6 Jahre Robo Advisor – wohin geht die Reise?

Der Markt für RoboAdvisor – wo steht der Markt und seine Protagonisten nach mehr als fünf Jahren? Was ist aus dem Hype um die digitale Geldanlage geworden? Nun sind es mehr als fünf Jahre her, seit die ersten Robo Advisor im Jahre 2014 die Bühne der Vermögensverwalter betreten haben. War der Start noch relativ verhalten, sind die Online-Vermögensverwalter mittlerweile mehr als nur ein – vorübergehender – Trend am Finanzmarkt.

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Oliver S.

Zuletzt aktualisiert am: 17. Juli 2023

Robo Advisor Rückblick und ein Blick in die Zukunft

23. April 2019

Aktuell (August 2021) gibt es über 45 Robo-Advisor, die einen Wettbewerb untereinander und natürlich auch mit den klassischen Vermögensverwaltungen bestreiten. Wir möchten daher einen Blick zurückwerfen, ein Zwischenfazit ziehen und zudem in die Zukunft schauen, wohin die Reise der digitalen Vermögensverwalter in den kommenden Jahren gehen könnte.

Rückblick auf die ersten Robo Advisor Anbieter

Mit zu den ersten Robo-Advisorn am Markt zählt Quirion. Der Anbieter für digitale Kapitalanlagen trat erstmals im Jahre 2014 in Erscheinung. Zwei Jahre später folgten ebenfalls noch heute aktive Robo-Advisors – namentlich Scalable Capital, Liqid und Growney. In den nächsten zwei Jahren traten weitere zahlreiche Robo-Advisors neu am Markt auf. Stand heute (August 2021) beläuft sich die Anzahl der Anbieter für digitale Geldanlagen auf über 45.

Dabei galten 2014 die ersten Robo Advisor noch als echte Exoten. Eine Situation, die sich jedoch bereits 2015 und 2016 deutlich ändern sollte. Schnell war von einem “boomenden” Markt die Rede. Getrieben auch durch die beeindruckende Entwicklung des US-amerikanischen Marktes für Robo-Advisor Angebote.

Typisch für die ersten zehn Online-Vermögensverwalter war – bis auf wenige Ausnahmen – vor allem der ausschließliche Einsatz einer passiven Anlagestrategie. Dank Nutzung kostengünstiger ETFs von Beginn an ein echtes Argument pro Robo-Advice. Ebenfalls charakteristisch war, dass die Strategie bzw. deren Ausführung auf Basis finanzmathematischer Algorithmen stattfand.

Etwas salopp formuliert: Computerprogramme trafen die Entscheidung, wann welche ETFs gekauft oder verkauft werden sollten. Provisionsgetriebene Investment-Banker? Zu teuer, zu emotional in ihren Entscheidungen. Nein – Robo-Advice sollte, musste anders sein.

Robo Advisor Angebot wurde vielfältiger und individueller

Nach dem die ersten zehn Robo Advisor Angebote am Markt aufgetreten waren, zeigte sich bei den darauffolgenden neuen Anbietern bereits erste Angebotserweiterungen und vermeintliche Verbesserungen. So wurde insbesondere das Angebot an Finanzprodukten vielfältiger. Und es gab die ersten Robo-Advisor, die auch eine aktive Anlagestrategie verfolgten.

Es kamen also nicht mehr ausschließlich ETFs zum Einsatz, sondern je nach Online-Vermögensverwalter konnte ein Portfolio auch aus mehreren der folgenden Finanzprodukte bestehen:

• ETFs
• Aktiv-Fonds
• Rohstoffe
• Edelmetalle
Aktien

Anbieter wie Solidvest, Truevest, Vividam, Fidelity Wealth Expert, Zeedin etc. stehen hier für jene Robo Advisor der zweiten Generation.

Desweiteren boten die ersten 2 Robo-Advisor Werthstein (mittlerweile nicht mehr existent) als auch Investify und neuerdings Invest2win sogenannte Themen-Investments an. Anlegern wurde so die Möglichkeit geboten in aktuelle Themengebiete wie Wasser, Dividenden, Technologie etc. zu investieren und das eigene Portfolio zu individualisieren. Ein Trend der digitalen Geldanlage, der zunehmend an Bedeutung gewinnen könnte.

2018: Neue Anbieter wählten vermehrt hybriden Ansatz

Insbesondere im vergangenen Jahr zeigte sich dann ein Trend bei den Neulingen am Markt immer deutlicher: der hybride Ansatz. Immer weniger Robo-Advisors, die sich ihren potenziellen Kunden erstmals präsentierten, wählten den ursprünglichen Ansatz der ersten Robos, der nahezu ausschließlich auf den bereits erwähnten mathematischen Algorithmen basierte.

Stattdessen wurde im letzten Jahr immer öfter ein hybrides Modell verfolgt. Damit gingen manche Online-Vermögensverwalter im Grunde einen Schritt in Richtung der klassischen Vermögensverwaltungen, denn neben Computerprogrammen stehen nun auch wieder die Erfahrung und das Wissen eines menschlichen Anlage-Experten im Fokus.

