11 Thesen zur Zukunft der Robo-Advisor

Es ist ein Thema, das wir immer wieder gern aufgreifen: Wie wird sich der Markt für Robo-Advisor entwickeln? Werden weitere Anbieter auf den Markt dringen? Ist der Markt dauerhaft gross genug, um auch Anbieter mit kleineren, verwalteten Anlegervermögen das „Überleben“ zu sichern? Welche Form des Robo-Advice wird sich letztendlich behaupten können? Jene, die sich rein auf Algorithmen stützt oder jene, die mathematische Ansätze in Kombination mit menschlicher Expertise kombiniert? Und es gibt Experten, die hierzu interessante Meinungen und Thesen vertreten.

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Markus G

Zuletzt aktualisiert am: 17. Juli 2023

Robo-Advisor: 11 Thesen zur Zukunft der digitalen Geldanlage

2. August 2018

Einer jener Experten ist Prof. Dr. Söhnholz. Wie sieht er die Zukunft der Robo-Advisor? Im Folgenden seine 11 Thesen zum Thema Robo-Advice eg. digitale Geldanlage.

Feststellung: Deutsche Robo-Advisor werden sich stark verändern

Einer der Fakten ist, dass nur sehr wenige unabhängige Robo Advisor in den USA in nennenswertem Umfang Anlagergelder akquiriert haben. In Deutschland sticht einzig Scalable mit einem Asset under Management Volumen von 2 Milliarden Euro deutlich aus der Masse hervor.

Dabei sind selbst die großen Robo Advisor in den USA wie Betterment und Wealthfront wohl noch lange nicht profitabel. Etliche Robo Advisor Anbieter sind auch schon wieder vom Markt verschwunden.

Mehrere ETF-Anbieter und zunehmend auch traditionelle Geldanlageanbieter nutzen inzwischen Robo Advisor, um ihre Produkte noch besser zu verkaufen. In den USA sind die abhängigen und hybriden Robo Advisor, d.h. jene, die auch persönliche Beratung anbieten, von Vanguard und Charles Schwab mit Abstand am erfolgreichsten.

Die Kritik der deutschen Verbraucherzentralen und der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin, siehe Felix Hufeld: Aufsicht und Regulierung in Zeiten von Big Data und künstlicher Intelligenz, in: BaFin Perspektiven Ausgabe 172018 vom 1.8.2018, z.B. S. 12, siehe Fußnote 1 unten) wird sicher zu Veränderungen deutscher Robo Advisor führen.

11 Thesen zur Zukunft deutscher Robo-Advisor

1. Robo Advisor Services werden weiter zunehmen, vor allem durch traditionelle Anbieter, also Banken, Vermögensverwalter und Assetmanager (Fondsanbieter).

2. Für kleine Anlagesummen werden zunehmend Robo Advisors eingesetzt, da sich für diese keine persönliche Beratung lohnt. Aber auch vermögenden Anlegern werden zunehmend mehr Online Services angeboten. Der Hauptgrund: Durch die Nutzung von Robo Advisor Tools können Verwaltungs- und Vertriebskosten gegenüber Offline-Angeboten gesenkt werden.

3. Banken und Vermögensverwalter werden neben beratungsfreien Robo Advisor Angeboten für kleine Anlagebeträge auch hybride Konzepte inklusive (Online-)Beratung für größere Anlagesummen anbieten, da Anleger nicht auf persönliche Beratung verzichten möchten. Der Schwerpunkt der Beratung wird sich vom Portfoliomanagement, mit dem nur sehr schwer Outperformance zu generieren ist, auf die Finanz- und Steuerplanung verschieben.

4. Robo Advisor werden ihre Algorithmen offen legen müssen (siehe BaFin Quelle oben). So wird deutlich werden, dass die Algorithmen sehr stark von Eingabedaten abhängen, vor allem Prognosen von Renditen, Risiken und Abhängigkeiten/Korrelationen. Die Prognosen und Modelle werden Anlegern kaum plausibel zu erklären sein. Der Trend wird daher zu einfachen und robusteren Geldanlageregeln führen.

5. Online-Services wie Social Trading (wie Wikifolio) aber auch Investmentangebote auf Basis von maschinellem Lernen bzw. Künstlicher Intelligenz werden für langfristig orientierte Kapitalanleger – im Gegensatz zu „Tradern“ – keine große Rolle spielen. Solche Angebote sind zwar konzeptionell interessant, aber es gibt selbst bei professionellen Tradern wie Hedgefonds kaum dauerhaft gut performende Angebote, die attraktiv für Langfristanleger sind.

6. Robo Advisor bieten heute ETF-Portfolios (aus meist günstigen und diversifizierten Exchange Traded Funds), Portfolios von aktiven Fonds aber auch schon „aktiv gemanagte“ Portfolios aus einzelnen Aktien an. Ich gehe davon aus, dass aktive Fonds und aktive gemanagte Aktienportfolios aus Kosten- und Renditegründen (kaum Outperformancepotential) keine große Zukunft haben. Solange aber noch Vertriebsprovisionen für solche Angebote genommen werden dürfen, werden sie weiter angeboten, weil sie für Anbieter sehr lukrativ sein können.

