery in Deutschland: Mit 15 Mitarbeitern gestartet, externe Investment-Manager in das Angebot eingebunden, aber 2/3 des Robo Advisor Angebotes mit einem Kostenmodell behaftet, das uns bereits bei der Erstbetrachtung des Kapitalanlage Angebotes eher abgeschreckt hat. Mit Beratungspauschalen von 179 € bis hin zu 239 € pro Monat war das Angebot einer digitalen Geldanlage im Vergleich zu den damals aktiven Mitbewerbern deutlich zu teuer. Auch wenn Prospery zweifelsohne das breiteste Angebot an Anlagestrategien – immerhin 100 – hatte, als auch die digitale Kapitalanlage als einer der ersten Anbieter mit einem menschlichen Beratungsangebot (Hybrid Robo Advisor) verknüpfte.
Erst feste Monatsgebühren, dann Gebührenmodell Anpassung: Schlechte Signale in den Markt?
Erstes Anzeichen dafür, dass bei Prospery beim Thema Gebühren am Markt vorbei agiert wurde, zeigte sich, als die Online Vermögensverwaltung der ABN Amro im April 2018 ein neues Gebührenmodell ankündigte und damit das ursprüngliche Gebührenmodell mit festen monatlichen Kosten für 2 seiner Investment Angebote vollständig aufgab. Zwar war das neue Kostenmodell deutlich attraktiver als auch konkurrenzfähiger im Vergleich zum Gros der Mitbewerber, jedoch war es eben auch ein erstes Anzeichen dafür, dass das ursprüngliche Angebot nicht wirklich vom Markt angenommen wurde. Insofern waren die Signale, welche Prospery von Beginn an aussendete, nicht überzeugend. Ein Anleger, der an ein neues Investment-Angebot wie eben jenes eines Robo Advisor ohnehin erst mit viel Aufwand als auch Geduld herangeführt werden muss, ist ein solches Vorgehen zumeist suspekt und alles andere als vertrauensbildend.
Zwar hat Prospery in Folge mit seiner Veranstaltungsreihe “Prospery Finance Forum” den durchaus lobenswerten Versuch unternommen, sein Angebot durch interessante Einblicke und das Einbinden namhafter Finanz-Experten besser zu vermarkten, aber bestand hier wirklich der Gedanke und die Hoffnung, dies sei als Vertriebsinstrument ausreichend? Die Erkenntnis, dass dies eben nicht ausreichte, zeigt sich wohl vor allem darin, das die Aussage eines “nicht existenten Zugangs zu einem Vertriebskanal” nun als einer Hauptgründe für das “Aus von Prospery” genannt wird.
MoneYou als Vertriebsplattform: Verpasste Chancen für Prospery?
Wobei auch hier wiederum gefragt werden darf, ob sich die ABN Amro nicht selbst die Kritik gefallen lassen muss, das hauseigene Robo Advisor Angebot namens Prospery bei den eigenen Kunden nicht ausreichend promotet zu haben? Immerhin wäre ein Kundenstamm der ABN Amro NV in Deutschland mit der Onlineplattform Moneyou für ein mögliches Cross- und Up-Selling durchaus gegeben gewesen. Ein Kundenstamm, der bereits durch Geldanlage Angebote in den Bereichen Tages- und Festgeld an das Stammhaus gebunden ist, wäre doch als Basis durchaus prädestiniert? Man muss ihn dann aber eben auch mit dem neuen Angebot adressieren. Hat sich hier die ABN Amro vielleicht verweigert? Wäre in höchstem Maße unverständlich, denn ein erfolgreiches (Gegen)Beispiel für ein solches Vorgehen zeigt sich vor allem bei der Kooperation ING – Scalable. Chance also verpasst und der Preis ist nun das (vielleicht zu frühe) Ende von Prospery?
Werthstein Aus, Prospery Aus: Zwei Robo Advisor Ausstiege in weniger als 6 Monaten – die Luft wird dünner
Fest steht nun jedenfalls, das mit Prospery erstmals ein Robo-Advisor im deutschen Markt die Segel streicht, welcher eigentlich mit der Stärke einer Bank im Rücken den Sprung in Richtung etabliertes und anerkanntes Robo-Advisor Angebot hätte vollziehen können. Insofern klingt die jetzige Erklärung für das “Aus” aus unserer Sicht nur bedingt nachvollziehbar. Das jetzige Aus von Prospery ist aber nach Werthstein nun das zweite klare Signal dahingehend, dass die Luft für die bestehenden Anbieter als auch neu hinzugekommene Robo Advisor zunehmend dünner wird. Es wird mehr und mehr deutlich, dass potentielle Anleger bei den Anbietern nicht gerade Schlange zu stehen scheinen.
Diejenigen Anleger, welche sich ein Robo Advisor Investment vorstellen können, sehen sich einer immer größer werdenden Anzahl an entsprechenden digitalen Geldanlage-Angeboten gegenüber. Folglich wird die Aufgabe der Robo Advisor in Zukunft vor allem darin bestehen, wertige Multiplikatoren mit Zugang zu passenden Zielgruppen für Ihr Geschäft zu finden und das eigene Marketing im Bereich der Neukunden-Gewinnung breiter und vor allem effizienter aufzustellen. Mit einer Veranstaltungsreihe, einem nicht wirklich aktiv betriebenem Affiliate Programm und ein paar Banner-Schaltungen lässt sich im Angesicht einer wachsenden Wettbewerber-Anzahl kein Blumentopf gewinnen – schon gar nicht in einem ohnehin kritisch beäugten Markt wie dem der Robo Advisor.