Was übrigens auch im Umkehrschluss zu erkennen war, denn mit klassischen Vermögensverwaltungen wie

 

sind hier durch Integration von digitalen Geldanlage Elementen weitere Robo Advisor Angebote „entstanden“.

Es wird auch in diesem Jahr sicherlich spannend zu verfolgen, ob sich dieser Trend hin zu hybriden digitalen Geldanlage Angeboten weiter verstärken wird. Bei den sogenannten „Assets under Management“ liegen zumindest die klassischen Robo-Advisor wie Scalable Capital, Liqid und Co. noch deutlich in Front.

Entwicklung bei den Gebührenmodellen: Weg vom Euro-Pauschalpreis

Bei den Gebührenmodellen lässt sich im Hinblick auf die bisherige Entwicklung ebenfalls ein Zwischenfazit ziehen. Es zeigt sich, dass die Robo Advisor Anbieter Pauschalpreis Modelle aufgeben. Stattdessen veranschlagen die Anbieter zunehmend “prozentual” definierte Gebühren. Mehrere Robo-Advisors haben in der Vergangenheit von der Euro-Pauschale auf eine prozentuale sogenannte All-In-Fee umgestellt.

Das bedeutet, dass in dieser Gebühr alle Kosten enthalten sind. Nur die Fondskosten werden mitunter noch zusätzlich berechnet, zumal es sich dabei für den Online-Vermögensverwalter im Grunde um einen durchlaufenden Posten handelt. Für die meisten Anleger ist dieses Gebührenmodell letztendlich deutlich transparenter.

Doch auch was die Kosten für den Anleger angeht, so gibt es diesbezüglich eine erfreuliche Entwicklung. Zwar haben bisher nicht viele Robo-Advisors im Laufe ihrer Tätigkeit die Gebühren angepasst, aber wenn, dann fand fast immer eine Reduzierung zum Vorteil des Anlegers statt.

Wir führen dies natürlich in erster Linie darauf zurück, dass die Konkurrenz in den letzten zwei Jahren immer mehr gewachsen ist. Die Anzahl der Robo-Advisor Nutzer blieb jedoch hinter den Erwartungen – basierend auf entsprechenden Prognosen – zurück. So wundert es nicht, dass der Kampf um Kunden eben auch über das Thema Kosten geführt wird.

Kooperationen mit starken Partnern tendenziell häufiger

Ein weiteres Merkmal, durch welches sich die Entwicklung am Markt der Online-Vermögensverwalter in den letzten 2 Jahren auszeichnet, zeigt sich darin, dass immer mehr Robo-Advisors eine Kooperation mit einem starken Partner eingehen, insbesondere mit einer etablierten Bank.

Dabei ging der Wunsch nach einer Partnerschaft wohl keineswegs immer vom digitalen Vermögensverwalter aus. Nicht selten waren es die Banken, die in der Sparte „Online Vermögensverwaltung“ einen Kooperationspartner gesucht haben. Die Hoffnung, die auf beiden Seiten sicherlich dahintersteckt, ist das Erzielen von Synergieeffekten.

Insbesondere der Gewinn neuer Kunden sowie der Wertsteigerung bestehender Bankkunden galt und gilt hier als vorrangiges Ziel. Zudem betonten Banken wie ING, Volkswagen Bank und andere mit den eingegangenen Kooperationen im Rahmen ihrer Digitalisierungsstrategie zu agieren.

Robo Advisor der Banken – Licht und Schatten

Und wer nicht im Rahmen einer Kooperation am Markt für digitale Vermögensverwaltung partizipieren wollte, rief als Bank dann eben einen eigenen Robo-Advisor ins Leben. Beispiel hierfür ist sicherlich Robin der Deutschen Bank, einer kompletten Eigenentwicklung. Andere wiederum nutzen dann doch wieder eine erprobte Lösung. Prominentes Beispiel hier die Targobank mit Pixit. Ein Robo Advisor Angebot, dass auf der Scalable Plattform basiert.

Doch auch hier zeigen sich in der noch jungen Robo Advisor Welt Schatten. Zahlreiche, mit viel Hoffnung und auch Vorschusslorbeeren behaftete Kooperationen als auch von Banken selbst initiierte Robo-Advisor wurden noch vor dem Start beendet. Dazu zählt zum Beispiel die Commerzbank, die Hamburger-Sparkasse (Investify) oder auch die Santander Bank.

In der Mehrheit scheiterten die Projekte vermutlich vor allem daran, dass die jeweilige Führung der Bank selbst nicht zu einhundert Prozent davon überzeugt war. Passte da der Weg zu einem Angebot der Online-Vermögensverwaltung nicht zum eigenen Geschäftsfeld? Oder bestand gar Sorge darüber, dass keine ausreichende Anzahl an Kunden erreicht werden könne, damit das Geschäft profitabel ist?