7. Aus diesen Gründen aber auch wegen der Aufsichtsanforderungen an Transparenz werden maschinelles Lernen und Künstliche Intelligenz keine große Rolle für Robo Advisor spielen. Big Data wird eine große Rolle für die Vermarktung von Robo Services spielen, allerdings kaum für die Portfoliobildung.

8. Bisher bieten Banken und Vermögensverwalter privaten Anlegern in Deutschland nur sehr selten aktiv ETFs an. Ich gehe davon aus, dass sich das auch durch zunehmende Popularität von ETF-basierten Robo Advisors ändern wird. Wenn es nicht zu zunehmenden ETF-Angeboten traditioneller Anbieter kommt, wird es zu einem Provisionsverbot kommen (siehe z.B. http://prof-soehnholz.com/harsche-banken-aber-auch-robo-advisor-kritik-der-eu/). Spätestens nach einem Provisionsverbot werden auch traditionelle Anbieter vermehrt ETFs und spätestens dann auch eigene Robo Advisor anbieten.

9. Bisher bieten Banken und Vermögensverwalter privaten Anlegern in Deutschland nur selten nachhaltige bzw. verantwortungsvolle Fonds an. Ich gehe davon aus, dass sich das auch durch zunehmende Angebote von nachhaltigen Fonds durch Robo Advisor ändern wird. Spätestens wenn Regulierer fordern, dass Anleger gefragt werden müssen, ob sie nachhaltig investieren wollen (was von der EU geplant ist), werden auch traditionelle Anbieter vermehrt nachhaltige Fonds anbieten.

10. Die ersten Robo Advisor in den USA bieten inzwischen passive Aktienportfolios an, die keine ETFs sondern direkte Wertpapieranlagen nutzen. Das wird als Direct Indexing bezeichnet. Dafür gibt es in den USA Steuergründe. Ich gehe davon aus, dass auch in Deutschland solche Portfolios angeboten werden. Neben steuerlichen Gründen erwarte ich, dass Anleger solche Portfolios als kostengünstige und diversifizierte Basis für verantwortungsvolle Portfolios nutzen werden.

11. Es werden nur sehr wenige unabhängige Anbieter überleben. Das bringt aber kaum Verlustrisiken für Anleger mit sich, weil die unabhängigen Robo Advisor entweder von traditionellen Anbietern übernommen und fortgeführt werden oder weil die Anlagen in sicheren ETFs/Fonds oder bei sicheren Banken liegen.

Zusammenfassung: 3 Typen von Robo-Advisor werden sich etablieren

Ich erwarte, dass sich drei Typen von Robo Advisor Anbietern etablieren werden, allerdings in der Regel als von Banken und Vermögensverwaltern abhängige Einheiten (siehe hierzu auch diesen Artikel)  und überwiegend mit zusätzlicher persönlicher (Online-)Beratung:

• Einfachkonzepte für kleine Anlagesummen wie Easyfolio, die auf wenige regelbasierte (nicht-optimierte) ETF-Portfolios setzen.

• Vertriebsplattformen, die aktive Fonds oder aktive Anlagestrategien ihrer Sponsoren online vermarkten oder die eigene ETFs vermarkten wie Vanguard und Charles Schwab es bereits erfolgreich in den USA praktizieren.

• Spezialplattformen, die passive Einzeltitelportfolios („Direct Indexing“) und/oder umfassende ETF-Auswahlmöglichkeiten mit umfassenden Personalisierungsmöglichkeiten anbieten, auch mit Schwerpunkt auf verantwortungsvolle Geldanlagen – mehr Informationen dazu gibt es HIER

Fussnote 1):

Hufeld 2018, S. 12: „Jeder einzelne Algorithmus muss aber, genau wie jeder einzelne Mitarbeiter eines Unternehmens, Teil der ordnungsgemäßen Geschäftsorganisation sein. Seine Entscheidungen müssen also innerhalb des Unternehmens und für Dritte nachvollziehbar und damit überprüfbar sein – vor allem dann, wenn sie zentrale und damit risikobehaftete Entscheidungen treffen beziehungsweise diese zumindest vorbereiten.“

Hintergrund / Interessenkonflikthinweis:

Prof. Dr. Söhnholz - 11 Thesen zur Zukunft der Robo-AdvisorProfessor Doktor Dirk Söhnholz bietet mit Diversifikator (www.diversifikator.com) „most-passive“ ETF- und PureESG Portfolios an, die online zugänglich sind. Diese und andere Portfolios werden Dritten (Banken, Vermögensverwaltern, Robo Advisor) auch direkt oder als White Label Lösungen – d.h. unter dem Namen des jeweiligen Anbieters – zur Verfügung gestellt. Außerdem betreibt Dirk Söhnholz den Blog „Regelbasiert-optimierungsfreie Geldanlage“ (s. www.prof-soehnholz.com) und ist Autor mehrerer Fachbücher.

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Markus G

Markus ist der “Kopf” des Teams. Ideengeber, Vermarkter, Redakteur und irgendwie an allem auf diesem Portal beteiligt. Ohne ihn würde es dieses Portal so nicht geben. Eine Idee – entstanden aus dem persönlichen Interesse an FinTech und nun langjähriger Erfahrungen in der Finanz-Szene. Zudem ist Markus Kolumnist auf zahlreichen Online-Plattformen – vor allem im englischsprachigen Raum (The Verge, Talkmarkets, Stockopedia, aber u.a. auch auf Focus.de
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