Zwei bekannte Robos bereits wieder vom Markt – erste Anzeichen einer Konsolidierung?

Dass mittlerweile mehrere Banken ihre geplanten Robo-Advisor-Projekte einfach wieder „begraben“ haben deuten manche Experten durchaus als Warnsignal. Hinzu kommt, dass in der jüngeren Vergangenheit innerhalb von einem halben Jahr bereits zwei durchaus bekannte Online-Vermögensverwalter wieder vom Markt verschwunden sind. Zum einen hat Werthstein bereits nach einem Jahr das Geschäft wieder aufgegeben. Zum anderen hat nun auch der Robo Advisor der ABN Amro Bank, Prospery die Aufgabe seines Geschäftsbetriebs in Deutschland für Ende Mai 2019 verkündet.

Der Robo Advisor Markt wird härter

So zeigen die gestoppten Projekte und das Ende zweier Robos auch, dass es vor allem aufgrund der vermehrten Konkurrenz nicht einfach ist, profitabel zu bearbeiten. Manche Fachleute sind zudem der Meinung, dass der Markt der Online-Vermögensverwalter mit über 40 Anbietern ohnehin bereits gesättigt ist. Ergänzt durch die Auffassung, dass gar fünf bis zehn weitere Robo-Advisor Anbieter „verschwinden“ müssten, damit der Rest eine gute Chance hat zu überleben. Ist die Konsolidierung also bereits im Gange?

Verschiedene Experten und Umfragen gehen eher davon aus, dass die Bedeutung der Robo-Advisors weiterwachsen wird. Erst kürzlich wieder durch einen Bericht eines namhaften Investment-Magazins bestätigt. Welche Richtung der Markt nun tatsächlich einschlagen wird, wird sich vielleicht schon in diesem Jahr zeigen.

Blick in die Zukunft: Wohin geht die Reise der digitalen Vermögensverwalter?

Tatsache ist, dass es nicht einfach einzuschätzen ist, wohin die Reise der Robo-Advisors in den nächsten Jahren gehen wird. Vor gut einem Jahr waren die Aussichten noch etwas positiver und auch die Akteure am Markt optimistischer. Vor allem die Tatsache, dass manche Banken ihre geplanten Robo-Advisor-Projekte wieder ad acta gelegt haben und zwei Online-Vermögensverwalter innerhalb von sechs Monaten vom Markt verschwunden sind, lässt durchaus aufhorchen.

Relativ eindeutig scheint zu sein, dass der Markt langsam gesättigt ist, sodass nicht mehr allzu viel „Platz“ für weitere digitale Vermögensverwalter zu sein scheint. Zudem zeigen sich nun anhand von Performance-Daten, dass nicht jeder Robo-Advisor ein wirklicher “Rendite-Bringer” ist.

Die Aufgaben? Besseres Kundenverständnis, USPs und weniger Marketing „Tam, Tam“

Zudem wird es notwendig sein, dass die am Markt aktiven Robo-Advisors stets ein wachsames Auge auf die Entwicklungen haben und die Wünsche der Kunden sehr gut einschätzen können. Eventuell ist es dann auch einmal notwendig, die eigene Strategie zu überdenken und anzupassen. Uns scheint es ferner wichtig zu sein, dass die Online-Vermögensverwalter sich möglichst durch ein oder zwei Alleinstellungsmerkmale von den Wettbewerbern abheben können.

Dabei sollte es sich aber um echte USPs handeln und nicht mit angeblichen Besonderheiten geworben werden, die bei einigen anderen Mitbewerbern ebenfalls zu finden sind. Dies wirkt unglaubwürdig, wenn sich der Kunde dann näher mit dem Angebot beschäftigt.

Alles in allem gehen die Robo-Advisor sicherlich in den nächsten zwei Jahren einer spannenden und zudem aufschlussreichen Zeit entgegen. Vermutlich wird sich spätestens 2021 / 2022 zeigen, ob sich das Angebot der digitalen Vermögensverwaltung tatsächlich auf Dauer am Markt etablieren kann. Vor allem dahingehend, ob der Markt ausreichend groß ist für die aktuell vorhandenen mehr als 40 Robo-Advisor Anbieter.

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Oliver S.

Oliver S.

Oliver ist der Journalist im Team. Ausgebildeter Banker (Hypo Vereinsbank), hat hohes Maß an spezifischem Finanzwissen und ist einer der bekanntesten Schreiberlinge in der Finanz-Szene. Er das Thema Finanzen in einer Leichtigkeit, die seinesgleichen sucht. Nicht ohne Grund hat Oliver unter anderem auch für die Huffington Post geschrieben. Zudem ist er bis heute auch als Redakteur für FTD.de (ex Financial Times Deutschland) als auch auf Unternehmerhandbuch.de tätig. Kümmert sich hier um alles, was mit dem Thema Finanzwissen, Interviews und News zu tun hat.

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